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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 11

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman, Zweiter Band

XI. Der Lohn in Aussicht

Als der damalige Kornett Blücher seinen Namen genannt hatte, sprengte er davon und in die Nacht hinein.

Jener konnte damals noch keinen bedeutenden Eindruck auf Leute, die ihn hörten, machen, denn er war vollkommen unbekannt und nur hier insofern wichtig, als sein Träger den Flüchtigen einen Dienst erwiesen hatte.

Man schiffte sich ein und so wie es geschehen war, wurde von der Küste abgehalten. Von Verfolgern war hier nichts zu bemerken, sie mussten sämtlich andere Richtungen gewählt haben.

Erst als man sich hiervon ausreichend überzeugt hatte, gingen der Major und Wardow in die Kajüte.

»Das nenne ich doch noch Glück haben!«, meinte der junge Mann hier, »ein braver Bursche, dieser Blücher, aber jetzt vor allen Dingen, Herr Major, möchte ich vorschlagen, den Inhalt unserer Speisekammer zu prüfen!«

»Ja das!«, antwortete der Major, »und dann müssen wir überlegen, was weiter zu tun ist!«

Wardow nickte und verschwand auf einen Moment aus dem kleinen Raum. Bald jedoch kehrte er mit einem anderen Mann, der einige Lebensmittel trug, zurück. Durch diesen Mann ließ Wardow auch Klassen rufen.

Das Mahl der drei Leute war schweigend und ging ziemlich schnell zu Ende.

Klassen wollte namentlich schnell wieder nach oben gehen.

»Ich habe doch unbedacht gehandelt!«, sagte der Major, als jener die Kajüte verlassen hatte, »was soll aus all den Leuten, die sich an meiner Befreiung beteiligt haben, werden!«

»Sprechen wir davon später, Herr Major!«, sagte Wardow, »jene ist noch in der Schwebe, ich meine, wir dürfen uns auf Hiddensee nicht länger aufhalten, als um Ihre Frau Gemahlin und Fräulein Sophie abzuholen!«

»Gewiss nicht länger!«, antwortete der Major.

»Dann gebrauchen wir auch dieses Fahrzeug noch länger; wir werden es überhaupt behalten müssen!«

»Dieses Fahrzeug, Wardow …?«, meinte Grieben, »nein, ich wollte meine Person retten, doch ich will den Staat nicht berauben!«

»Sie vergessen, Herr Major, dass der Trog hier durch Ihr und mein Vermögen vollständig bezahlt sein dürfte!«

Grieben fuhr auf und stützte dann sinnend sein Haupt in die Hand. »Unser Vermögen!«, sagte er dann langsam, »ja das ist verloren; armer Knabe, wie soll ich Ih­nen einst diese Schuld abtragen, da ich selbst zum Bettler werde!«

Jetzt oder nie, mochte Wardow denken. Und wahrlich einen günstigeren Moment hätte er um seine Wünsche auszusprechen, nicht wählen können.

»Herr Major«, begann er leicht errötend, »mit meiner Laufbahn als Militär in schwedischen Dien­sten wäre es überhaupt zu Ende gewesen, wie ich glaube, denn einmal fühlte ich mich entehrt und war außerdem, als ich Ihr Los erfuhr, auf dem Weg, jenen Menschen, der die Veranlassung dazu gegeben hatte, aufzusuchen, um ihn empfindlich zu züchtigen. Das Ende der Sache wäre jedenfalls für mich nicht angenehm ausgefallen; deshalb zählt dies zunächst nicht mit!«

»Mag sein!«, sagte der Major »doch jetzt sind Sie auch noch zum wirklichen Übeltäter geworden, und dies rein meinetwegen!«

»Wohl, Herr Major, aber nicht ganz ohne In­teresse!«

Wardow schwieg einige Zeit, um sich zu sammeln.

»Ich habe nämlich die kühne Idee«, fuhr er dann fort, »von Ihnen einen sehr bedeutenden Preis für das kleine Opfer, welches ich gebracht habe, zu fordern!« »Nun!«, meinte der Major.

»Ich liebe Ihre Tochter Sophie!«, sagte War­dow aufstehend, »ich würde mich glücklich schätzen, einst Ihr Sohn zu heißen!«

»Knabe!«, rief Grieben überrascht, »wenn das Mädchen will, Junge, aber Ihr seid ja noch beide Kinder!«

»Sophie will!«, antwortete Wardow ruhig mit leichtem Erröten, »und ob ich noch ein Kind bin oder etwas anderes, darüber lässt wohl die Gegen­wart wenig Zweifel!« »Verzeihung, Verzeihung«, rief Grieben dem jungen Mann schnell die Hand hinstreckend, »ich ver­gaß einen Moment, Sie sind sogar ein ganzer Mann, ein Held!«

»Das ist zu viel, Herr Major!«

»Nein, durchaus nicht! Doch wir vergessen die Hauptsache – für jetzt; wir wissen ja kaum, was in der nächsten Zeit aus uns werden soll!«

»Ich weiß am Ende auch dazu Rat!«, meinte Wardow lächelnd.

»Nun lassen Sie hören!«, rief der Major aufmerksam.

»Der Graf Kreuz und der Baron Horst sind in preußische Dienste getreten und von König Frie­drich zuvorkommend aufgenommen worden!«

»Es ist wahr!«, murmelte der Major, »ich habe bereits daran gedacht, nach Preußen zu gehen!«

»Nun denn!«, fuhr Wardow fort, »wir haben außerdem vielleicht noch einen bedeutenden Fürsprecher beim König: Ich meine den Freibeuter Jacobson!«

»Ah, den!«, rief der Major, »ich hatte ihn fast vergessen – aber ich habe diesen Menschen zu schwer verletzt!«

»Aber auch Ihr Vergehen so gebüßt, dass er keine bessere Genugtuung verlangen kann!«

»Freilich, freilich, er hatte nur zu recht! Und je mehr ich über ihn nachgedacht habe, desto klarer ist mir geworden, dass er ein edler Charakter ist!«

»Ich bin selbst dieser Ansicht!«

»Dass er aber gern sich Ihrer annehmen würde, dafür bürgt seine ganz unzweifelhafte Neigung zu Fräulein Clara!«

»Clara!«, murmelte der Major »sie ist in seiner Gewalt!«

»Und sicher gut aufgehoben!«, fügte Wardow hinzu, »ich bin also der Meinung, wir suchen den Mann auf, wenn er zu suchen ist. Ich will ihm gern für die ihm zugefügte Unbill Genugtuung geben!«

Grieben schwieg; er dachte offenbar nach, und er hatte auch wohl Grund dazu; war es doch überhaupt immer dieser Mann, der das ganze Unheil für ihn heraufbeschworen hatte.

Inzwischen war das kleine Fahrzeug stetig höher hinaufgelaufen, machte nach und nach die verschiede­nen Eilande klar und gelangte bis in den Trog.

Klassen hatte absichtlich diesmal diesen Weg ge­wählt, um dem nach dem Werder liegenden Schiff ein dreistes Gesicht zu zeigen.

Als man bei demselben vorüberlief, wurde an­gerufen und Klassen antwortete, wie es sich gebührte, auf alle Fragen, dann strich man am Entenborn entlang.

Da es inzwischen stark auf den Morgen ging, so war auch nun Eile not, und der Major sowie Wardow beeilten sich, nach Grieben zu gelangen.

Auf dem Gut lag noch alles in tiefem Schlaf; zwar hatte die Majorin für ein Fahrzeug gesorgt, wie ihr Wardow geraten hatte, doch sonst war nichts weiter geschehen.

Als sie und Sophie endlich herausgepocht wor­den waren, war ihre freudige Überraschung groß; sie ver­mehrte sich noch, als man ihnen mitteilte, dass sie sofort mit mussten.

Während die Frauen sich zu der Reise rüsteten, suchte der Major, unterstützt von Wardow, seine Bar­bestände und andere Wertsachen zu sammeln. Als­dann brach man auf, um sich an Bord zu begeben.

Auf dem Weg zum Strand waren alle stumm, jeder hing seinen besonderen Gedanken nach und der Major seufzte mehrmals.

Doch diese trübe Stimmung schwand, als er das Fahrzeug betreten hatte.

»Ich hoffe doch noch einst wiederzukehren!«, sagte er mit einem letzten Blick zurück, in das Dunkel zu der Gegend, wo Grieben lag.

Inzwischen wurde denn auch losgeworfen, der Wind blies steif aus Südost, und als es völlig Tag geworden war, lag die Küste nur noch undeutlich hinter den Flüchtigen.