Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Oberhessisches Sagenbuch Teil 114

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Feuer am heiligen Ort

Die Tochter des Weidmüllers brach an einem heiteren Frühlingstag mit ihrer Mutter Flachs in der Scheuer und ging einen Augenblick von der Arbeit fort, um im Schweinestall nachzusehen. Es war gerade Mittagszeit. Zufällig schaute sie nach dem nahen Eschenröder Küppel, den man auch Der wilden Frau Haus nennt. Niemand war im Feld zu sehen, aber unter einem Acker des Küppels brannte lustig ein armlanges, ganz lichtes Feuerchen, doch ohne den geringsten Rauch. Das Mädchen winkte seiner Mutter, um ihr das zu zeigen. Allein diese fing laut an zu sprechen, und in diesem Augenblick erlosch das Feuer. Die beiden liefen an dem Platz, den sie genau kannten, und suchten überall nach, aber sie fanden nirgends eine Brandstätte. Dergleichen Feuer sollen da mehr schon gesehen worden sein.

Das Pferd im Geldfeuer

Um die Mitternacht stand der Windhäuser Schäfer, so erzählen uralte Leute, wie sie es von ihren Vätern vernommen haben, vor seiner Hütte im Feld und ward ein Feuer ansichtig, das auf dem Steinrück lustig und lichterloh brannte, als wäre ein Haufen Stroh angegangen.

So ein alter Mann und vorablich ein Schäfer weiß nichts von Furcht, und die Nacht ist ihm wie der Tag.

Er dachte daher bei sich selbst: Du siehst einmal nach, was das für ein Ding ist. Und machte sich gleich zu dem Platz auf.

Da sah er eine merkwürdige Flamme in Wallung und zu seinen Füßen lagen Kohlen, eine schöner als die andere. Eine Weile machte er sich seine stille Betrachtung, dann langte er seine Tabakspfeife heraus, bückte sich nach einer Kohle, legte sie auf, allein der Tabak wollte nicht brennen. Unmuts warf er sie hin und griff nach einer anderen. Allein auch diesmal wollte es nicht glücken, er mochte sich stellen, wie er wollte. Also probierte er es zum dritten Mal, blies die Kohle glutrot an, legte sie auf und zog und zog an seiner Pfeife.

Indessen wurde es aber in dem Feuer lebendig. Die Flamme zischte und schlug rechts und links auseinander, sodass er einen Schritt zurücktrat und mit Verwunderung hineinblickte.

Auf einmal kam mitten aus dem Feuer etwas Schwarzes hervor. Als er genauer darauf Achtung gab, war es ein Pferdekopf. Die Flamme schlug immer mehr in die Höhe und der Kopf bekam einen Hals, der Hals einen Leib, der Leib vier Füße und einen langen Schweif, bis ein kohlrabenschwarzes Pferd fertig war und mitten im Feuer stand.

Dieses erhob sich alsbald mehr denn mannshoch in die Luft und sprang bolzengerade wieder nieder in das Feuer. Solches geschah zu drei Malen, dass die Funken weit umherstoben und die Lohe so gewaltig sprühte, dass der Schäfer vor Schrecken scheu zurückwich. Dann tat es einen gräulichen Schlag, als ob das Wetter in einen Baum fährt, und der Schäfer befand sich im Dunkeln mutterseelenallein.

Fort war im Hui alles: Flamme, Feuer, Kohlen und Pferd. Ringsum war es mäuschenstill.

Im Morgengrauen indessen ging der Schäfer abermals zu dem Steinsrück, um zu sehen, ob das Feuer eine Spur hinter sich gelassen habe. Allein er fand nicht das Geringste. Auf dem Tabak seiner Pfeife aber lag, als er sie sich frisch anpinken wollte, ein schweres Goldstück von uraltem und unbekanntem Gepräge.