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Oberhessisches Sagenbuch Teil 124

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Wunder am Karfreitag

In Sichenhausen, so erzählte einmal mein Ellerknänn, ist eine Frau gewesen, der war Sonntag wie Werktag und Werktag wie Sonntag. Darum machte die sich auch keine Gedanken darüber, am heiligen Karfreitag ihre Hulle (oder Kopfhaube) zurecht zu machen, zu waschen und zu stärken, um damit auf Ostern Hoffart zu treiben und in der Kirche zu prachtieren. Aber an so einem hehren Tag soll man sich nicht versündigen, das wies ihr unser Herrgott durch ein großes Wunder. Denn als sie eben die gewaschene Hulle in das blaue Stärkewasser eintauchte, siehe da, färbte sich sogleich das ganze Wasser vor ihren Augen und wurde zu lauter Blut. Ich meine denn, sie hatte ihr Lebtag so etwas nicht wieder getan!

Das Bohnenweibchen

Vor dem Haintor zu Büdingen auf den Gärten unterhalb des Weinberges, sieht man allemal am Tage der Himmelfahrt Christi um die Mittagszeit ein altes gebücktes Frauchen umgehen, das hat nirgends Ruhe, krabbelt überall herum und steckt Bohnen. Daher heißt es allgemein auch das Bohnenweibchen. Wer weiß, wie lange es her ist, da lebte dasselbe in der Stadt, war ein böses Stück Weiberfleisch und fragte nach Gott und der Welt nichts. Auf des Herrn Himmelfahrtstag ging es in seinen Werktagskleidern hinaus und arbeitete in seinem Garten. Nun, nach seinem Tod, immer am Tage seines Frevels, muss es als ein Exempel der göttlichen Strafgerechtigkeit ohne Aufhören Bohnen stecken und ist von der Erlösung ausgeschlossen.

Eine frohe Gesellschaft, die einmal von dem Steinbruch herabkam, erblickte das arme Weibchen bei seinem unseligen Tun und war vor Schreck wie versteinert. Plötzlich wurde es aber groß und immer größer und entschwand den Blicken, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.