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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 24

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman, Zweiter Band
XXIV. Jacobsons Projekt

Dass bei dem eingetretenen Frost die Feindseligkeiten zur See eingestellt werden mussten, liegt auf der Hand; doch beabsichtigte Jacobson den Schweden noch einen herben Schlag zu versetzen, ehe er seine Leute untätig werben ließ und selbst, wie er beschlossen hatte, zum König ging.

Die Stadt Anklam an der Beene bildete einen Grenzort von Bedeutung, durch sie führte eine Hauptstraße und auf der über die Peene führenden Brücke standen sich von je her schwedische und preußische Posten gegenüber.

Man erzählt sich aus unserem guten deutschen Vaterland eine Mär, nach der ein Handwerksbursche, als er einen Grenzübergang, der durch eine Brücke gebildet wurde, passieren wollte, von den Wachtposten so lange über die Brücke hin und her geschickt worden sei, bis er aus Verzweiflung in den unter der Brücke fließenden Strom gesprungen war.

Diese Tradition steht nicht vereinzelt da, denn man erzählt sich von der Peenebrücke bei oder vielmehr in Anklam Ähnliches.

Ein beliebiger Mann kommt nämlich von der preußischen Seite, um zu der schwedischen zu gehen. Er ist an dem preußischen Wachtposten vorüber und nimmt auf der Brücke ein Stückchen Tabak heraus, um davon sein Bedürfnis für den Mund zu befriedigen.

Das sieht der schwedische Soldat und weist ihn, weil er Konterbande bei sich führen soll, zurück. Der Mann macht kehrt, doch auch der Preuße will ihn nun nicht passieren lassen, indem er denselben Grund anführt.

Wie das Stück hier zu Ende gespielt wurde, davon sagt die Chronik nichts.

Diesen Grenzposten wollte Jacobson überrumpeln und nehmen, weil man eben von der Seeseite her keinen Angriff mehr erwartete.

Am bestimmten Tag brach denn auch Jacobson mit vierhundert Matrosen, vier Geschützen und einer preußischen Jägerkompanie von der Peenemünder Schanze auf und marschierte auf dem Eis an der Küste entlang.

Mit dem Lauf der Peene kamen Belling und seine Husaren, welche Abteilungen sich bei Borgisch vereinigten. Von hier aus ging man gegen Anklam vor.

Die Garnison des preußischen Anteils der Stadt war bereits benachrichtigt. Sie eröffnete den Angriff auf die Brückenschanzen, während die Kavallerie links, die Seeleute rechts um die Stadt und über das Eis der Peene gingen, um den Feind bei den Flanken zu nehmen.

Der Angriff gelang vollkommen, die Schweden wurden mit bedeutendem Verlust aus dem ihnen gehörenden Teil der Stadt und aus ihren Verschanzungen vertrieben. Die drei Abteilungen vereinigten sich auf dem Kampfplatz und verfolgten die Schweden bis fast auf den halben Weg von Greifswald.

Während dies die Aufgabe der Husaren und Jäger war, demolierten die Seeleute die Befestigungen und schafften die in den Magazinen befindlichen Vorräte auf die preußische Seite hinüber.

Am Abend versammelten sich die Anführer auf dem Kampfplatz, um sich Glück zu dem gelungenen Streich zu wünschen. Belling entsendete sofort einen Kurier an seinen König und Oberfeldherrn. Man beschloss den errungenen Sieg durch ein Abendessen in Anklam zu feiern.

Es ging, wie man sich denken kann, bei demselben ziemlich munter zu. Im Verlauf desselben wurde jedoch der Oberstleutnant von der Grieben abgerufen und war nicht wenig erstaunt, dass es der bei den Frauen zurückgelassene Diener war, welcher ihn zu sprechen verlangte.

»Wetter, du, Martin!«, rief er, »wo kommst du her? Ist ein Unglück geschehen?«

»Ich glaube wohl, dass es so ist«, antwortete der Mann, »unsere gnädigen Damen sind auf schändliche Weise verlockt und den Schweden in die Hände gefallen!«

»Gott im Himmel!«, rief der Oberstleutnant erbleichend, »wie ist das möglich, wie ist es zugegangen, sprich!«

Der Mann berichtete, was er wusste, und fügte hinzu, was er vermutete.

Der Bube!«, rief der Major zähneknirschend und eilte in das Zimmer zurück, um hier das ihn betroffene Unheil mitzuteilen.

Wardow und Jacobson sprangen entrüstet auf, Ersterer schwor, diese Schandtat an ihrem Urheber blutig zu rächen. Letzterer legte seine Stirn in der uns bereits bekannten Weise in Falten.

Belling war ebenfalls empört und versprach in jeder Weise, die Befreiung der Frauen zu unterstützen. Er bedauerte nur, den Fall nicht sofort an den König haben mitmelden zu können.

Gleich darauf wurde auch Jacobson abberufen.

Als derselbe hinausgegangen war, fand er einen Mann, der sich erst sorgfältig vergewisserte, dass er wirklich der Freischiffer sei, wonach er ihm ein Schreiben übereichte.

Dasselbe war von der Baronin und lautete: Mein Freund! Mein Herr Gemahl hat für gut befunden, die Familie des Herrn von der Grieben in Mecklenburg aufzuheben und hierher zu bringen. Ob diese Handlung die Bezeichnung einer völkerrechtwidrigen verdient, weiß ich nicht, ebenso wenig, zu welchem Zweck sie begangen wurde. Doch sind die Damen in engen Gewahrsam gebracht worden, was hier bedeutendes Aufsehen erregt, weil es allgemein heißt, dass sie sich der Teilnahme am Landesverrat schuldig gemacht hätten. Ich glaube wohl, dass man etwas hervorsuchen wird, sie mit einer infamierenden Strafe zu belegen, denn meinem Eheherrn ist, wie ich immer mehr erkenne, vieles möglich, wenn es gilt, seine Rache zu befriedigen. Dass er darauf sinnt, unterliegt umso weniger einem Zweifel, als er heimlich meine Papiere durchsucht hatte, vermutlich nach Briefen von Ihnen. Ich zweifle nicht daran, dass Sie alles aufbieten werden, die Ihnen werten Personen aus ihrer gegenwärtigen unangenehmen Lage sowie der ihnen drohenden Verlegenheit zu retten, und bin gerne bereit, Ihre Bemühungen zu unterstützen. Kommen Sie deshalb in die Stadt, es wird Ihnen möglich sein und versuchen Sie sich mir zu nähern. Übrigens können Sie dem Überbringer dieses Schreibens vertrauen. Ich bin Ihre Freundin.

Der Capitain warf, als er gelesen hatte, einen forschenden Blick auf den Boten.

»Von wem ist der Brief!«, fragte er streng.

»Von Ihro Gnaden, der Frau Oberst Staelswerd!«, antwortete der Mann dreist und ohne Zögern.

»Sagen Sie der Dame, ich werde kommen!«

»Ich werde es ausrichten!«

»Dann finden Sie sich übermorgen Abend zehn Uhr vor dem Frankentor ein, ich werde Sie dort aufsuchen und Ihnen weiteren Bescheid geben!«

»Ich werde dort sein!«

Der Bote entfernte sich und Jacobson kehrte wieder zur Gesellschaft zurück.

»Meine Herrschaften!«, sagte er, »ich muss mich Ihnen empfehlen. Die Befreiung der gefangenen, eigentlich geraubten Damen dürfte am leichtesten und besten durch mich bewerkstelligt werden können. Ich werde eilen, es zu tun.«

»Darf ich Sie nicht begleiten, Kapitän?«, fragte Wardow.

»Für jetzt noch nicht!«, antwortete derselbe, »doch später werde ich vielleicht Ihre Hilfe beanspruchen!«

Jacobson entfernte sich und eilte nach Peenemünde.