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Jim Buffalo – 19. Abenteuer – Kapitel 3

Jim Buffalo,
der Mann mit der Teufelsmaschine
Veröffentlichungen aus den Geheimakten des größten Abenteurers aller Zeiten
Moderner Volksbücher-Verlag, Leipzig, 1922
Ein Blick in die Zukunft
Das 19. Abenteuer Jim Buffalos
3. Kapitel

Erlebnisse in der Zukunft

Jim Buffalo aber fuhr wieder in der Gegenwart weiter.

Er hatte den Kopf voll. Das Schicksal hatte ihn nach dem Hause geschickt, damit er helfen solle. Aber wie?

Darüber zerbrach er sich vergebens den Kopf. Er hatte das instinktive Gefühl, einen der Hebel zu fassen und ihn in Bewegung zu setzen.

Und schon wanderte Jim Buffalo seiner Zeit weit voraus. Schon bewegte er sich in der Zukunft. Die Zahlen flogen an der Zeittafel vorüber. Er kam in das Jahr 1950.

Die Sonne strahlte plötzlich hellauf, denn Jim Buffalo hatte den Bremshebel ergriffen. Er wollte in diesem Jahre länger verweilen.

Auf grüner Weise sah er Hirten und große Herden. Es war also noch alles dasselbe geblieben. Er atmete unwillkürlich auf.

Schließlich war eine Zeitspanne von dreißig Jahren auch nur ein halbes Menschenalter.

Er wollte weiter in die Zukunft eilen, aber da stutzte er.

Was waren das für vorsintflutliche Geschöpfe, welche von Westen kamen und die Wiese umkreisten?

Sie hatten merkwürdig große, fette Körper und die Flügel zeigten eine ungeheure Spannweite.

Merkwürdigerweise hatten weder die Hirten noch die Herden vor diesen Vögeln Angst. Im Gegenteil, sie winkten ihnen lachend zu und riefen Willkommensworte hinauf.

Gespannt verfolgte Jim Buffalo das Tun und Treiben der Riesenvögel.

Und dann kam einer herab. Er umkreiste den Platz und ließ sich, die Flüge weit auseinander, auf dem Rasen nieder. Ein paar andere folgten in kurzem Abstand. Sie brauchten viel Platz zum Landen.

Plötzlich löste sich der Körper des ersten Riesenvogels von den Flügeln und eine lachende Männergestalt kam zum Vorschein.

Jim Buffalo erkannte staunend, dass alle diese vermeintlichen Riesenvögel weiter nichts als fliegende Menschen waren, die sich auf einem Ausflug in der Luft befanden.

Dann sah er noch, wie sich das Völkchen vergnügt und froh zusammenfand und es sich auf dem Wiesenplan bequem machte.

Jim Buffalo sah frohe Menschen gern. Er beobachtete sie noch eine Weile, dann fuhr er weiter.

Und die Maschine der Zeit überflügelte das Jahr Zweitausend in tollem Rasen. Immer weiter drang Jim Buffalo in die Zukunft vor.

Er kam in ein mächtiges Fabrikgelände. Ein Blick durch das Oberlichtfenster eines großen Saales ließ ihn staunen.

Er sah viele und große Maschinen, die alle von einer geheimen, nicht zu sehenden Kraft getrieben werden mussten.

Diese Maschinen hatten Hände und Arme wie die Menschen. Sie fassten in Behälter, die mit Rohmaterial gefüllt waren und verarbeiteten mit raschen Griffen das Material. Es formte und türmten sich ungeheure Berge von Gegenständen vor ihren Plätzen auf.

Aber nur bis zu einer gewissen exakten Höhe. Dann kamen andere mechanische Hände und Arme und rafften die fertige Ware fort, um sie in lange Kanäle zu bringen, wo sie verschluckt wurden.

Und das Seltsamste bei alldem war, dass nicht ein Mensch von Fleisch und Blut zu sehen war. Nur das mechanische Wirken und Weben dieser ungeheuer flinken Maschinenmenschen ohne Geist und Fleisch konnte er sehen.

Aber ein paar Männer sah er doch, als er einen Blick in ein anderes Oberlichtfenster tat.

Hier liefen Drähte über Drähte zusammen. Und ein paar Männer waren förmlich in diese Drähte eingewickelt. Sie lasen von einer Tabelle die Bedürfnisse der menschlichen Maschinen ab, die sich automatisch auf der Tafel durch mechanische Kraft registrierten. Und dann fassten die Männer hierhin und dorthin, um durch Hebel und Signale den anderen Maschinenmenschen zu gebieten, was sie zu tun hatten, damit die Arbeit nicht stehen blieb.

»Staunenswert, höchst staunenswert«”, sagte Jim Buffalo für sich und er musste erkennen, wie arm unsere Zeit im Vergleich zu der Zukunft war. Aber wenn die Zeit solche Erfindungen gemacht hatte, was war dann aus den Menschen geworden? Wenn die Maschinen alle Arbeit besorgten, was hatten dann die Menschen noch zu tun?

Das interessierte Jim Buffalo und er begab sich zu der großen Stadt, von welcher er wusste, dass sie früher, zu seiner Zeit, Hunderttausende von Arbeitern beschäftigt hatte.

Er hörte von Weitem ein Brausen und Branden.

Er sah die Stadt mit den unerhörtesten Bauwerken. Er sah Wolkenkratzer mit Hunderten von Stockwerken und als er genauer hinblickte, da glaubte er zu sehen, wie die Stockwerke elastisch schwankten.

Er bekam einen heftigen Schreck. Aber seine Angst war unbegründet, denn diese Riesenhäuser stürzten nicht ein, sie waren in ihrer Höhe so elastisch wie ein Riesendampfer, der sich auf offener See bewegte.

Dann tat er einen Blick in die Straßen. Ah, das war unerhört. Er sah nur noch magere, heruntergekommene Geschöpfe, die sich mit finsteren Blicken duckten, wenn andere Männer und Frauen in eleganten Wagen vorüberrasten. Diese hageren, entnervten Menschen machten das Proletariat des 21. Jahrhunderts aus. Die Erfindungen hatten die Menschen ausgeschaltet. Aber die Not war viel größer geworden, denn in den Städten hatte niemand Verdienste und Arbeit.

Aber trotzdem fühlte sich das Großkapital sicher, denn man hatte Waffen erfunden, die im Handumdrehen mit Hunderten von diesen Leuten fertig wurden.

Ah, was war das? Jim Buffalo wollte sich dazwischen mengen, aber er war so atemlos, dass er die Bewegung vergaß.

An einer Straßenecke waren Hunderte von Menschen versammelt. Sie warfen sich einem modernen, eleganten Kraftwagen entgegen. Sie griffen nach dem Lenker, der um den Kopf einen metallenen Ring trug.

Doch plötzlich geschah etwas Entsetzliches. Der Wagen strömte Funken und Feuer aus, er dreht sich im Kreis, und Menschen flogen zu Dutzenden in die Luft.

Einige Sekunden später war der Platz geräumt. Der Mann mit dem Ring um den Kopf berührte einen Knopf und tat so, als ob nichts von Bedeutung geschehen sei. Er raste weiter und ließ einen Berg von Leichen und Verwundeten des Proletariats zurück.

Es war der Kampf des Kapitalismus in seiner krassesten Art.

Jim Buffalo wünschte plötzlich, diese Zeit nicht mehr erleben zu müssen. Er wollte wieder in die Gegenwart zurück, aber er griff den falschen Hebel und die Zeitmaschine raste weiter in die Zukunft.

Da sah er um das Jahr 2145 ein großes, helles Haus aus weißem Marmor. Es war gerade wie zu unserer Zeit. Prachtvolle Anlagen waren in weitem Umkreis vorhanden.

In einem Saal, der ebenfalls Oberlicht hatte, sah Jim Buffalo eine große Anzahl Herren in weißen Mänteln. Sie hatten kluge Gesichter, was schon daraus hervorging, dass sie alle Brillen trugen.

Diese Männer arbeiteten wie die Handwerker. Sie hatten nackte Menschen vor sich und sägten an ihnen herum.

Jim Buffalo staunte. Was sollte das heißen? War dies eine Klinik?

Ja, es schien so. Doch da fiel sein Blick auf das große Schild in goldenen Buchstaben über dem Haus.

Er las: Anstalt für künstlichen Gliedersatz. Die künstlichen Glieder sind gleich mitzunehmen.

Diese Art der Heilung musste sich Jim Buffalo genauer ansehen. Er beobachtete den Leiter der Anstalt, wie er einen Mann, der schwer hinkte, in Empfang nahm. Er betrachtete, nachdem er sich entkleidet hatte, sein Bein und ließ ihn dann auf den Tisch legen.

Es entstand plötzlich eine Scheidewand zwischen dem Mann und dem Arzt auf die Weise, dass der Patient nicht zu sehen vermochte, was der Arzt an seinem Unterleib ausführte.

Der Mann rauchte vergnügt seine Zigarre, während der Arzt mit einem Instrument das Bein entfernte. Seltsamerweise kam so gut wie kein Blut. Die Schnittstelle wurde mit einer Flüssigkeit bestrichen, welche den sofortigen Heilungsprozess bewirkte. Die Schnittfläche hatte nun dieselbe Hautschicht wie das andere Fleisch am Körper.

Nunmehr wurde dem Mann ein Bein angepasst. Er hatte bald das richtige gefunden.

Die ganze Operation hatte kaum eine Stunde gedauert. Der Mann wurde vom Arzt, nachdem derselbe die Scheidewand entfernt hatte, aufgefordert, sich zu erheben.

Er tat es und siehe da, er stand gesund und kräftig auf dem künstlichen Bein.

Aber all das kostete schrecklich viel Geld, wie sich Jim Buffalo überzeugte. Denn der Mann zahlte nachher an der Kasse viele, viele Scheine.

Gesund konnte also zu diesen Zeiten nur derjenige werden, der reich war. Die Wissenschaft hatte nicht für die gesamte Menschheit, sondern nur für die Reichen gearbeitet.

Es gelüstete Jim Buffalo, noch weiter in die Erfindungen dieses Jahrhunderts einzudringen. Er traf ein Laboratorium an, wo man heilende Emulsionen herstellte. Der Besitzer war ein hagerer, grauhaariger Herr.

Er begrüßte Jim Buffalo halb vertraut und fragte nach seinen Wünschen.

»Ich möchte mir ein paar Emulsionen kaufen, die möglichst unheilbare Krankheiten heilen«, erwiderte Jim Buffalo.

»Hm, ich habe hier eine Emulsion gegen Beinleiden und Ischias«, sagte der Inhaber. »Sie kostet eine Million Dollar. Sie reicht aus, um einen Dutzend Kranken dauernde Heilung zu bringen.«

»Ich nehme sie«, sagte Jim Buffalo.

»Dann ist hier eine Emulsion, die gegen die Lungentuberkulose angewendet wird. Wenn noch ein Stückchen Lunge vorhanden ist, dann heilt diese Emulsion ebenfalls sofort.«

»Die kaufe ich ebenfalls«, sagte Jim Buffalo und bekam den Preis für die zweite Emulsion genannt.

»Ferner habe ich hier eine ganz bedeutende Emulsion«, fuhr der Professor des Laboratoriums fort, »die eine der gefährlichsten Krankheiten, welche ganze Geschlechter vernichtet hat, heilt. Es handelt sich um ein Mittel gegen Lepra.«

»Ah, auch diese kaufe ich«, sprach Jim Buffalo erregt. Er lege einen Scheck über die dritte Million auf den Tisch.

Er hatte nun genug gekauft. Sich bedankend, entfernte er sich hastig. Er wollte das Volk auch dieses Jahrhunderts sehen. Es war nicht besser, eher schlechter geworden. Er sah Häuser, in denen die Menschheit an ansteckenden Krankheiten dahinsiechte. Er blickte in einen Saal, der voller Lungenschwindsüchtigen war.

Hier packte ihn das Mitleid. Es waren schreckliche Gestalten, die er sah.

Er trat an einen Mann heran und fragte ihn, warum er nicht geheilt werde. Da fragte ihn derselbe mit hohler Stimme: »Sind Sie nicht von hier, dass Sie nicht wissen, wieviel Reichtum nötig ist, um auf dieser Welt gesund zu werden?«

Jim Buffalo gab ihm von der Emulsion ein. Der Mann schlürfte gierig und neues Leben kreiste durch seinen Körper. Er jauchzte und machte die anderen aufmerksam. Sie kamen heran und einem jeden gab Jim Buffalo, bis er sich verausgabt hatte. Dann floh er, denn die Ärmsten klammerten sich an ihn und wollten in ihrem Glück und Unglück ihn nicht gehen lassen.

Er traf im Garten auf die Lahmen und Ischiaskranken. Jim Buffalo gefiel sich als Retter. Er gab ihnen seine Medizin ein. Dann rief er ihnen zu: »Werft eure Krücken von euch und geht!«

Sie befolgten seinen Befehl und konnten gehen. Sie jauchzten, da floh er vor ihnen. Ihn graute vor seinem Können.