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Ein Ostseepirat Band 2 – Kapitel 5

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman
Zweiter Band

V. Unter Møns Klint

Zu den dänischen Inseln gehört auch die Insel Møn.

Møn gleicht einem Mondviertel in der Gestalt oder, wenn man will, einer Sichel. Diese Küsten umschließen daher einen Meeresbusen, welcher sich von Südost in das Land schiebt.

Die Küsten fallen nämlich auf dieser ganzen Strecke aus schwindelnder Höhe steil ab und haben namentlich an ihrer Nordecke eine Höhe von gegen neunhundert Fuß.

Ein Wort über ihre Entstehung.

Im Sommer nämlich strömen die Gewässer des Finnischen und Bottnischen Meerbusen zum Teil mit heftigen Stürmen südwärts nach wärmeren Gegenden.

Ihr gewaltiger Anprall bricht sich an den pommerschen und rügenschen Küsten, um sich nordwestlich auf Møn und Seeland zu werfen.

Die Natur sorgt überall für sich selbst, und obwohl diese Meeresströmungen hier und da Land fortnehmen, so schaffen sie andererseits Dünen und jene steilen Seewachten wie Stubbenkammer, Møns Klint und Stevns Klint.

Zur Zeit dieser Meeresströmungen ist die Bucht von Møn dasselbe wie die Trompe und Prora bei Rügen, wahre Gegenkessel, die unvermeidliches Verderben jedem Schiff bringen, welches in ihre Wirbel gerät.

Bei den arktischen Nordwestwinden und Stürmen dagegen bildet Møns Klint einen Schutz, der die Gewässer an seinem Fuß so sicher wie den besten Hafen macht.

Nur zu solchen Zeiten ist die Bucht von Schiffen gesucht, sonst jedoch verlassen und einsam, ein Schlupfwinkel für Leute, die es nicht gern haben, dass man ihnen genauer auf die Finger sieht.

Diesen Ort also hatte Jacobson seinen Schiffen als Rendezvous bestimmt, und bereits seit mehreren Tagen war es äußerst lebhaft in dem versteckten Winkel.

Stattliche Briggs liefen nacheinander herum, bis es fünf an der Zahl waren, und jeder neue Ankömmling wurde von den bereits vorhandenen durch Flaggen, Freudenschüsse und Jubel begrüßt.

Auf der mit Granit bedeckten Sohle des Strandes erwachte schnell ein besonderes Leben; es wurden Zelte errichtet und Feste gefeiert, zu denen auch die Bewohner der Insel sich einfanden.

Die Mehrzahl der Landenden schienen dem Äußeren nach Norweger zu sein; alle bewegten sich indessen, als ob sie zu Hause und sicher wären. Sie hatten auch das Recht dazu, denn sämtliche Schiffe waren mit dänischen Kaperbriefen versehen.

Nebenbei wurde ein lebhafter Tauschverkehr zwischen den Landbewohnern und den Seeleuten betrieben.

Es war am vierten Tag, seit sich dieses Treiben hier entwickelte, als der Posten auf der Höhe ein Schiff signalisierte.

Sofort bedeckten sich die Masten aller Fahrzeuge mit Leuten, die nach dem Segel ausschauten. Man erkannte es und richtete alles zum Empfang her.

Der Merkur lief unterdessen schnell herauf. Auf seinem Deck befanden sich Clara und Jacobson.

Die junge Dame war wieder ruhiger geworden; sie fand nichts Unrechtes mehr darin, sich dem Mann ihrer Liebe anvertraut zu haben.

Jacobson vermied alles, wodurch er ihre Lage hätte peinlich machen können, und das Schiffsvolk bewies ihr dieselbe Achtung wie der Kapitän.

Auch er hatte bereits seit längerer Zeit scharf ausgeschaut und bald entdeckt, dass seine Flottille bereits anwesend war.

So nahe gekommen, dass man die Schiffe zu erkennen vermochte, bekamen seine Augen einen eigentümlichen Glanz.

»Clara!«, sagte er plötzlich mit der Hand auf jene deutend. »Sehen Sie dort meine Macht, sie ist nicht gering, und Sie werden bald genug sehen, dass ich auch anders aufzutreten vermag wie dort in Grieben.«

Clara antwortete nicht durch Worte, aber sie reichte dem kühnen Mann ihre Hand.

Als der Schoner in die Bucht trat, gab die Flottille hintereinander drei Salven. Die hohen Ufer hallten sie wider und es war, als ob die Erde wankte.

Die Schiffe zeigten schon lange den bunten Flaggenschmuck und unter fortwährenden Hurrarufen ging auch der Schoner vor Anker. Die Führer der Schiffe kamen auf ein Signal vom Merkur herbei, ihren Kommandeur zu begrüßen.

Jacobson stellte seinen Untergebenen die Damen vor, und Clara hätte nie geglaubt , was sie nun erkannte. Die so sehr gefürchteten und geschmähten Freibeuter hatten nichts Fürchterliches an sich, sie waren vielmehr, wie Jacobson, gebildete liebenswürdige Leute.

Nachdem ihnen der Letztere Bericht über seine Tätigkeit abgestattet und sie mit seinen nächsten Absichten bekannt gemacht hatte, wurde ein kurzes Mahl eingenommen, dem Clara präsidierte.

Danach luden die Kapitäne diese und Jakobson zu einer an Land veranstalteten Festlichkeit ein und verließen das Schiff.

Clara begann sich für verzaubert zu halten, als sie später in Gesellschaft Jakobsons und Swietens an Land ging.

Sie hatte früher dergleichen nie gesehen, ja nicht einmal geahnt; es war ein wahrhaft königliches Fest, dem sie beiwohnt , und sie durfte sich als Königin desselben betrachten.

Während der Tafel wurde auch ein bestimmter Entschluss für die Zukunft gefasst. Dieser ging darauf hinaus, dass die Flottille nach zwei Tagen auslaufen solle, um offen gegen die schwedische Flotte zu agieren. Diese zwei Tage sollten noch der Ruhe und der Erholung gewidmet werden.