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Oberhessisches Sagenbuch Teil 123

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Strafe in der Heiligen Nacht

Wie anderwärts ist auch im ganzen Vogelsberg der Glaube verbreitet, dass in der Nacht der Allerheiligsten Geburt des ewigen Sohnes Gottes alles Wasser auf Erden in Wein verwandelt sei, wunderbarer Weise, wenn man auf den Glockenschlag zwölf dem fließenden Wasser nach schweigend aus dem Born schöpft.

Nun war ein frecher böser Bube in einem Dorf, der glaubte an nichts und wollte die Leute verhöhnen. Deshalb legte er sich um jene Stunde mit seinem Leib quer über den Born und rief: »Jetzt ist alles Wasser geworden zu Wein.«

Da kam aus dem Wasser herauf die laute Antwort: »Und jetzt sind deine zwei Augen mein!«

Alsogleich wurde er stockblind auf beiden Augen und blieb es für sein Lebtag.

Ein betrübtes Christfest

Zu Eschenrod war ein reicher Bauer, der war nicht aus den besten Haaren gezeist, und machte sich gern dick damit, dass er nach Gott und der Welt nichts frage.

An einem Christtag-Morgen sah er seinen Knecht, sonntäglich geschnätzt und mit dem Gesangsbuch in der Hand, wie er eben mit den anderen Leuten in die Kirche gehen wollte. Das verdross ihn gar mächtig, denn in seine Hausordnung sollte ihm niemand etwas darein zu reden haben. Er befahl ihm deshalb mit groben, schnauzigen Worten, sich alsbald wieder auszutun und zu einem notwendigen Dienst bereitzuhalten.

Als nun die Leute alle in der Kirche waren, sprach er zu ihm: »Nimm Axt und Säge zur Hand und folge mir auf dem Fuße nach. Ich weiß uns heute was Besseres als das dumme Beten und Singen, und zudem wird niemand heute so leicht merken, was wir tun.«

Wenn auch mit Widerwillen gehorchte ihm doch der Knecht. Sie verließen das Dorf und kamen in den alten hohen Buchenwald, gerade unter dem Wildfrauhaus, wo man es in der Maalsbach und in den Schlägen nennt.

Dort angelangt suchte der Herr sich unter vielem Lachen den schönsten Baum heraus und der Knecht musste ihm helfen, denselben zu fällen. Es war ihm aber doch nicht ganz wohl dabei zumute, denn es grauste ihm vor dem wilden Jäger, der am Platz so oft sich hatte spüren lassen. Doch es geschah nicht das geringste Verdächtige.

Als nun die Buche am Boden lag, sagte der Herr: »So, jetzt wollen wir uns auch etwas Ruhe gönnen und einen Muffel Brot zu uns nehmen – die Arbeit macht doch müde und hungrig.«

So machten es sich die beiden bequem, zogen die Wämser aus, taten einen tiefen Zug aus der Flasche und ließen es sich vortrefflich schmecken im stillen einsamen Wald. Als sie damit zu Ende waren, knappte der Knecht sein .Messer zu, steckte es ein in die Kiepe und sprang auf mit den Worten: »Nun aber ist es höchste Zeit, dass wir fertig werden!«

Auch sein Herr wollte das Gleiche tun, aber siehe da, er vermochte es nicht. Wie er sich auch gebärdete und anstellte, wie er auch wetterte und fluchte, einmal für allemal, er war und blieb an den Buchstamm festgewachsen!

Da erfasste den Knecht jäher Schreck, dass es zu bösen Häusern gehen werde. Er lief auf Bitten seines bedrangsalten Herrn, so schnell er konnte, ins Dorf und schrie um Hilfe.

Es gingen auch viele aus der Freundschaft des Mannes mit ihm hinaus, aber ihn retten konnten sie doch nicht. Er war und blieb an den Buchstamm festgewachsen. Da sägten sie in ihrer Verzweiflung neben ihm den Baum ab, dann legten sie den so hart gewitzigten Mann auf die Seite und schnitten hinter ihm, nahe am Leib, immer noch in der Hoffnung, die Geschichte verheimlichen zu können, das Holz durch.

Aber damit hatten sie das Übel nur ärger gemacht. Denn auf einmal ergoss sich ein großer Blutstrahl aus seinem Körper, der ließ sich nicht stillen, und alles Verbinden und Segnen nutzte nichts, und ist so der Feiertagsfrevler, wie er es verdient hatte, eines jämmerlichen Todes gestorben.