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Der Welt-Detektiv Band 6

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Carrier, der Erzteufel – Teil 3

Carrier, der Erzteufel, in eine Menschenhaut eingenäht, der in wenigen Monaten in der französischen Stadt Nantes mehr als fünfzehntausend Menschen von jedem Alter und Geschlecht erwürgen, ersäufen, erschießen, martern und guillotinieren ließ, ein blutdürstiges Ungeheuer und höllischer Mordbrenner
Zur Warnung vor blutigen Revolutionen
Von Dr. F. W. Pikant (Friedrich Wilhelm Bruckbräu)
Verlag der J. Lutzenbergerschen Buchhandlung, Altötting, 1860

Die unglückliche Stadt Nantes

Zur Zeit dieser Geschichte zählte die französische Stabt Nantes, am rechten Ufer des Flusses Loire, kaum 15 Stunden von der Mündung in das Meer entfernt, etwa 40.000 bis 45.000 Einwohner, die, wie noch jetzt, einen starken Handel, besonders mit Zucker, der dort nochmals raffiniert wird, nach Spanien, Westindien und Afrika trieben.

Damals lag beinahe in der Mitte dieser Stadt ein sehr großes Gebäude, die Niederlage genannt, das vor dem Anfang der Revolution ein Franziskanerkloster war und späterhin zu einer Warenniederlage verwendet wurde. Die größten Schiffe können zur Mündung der Loire hereinkommen und gehen bis Paimboeuf, wo die Waren auf kleinere Schiffe umgeladen und zu dem nicht weit entfernten Nantes gebracht werden. Jenes ehemalige Kloster erhielt die Bestimmung, diese Waren aufzunehmen. Als aber im Laufe der Revolution der Handel immer mehr abnahm, während die Überzahl der Gefangenen jeden Raum in Anspruch nahm, wurde die leere Niederlage mit unglücklichen Opfern aus allen Ständen angefüllt. In allen Räumen des Gebäudes, in der eigentlichen Niederlage, in den mit Türen von starkem Eisenblech verwahrten Zellen, in den Grabgewölben und Kellern, befanden sich immer gegen 2000 Gefangene, ganz unschuldige Menschen, alle bestimmt, guillotiniert, ersäuft oder in den Steinbrüchen von Gigan in Masse erschossen zu werden. Das Revolutionstribunal zu Nantes unter dessen Präsidenten Fouquet, dem Mordagenten Lam­berty, sorgte eifrig, dass die großen Lücken der täg­lich grausam Hingeschlachteten sofort wieder durch neue Opfer ausgefüllt wurden.

In jener verhängnisvollen Zeit, da eine fluchwürdige Bedrückung alle Bande des staatsgeselligen Ver­eines gewaltsam zerriss und die aufs Äußerste gereiz­ten Leidenschaften zu den schrecklichsten Gräueltaten forttrieb, von deren schwindelnder Höhe kein Rücktritt möglich war, gab es keine Zufluchtsstätte mehr in dem schönen Frankreich, welche die Unschuld gegen die Verfolgungen des witternden Henkeramtes hätte schirmen können. Mit dem schwachen, aber schuldlosen Haupt des Königs Ludwig XVI., am 21. Januar 1793, fiel jede Möglichkeit, auf gewöhnlichem Wege in das Geleise der gesetzlichen Ordnung wieder einzulenken.

Ganz Europa stand unter den Waffen gegen die Königsmörder und zwang sie, durch ein Schreckenssystem den eigenen Untergang abzuwenden. Von da an blieb nur noch die Wahl, Henker zu sein oder Opfer. Ein Mittelweg stand nur den Waffenfähigen offen, die zu den Heeren der Republikaner stießen, um ihr Glück gegen die zahlreichen Rächer des Königsmordes zu versuchen. Doch selbst jeder Schritt eines republikanischen Generals wurde von einem blutdür­stigen Deputierten des Nationalkonvents oder dessen Spionen bewacht, von welchen eine einzige Zeile des Zweifels in ihren Berichten hinreichte, den tapfersten Befehlshaber mitten in der Nacht vor die Schranken des furchtbaren Tribunals in Paris und von da unfehlbar auf das Schafott zu schleppen.

Leider wanderten die königlichen Prinzen und mit ihnen eine große Zahl der vornehmsten Adligen aus, freilich in der guten Absicht, von Deutschland aus zur Rettung des Königs, der königlichen Familie und der Monarchie große Heere durch ihre Vorstellungen zu Hilfe zu rufen, was ihnen auch gelang, aber ohne Erfolg durch entscheidende Siege. Sie hätten besser getan, in Frankreich zu bleiben und dessen gutkatho­lische Landbevölkerung im Namen der bedrohten katho­lischen Religion zu einem Religionskrieg zu ent­flammen, sich mit den tapferen königlich gesinnten Aufständischen in der Vendee, einer französischen Pro­vinz, zu vereinigen und somit einer ungeheuren Macht, noch bevor die Republikaner ihre Heere organisiert hatten, nach Paris zu ziehen und das ganze Mördergesindel zu vernichten.

Vielleicht hat Gott nicht gewollt, dass dies geschehe, um der schlechten Welt eine furchtbare Lehre zu geben.