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Sagen der mittleren Werra 56

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Von den Erzmännchen bei Brotterode

Gleich linker Hand über dem Ort, wo man es am Erdfall heißt, haben sich sonst alle Jahre Erzmännchen, die aus fernen Landen herzogen, sehen lassen. Ging man auf sie zu, so huschten sie wie der Wind in die kleinen Felsenlöcher und Spalten, denn sie wollten mit Niemand Verkehr haben. Ich selbst habe sie noch gesehen, da ich als Junge einmal ins Leseholz ging.

Die Männchen waren kaum einen Schuh hoch, trugen kleine, spitze Hütchen und lederne Schürzchen und arbeiteten fleißig mit ihren langstieligen Hämmerchen. Als ich auf sie zuging, huschten sie in die Klüfte und waren verschwunden.

So erzählte der alte Peter von Brotterode.

Die Höhle am Inselsberg

Ich habe oft von meinem Großvater, der es wieder von seinem Vater, dem alten Schmieds Sümme, hatte, erzählen hören, droben am Inselsberg sei eine Höhle, deren Eingang aber so klein und eng wäre, dass ein gut genährter Mensch kaum durchzuschlüpfen vermöge. Allein es kennen sie jetzt nur noch einige alte Wintersteiner Holzhauer, und wie ich gehört habe, soll der Eingang halb verschüttet und verwachsen sein.

Mein Urgroßvater nun, fuhr der Erzähler, ein Steinbacher, fort, der sich mit den Venetianern gut stand, war einmal mit diesen Leuten in einer Johannisnacht droben in der Höhle, wollte aber zum zweiten Mal mit ihnen nicht wieder hinein. Er selbst hat späterhin seinen Gang mit den Wälschen also mitgeteilt.

»Es war eine warme, stille Nacht, als wir vor dem Loch droben anlangten. Ich war der Erste, prallte aber vor dem miserablen Untier, das uns den Eingang verwehren wollte, gewaltig zurück. Die Venetianer aber wussten sofort Rat und das Untier musste auf ihren Befehl zuerst in das Loch.

Darauf zwängten sich die beiden Wälschen, zuletzt ich, hindurch. Anfangs ging es sehr gezwang zu, bis sich nach und nach der Eingang so erweiterte, dass wir ganz bequem aufrecht gehen und so die eigentliche Höhle erreichen konnten. Durch diese rauschte ein breites und starkes Wasser, über welches wir hinübermussten, denn im jenseitigen Teil der Höhle war, wie mir die Wälschen sagten, der Goldsand zu finden, den wir suchten. Aber zu dem zu kommen, schien mir ein Werk der Unmöglichkeit, denn gerade an der Stelle, wo das andere Ufer allenfalls noch mit einem mächtigen Satz zu erreichen gewesen wäre, da lag ein scheußlicher Wurm, der sich wie ein Knäuel zusammengerollt hatte und Feuer und Flammen aus seinem blutroten Rachen auf uns spie. Mir war gerade nicht wohl zumute, aber die Wälschen wussten auch hier Rat, denn ehe ich mich versah, sprang einer der Teufelskerle dem Wurm mit einem Satz auf den breiten Schädel und im Nu löste sich der Knäuel auf, die Schlange schlug den Schwanz über das Wasser und die Venezianer spazierten gleich darauf über die schönste Brücke, die ich je gesehen habe. Mich aber brachten sie nicht hinüber, sie mochten winken, so viel sie wollten.

Als sie sich ihre Säcke mit goldgelber Erde gefüllt hatten, machten wir, dass wir so schnell wie möglich wieder ins Freie kamen. Mich kriegten sie nicht wieder dort hinein.«