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Alles bleibt anders

Siegfried Langer
Alles bleibt anders

Science-Fiction, Paperback, Atlantis-Verlag, Stolberg, Dezember 2008, 242 Seiten, 12,90 €
ISBN: 9783936742954, Titelbild und Umschlaggestaltung: Timo Kümmel

Schlimm genug für Frank Miller, dass er sein Gedächtnis verloren hat. Doch nicht nur das – er wurde offiziell für tot erklärt! Als ihn nicht einmal seine Verlobte Claire wieder erkennt, verwandelt sich sein rätselhaftes Schicksal endgültig in eine Tragödie.
Es ist das Jahr 2008 und Franks langsam zurückkehrende Erinnerungen konfrontieren ihn mit einer unglaublichen Realität: mit dem Dritten Reich, das das Jahr 1945 überlebt hat, mit einer NSDAP, die mächtiger und grausamer ist als jemals zuvor. Über ganz Europa weht die Flagge mit dem Hakenkreuz.
Franks Suche nach seiner Identität führt ihn in die deutsche Hauptstadt Germania, erbaut nach den tollkühnen Entwürfen Hitlers und Speers. Dort erfährt er, dass er kämpfen muss – um sein Leben, um seine Liebe zu Claire und um das Schicksal vieler anderer.

Die Frage Was wäre wenn … beschäftigte bereits eine Vielzahl von Historikern. Doch kaum einer von uns kann sich aus heutiger Sicht vorstellen, wenn es den Alliierten 1945 nicht gelungen wäre, das propagierte Tausendjährige Reich zu zerschlagen. Der Autor Siegfried Langer greift diese Thematik in seinem Roman »Alles bleibt anders« auf, welche sich wie ein roter Faden von Seite zu Seite schlängelt.
»Alles bleibt anders« ist in drei Abschnitte geteilt, welche im Einzelnen betrachtet für sich stehen, jedoch einander ein Ganzes beim Lesen bewirken.

Frank Miller wacht auf einem Gleis des Görlitzer Bahnhofes auf. Nichts scheint ihm so vorzukommen, wie er es kennt. Auf der Suche nach seiner wahren Identität stellt er fest, dass er nicht das finden konnte, was sein eigentliches Ziel ist. Sein unmittelbares Umfeld erinnert ihn an das Wilhelminische Zeitalter mit Droschken, Pferdestraßenbahnen, Pickelhauben tragende Gendarmen, Geschäfte, über denen Colonialwaren steht … Doch befindet er sich im Jahr 2008. Frank besinnt sich auf das Medaillon mit den Initialen SG, welches er um den Hals trägt, und drückt auf den innen liegenden Knopf …
Frank Miller findet sich in einem England wieder, dass nach dem Sieg des Großdeutschen Reiches ein Teil dessen geworden ist. Zusammen mit Physikprofessor Robert Gothaer versuchen Frank und seine Freunde, in den Verlauf der Geschichte einzugreifen, um den Bespitzelungen und Repressalien durch den NS-Staat entfliehen zu können.

Rasant lässt der Autor Siegfried Langer seinen Protagonisten Frank Miller in verschiedenen Welten agieren. Obwohl der erste Abschnitt seines Debütromans ausschließlich Passagen der Identitätssuche beinhaltet und ich beim Lesen nicht so recht wusste, wohin die Storyline gehen würde, ist »Alles bleibt anders« randvoll gefüllt mit historisch verbrieften Fakten, die Siegfried Langer stilistisch gekonnt nutzt. Es sind nicht nur die Beschreibungen der jeweiligen Zeitepochen, die die Glaubwürdigkeit dieses Science-Fiction Romans unterstreichen. Vielmehr ist es die düstere, beklemmende und gefahrvolle Atmosphäre der jeweiligen Alternativwelt, in der sich die Protagonisten befinden. Solche Passagen wie »… Er möchte wissen, und wir anderen möchten das auch, wo Sie politisch stehen, wie Ihr Verhältnis zu Staat und Partei ist! … Ich soll mich offenbaren? … Warum sollte ich das tun?« erinnern mich an die Widerstandsgruppe Weiße Rose mit den Geschwistern Hans und Sophie Scholl sowie deren Kommilitonen Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und den Universitätsprofessor Kurt Huber oder an den Kreisauer Kreis um Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg. Solche kleinen Details sind es unter anderem, die Siegfried Langer wortgewandt aufgreift, um die Welt, in welcher Frank und seine Freunde leben, zu charakterisieren.
Es geht dem Autor Siegfried Langer nicht vordergründig um eine Darstellung der NS-Zeit an sich und um den Versuch, Vergangenes korrigieren zu wollen – was man sowieso nicht rückgängig machen kann. Vielmehr scheint mir »Alles bleibt anders« als Appell und Mahnung zugleich, diese düstere Zeit einerseits nicht in Vergessenheit geraten, andererseits diese nicht erneut aufkommen zu lassen. Es geht um couragiertes und aktives Handeln, um unsere Gegenwart zu verändern, so wie Siegfried Langers Protagonisten auf der Suche nach einer besseren Welt sind.

Das Cover von Timo Kümmel vermittelt den düsteren und gefahrvollen Inhalt des Romans.

Fazit:
Geschichte interpretieren heißt, diese von verschiedenen Seiten zu betrachten. Dem Autor ist es schriftstellerisch sehr gut gelungen, die ausgesuchte historische Thematik in seinem Debütroman umzusetzen. Da ich mich mit dieser Zeitepoche mehrfach auseinandergesetzt habe, fiel es mir beim Lesen leicht, der Storyline zu folgen und fühlte mich gedanklich und bildhaft in die jeweilige Alternativwelt regelrecht hineinkatapultiert. Ein Beweis dafür, dass Siegfried Langer eine umfangreiche und tiefgründige Recherche für »Alles bleibt anders« geführt hat.
Ein Roman, der zum Nachdenken anregt!

(wb)