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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 23

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman, Zweiter Band
XXIII. Ein Racheplan

Die Gesellschaft war spät in der Nacht bei Fackellicht nach Stralsund zurückgekehrt. In dem Haus des Gouverneurs angelangt, zog sich Staelswerd sofort aus dem Familienkreis zurück, doch nicht um sich zur Ruhe zu begeben, sondern sich umzukleiden.

Als dies geschehen war, eilte er durch das Frankentor zur Stadt hinaus und über das Eis, wo die Schiffe seiner Abteilung lagen. Er weckte auch einen derselben, einen Offizier, und ließ durch diesen eine Anzahl Leute wecken, die ihn sofort auf demselben Weg zurück in die Stadt begleiten mussten.

Der Weg dieses Trupps führte in das Arsenal, wo Staelswerd den Befehl erteilte, die Leute desselben, einige Zwanzig an der Zahl, mit Kleidern zu versehen, wie sie gewöhnlich die Seeleute der Handelsschiffe trugen.

Dann eilte er fort zu verschiedenen Fuhrleuten in der Stadt umher, bestellte vier Wagen, welche mit Anbruch des Tages und sobald die Tore geöffnet worden waren, sich vor das Tribseer Tor hinaus begeben sollten.

Nachdem dies besorgt, begab er sich wieder nach Hause, zog dort ebenfalls gewöhnliche Matrosenkleider an, befahl seinem vertrautesten Diener, dasselbe zu tun und begab sich dann wieder zu dem Arsenal zurück, wo inzwischen die Einkleidung der Leute beendet worden war.

Er befahl diesen, ihm zu folgen und führte sie vor das Tribseer Tor hinaus, wo er durch einen Mann die Bewohner einer Taverne herauspochen ließ.

Der Wirt derselben machte zu dem frühen Besuch große Augen, denn diese Anzahl von Seeleuten, so zeitig erscheinend, schien nicht viel Gutes zu versprechen.

Doch er beruhigte sich, da er sah, dass alle noch vollkommen nüchtern waren, beeilte sich ihnen das verlangte Zimmer anzuweisen und die bestellten Getränke zu verschaffen.

Als alle im Zimmer waren, teilte der Oberst die Leute in vier Trupps, ernannte für jeden derselben einen Anführer, erklärte ihnen, dass sie auf Wagen und verschiedenen Wegen über die mecklenburgische Grenze gehen und dort sich an einem gewissen Orte treffen würden, wo ihnen weitere Anweisungen erteilt werden sollten.

Nachdem dies geordnet war, versah er alle mit Geld, hieß sie tüchtig von dem warmen Getränk, welches der Wirt inzwischen gebracht hatte, zuzulangen und befahl endlich, die ankommenden Wagen zu besteigen.

Es geschah, man fuhr ab, und die Parole hieß Dossow.

Dossow ist ein Gut im Mecklenburgischen, südlich von Rostock, ehemals dem Bruder der Frau von der Griebe , einem Herrn von Berg, angehörend.

Frau von der Grieben und ihre Tochter lebten hier still und zurückgezogen, besorgt um ihre entfernten und den Gefahren des Krieges ausgesetzten Angehörigen und jeder Nachricht von denselben mit Spannung entgegensehend.

Nachrichten kamen indessen eigentlich nur von dem Oberstleutnant und dem Verlobten Sophies, denn Jacobson hatte Clara erklärt, dass er sich bis zum Ende des Krieges jeder Annäherung enthalten werde.

Man hatte hier jüngst erst den Übertritt Blüchers erfahren und glaubte deshalb umso mehr, dass bei dem Grenzkrieg alles günstig für Preußen stehe.

Da kam eines Tages ein Bote des Kapitäns Jacobson an, der einen Brief überbrachte, in dem mit wenig Worten gemeldet wurde, dass der Kapitän verwundet worden war und nicht selbst schreiben könne. Dass er aber, weil die Preußen im Nachteil ständen und überhaupt wohl der Kriegsschauplatz nach Mecklenburg verlegt werden dürfe, von dem Oberstleutnant den Auftrag erhalten hatte, die Familie desselben weiter in das Preußische zu bringen. Der Bote werde mündlich mehr berichten.

Derselbe wusste Wunderdinge zu erzählen, die den armen geängstigten Frauen noch mehr den Kopf verrückten.

Man zweifelte in keiner Weise an der Richtigkeit der Angaben des Menschen, rüstete sich schnell zur Abreise und bestieg einen der Wagen, um der Grenze zuzufahren.

Die guten Damen wussten nicht so genau Bescheid im Land, um erkennen zu können, dass man statt der preußischen der schwedischen Grenze zufuhr. Da man schnell reiste, so wurde das schwedische Gebiet erreicht, ohne noch auf mecklenburgischem Grund zu nächtigen. Hier sollten die Frauen zu ihrem nicht geringen Schrecken erfahren, wie schändlich sie betrogen waren.

Man hatte in dem Städtchen Tribsees übernachtet und rüstete sich am Morgen, die Reise fortzusetzen.

Wer beschreibt jedoch das Erstaunen der Damen, als sie den Oberst von Staelswerd eintreten sahen, um sie zur Besteigung des Reisewagens abzuholen.

»Sie hier, mein Herr?«, fragte Clara, die ihre Besonnenheit behalten hatte.

»Meinen untertänigen Gruß zuerst!«, sagte der Baron, »ich habe mir die Freiheit genommen, Sie zu begleiten!«

»Wir danken für diese Begleitung!«, antwortete Clara.

»Dennoch werden Sie sich dieselbe gefallen lassen müssen.«

»Wo sind unsere Leute?«, fragte die Mutter.

»Meine Leute, wollen Sie sagen, gnädige Frau!«

»So sind wir wohl gar Gefangene?«, rief Sophie.

»Etwas dem Ähnliches.«

»Die Schweden führen wohl mit Frauen Krieg, wenn sie die Männer nicht besiegen können!«

»Gewisse Männer sind nicht in die gewöhnlichen Regeln für den Krieg mit eingeschlossen; besonders Landesverräter.«

»Diesen Hohn hätten Sie unter allen Umständen sparen können!«, sagte Clara.

»Ich durchschaue alles, wir sind in Ihrer Gewalt und müssen folgen, doch dürften Ihre Vorgesetzten kaum billigen, was Sie getan haben.«

»Sorgen Sie dafür nicht, gnädiges Fräulein!«, antwortete der Oberst, »es freut mich, dass Sie sich ruhig fügen; darf ich bitten, meine Damen?«

Den armen Damen blieb nichts übrig, als dieser Aufforderung nachzukommen. Sie folgten dem Obersten, bestiegen den Wagen, und dieser fuhr ab, nun durch die ganze Eskorte begleitet.

Bei dieser Abfahrt hatte man vergessen, an den die Damen von Dossow aus begleitenden Diener zu denken. Als derselbe erkannte, welche Wendung die Sache nahm, war er klug genug, sich versteckt zu halten und erst hervorgekommen, als der Baron die Stadt verlassen hatte.

Einige Zeit war der Mann unschlüssig, was er tun solle, dann jedoch nahm er seine Beine in die Hand und ging über die mecklenburgische Grenze zurück.

Im Mecklenburgischen suchte er sich ein Pferd zu verschaffen und beschloss zu seinem Herrn zu reiten, dessen Standort er ungefähr durch die Gespräche der Damen erfahren hatte.

Der treue Diener eilte an der Grenze entlang, den ganzen Tag bis in die späte Nacht, und befragte später die preußischen Truppen, welche er antraf, nach dem Oberstleutnant.

Er bekam meistens richtige Weisungen und ritt denselben folgend weiter, bis er glücklich die Kantonnements der Eskadron seines Herrn erreichte.

Es war am Morgen, als er das Quartier desselben aufgefunden hatte und dort nach ihm fragte. Zu seinem Schrecken musste er erfahren, dass die Husaren in der Nacht vorher eilig aufgebrochen und fortmarschiert seien.

Alle Fragen wohin, waren vorläufig vergeblich, und da sowohl er als auch sein Tier nötig der Ruhe bedurften, so überließ er sich zunächst dieser.

Am nächsten Tag hörte er die Vermutung aussprechen, dass das Regiment in die Gegend von Anklam gezogen sei. Schnell sattelte er sein Pferd, warf sich hinauf und eilte an der Peene entlang.

Bald erhielt er auch Gewissheit, dass er den Oberstleutnant dort treffen werde.