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An der Indianergrenze – Band 1 – Kapitel 2

Friedrich Armand Strubberg
An der Indianergrenze
Band 1
Hannover, 1859
Kapitel 2

Die Komantschen. Der Häuptling Kiwakia. Der Kranke. Der Trost. Ritt durch den angeschwollenen Fluss. Die Glücklichen. Die Entdeckung. Die wilden Gäste. Fest. Der Verdacht. Das Nachtlager in der Wildnis. Die überlisteten Indianer.

Es war beinahe zwei Uhr nachmittags, die Zeit, zu welcher Farnwald zu speisen gewohnt war, als Joe, den eine starke eiserne Kette an den Bettpfosten befestigt hielt, auffuhr und hoch in die Höhe springend, seine furchtbare Stimme wütend ertönen ließ.

Farnwald fuhr auf, eilte zum Fenster und erblickte einen kleinen Trupp Indianer, die zu Pferde vor der Einzäunung hielten. Einer derselben hatte einen, in eine Büffelhaut eingehüllten Mann vor sich auf dem Sattel sitzen und hielt diesen, gegen seine Brust gelehnt, in seinen Armen.

Es waren Komantschen, mit denen die Weißen, welche, wie früher erwähnt worden war, immer noch einzeln und weit voneinander entfernt in dieser Gegend wohnten, in Feindschaft lebten, wogegen Farnwald schon mit einigen ihrer Stämme Frieden gemacht hatte und mit deren Häuptlingen in freundliche Beziehung getreten war.

»Freunde!«, riefen die Wilden Farnwald entgegen, als sie ihn aus dem Fenster blicken sahen, und legten ihre Hände gekreuzt auf die Schultern, welches Zeichen unter ihnen als das der Freundschaft gilt.

»Zu welchem Stamm gehört ihr?«, fragte dieser die Indianer.

»Ich bin Kiwakia, der Häuptling eines Stammes der Komantschen«, antwortete der Wilde, der den Mann vor sich auf dem Pferd sitzen hatte.

Farnwald schnallte den Gürtel mit seinen Revolvern um, nahm seine Doppelbüchse von der Wand und schritt zu den Komantschen hinaus.

Kiwakia war ein nicht sehr großer, doch kräftiger, schöner Mann von freundlichem, angenehmem Äußeren. Sein langes rabenschwarzes, schlichtes Haar hing in zwei schweren glänzenden Flechten zu beiden Seiten vor seiner hochgewölbten breiten, rotbraunen Brust herab. Ein Paar große dunkle Augen sahen lebendig unter seinen fein gebogenen Brauen hervor, und die Adlernase sowie die blendend weißen Zähne zwischen den vollen Lippen gaben seinem edel geformten Gesicht etwas Bestimmtes und Entschlossenes. Sein Haupt war mit einem Busch von Adlerfedern geziert, sein Schmuck bestand aus großen goldenen Ohrringen, einer breiten weißen Perlenschnur um den Nacken und glänzenden Metallringen um die Oberarme, während er zu seiner Bekleidung nur ein gegerbtes Leder um seine Hüften geschlungen und eine große weiche Büffelhaut um seine Schultern gehangen hatte.

»Großer Häuptling«, sagte Kiwakia, »ich bringe dir meinen kranken Bruder Ureumsi, damit du ihm neues Leben geben mögest, wie du es schon vielen roten Kindern gegeben hast. Hilf ihm, er ist mein einziger geliebter Bruder, und die Komantschen sollen deine Jagdgründe heilig halten, deine Pferde sollen im hohen Gras gehen und deine Frauen und Kinder sollen fett werden. Soweit die Komantschen lagern, magst du dich bei dem hellen Feuer schlafen legen, und dein Herz kann ruhig schlagen!«

Farnwald bedeutete die Indianer, von ihren Pferden abzusteigen, wies ihnen unweit seines Hauses unter schattigen Bäumen einen Platz an, wo sie ihr Zelt aufschlagen konnten, und ging dann in das Haus zurück, um Speisen für die Wilden zu bestellen.

Freudig folgte Kiwakia dieser Aufforderung. Mithilfe noch zweier Gefährten, die ihn hierher begleitet hatten, und seiner kleinen, sehr hübschen Frau, Zarika, war rasch ein großes Zelt von Büffelleder auf dem angewiesenen Platz aufgeschlagen, darin ein Lager von Tierfellen bereitet und der Kranke darauf niedergelegt.

Als Farnwald zu diesem zurückkehrte, um ihn zu untersuchen, fand er ihn zu einem lebenden Skelett abgemagert und so sehr aller Kräfte beraubt, dass er weder Hand noch Fuß bewegen konnte.

Er hatte schon über ein halbes Jahr an der blutigen Ruhr gelitten, einer Krankheit, die nicht selten unter den Wilden vorkommt, wurde von einem anhaltenden Fieber, dem gewöhnlichen Begleiter dieses Leidens, noch vollends aufgerieben und war seiner Auflösung sehr nahe.

Farnwald gab Kiwakia sein Bedenken über den sehr gefährlichen Zustand des Bruders zu erkennen, versicherte ihn jedoch zu gleicher Zeit, dass er sein Möglichstes tun würde, um ihn wieder herzustellen.

Der Häuptling sah ihn dabei ängstlich und flehend an, fiel plötzlich vor ihm nieder, umklammerte seine Knie und rief mit bebender Stimme: »Du kannst ihm das Leben wiedergeben, großer Häuptling. O hasse ihn nicht darum, weil er nach deinem Herzen gesucht, weil er seine Pfeile nach dir geschossen hat! Sieh hier, wo deine Kugel in seine Brust gedrungen war, die ihn an die Grenze der ewigen Jagdgründe brachte. Damals kannten dich aber die roten Kinder noch nicht, sie waren noch blind und sündigten gegen dich, ohne zu wissen, dass sie Unrecht taten. O vergib ihm, sein Herz ist groß und sein Dank wird unendlich sein wie die Wellen des Stromes.«

Abermals versicherte Farnwald dem Bittenden, dass er alles versuchen werde, um seinem Bruder zu helfen, und eilte zu seiner Wohnung zurück, um die nötigen Mittel für den Kranken zu holen.

Innere und äußere Anwendung von kaltem Wasser, Erregung der Hauttätigkeit, kleine, öfters wiederholte Gaben von Mineralsäuren und Opiaten sowie der Gebrauch von schleimigen, nährenden Substanzen waren die Mittel, welche Farnwald vorerst anzuwenden beschloss. Der Kranke wurde in nasse Tücher und wollene Decken eingehüllt und ihm Arznei gereicht.

Für die übrigen Indianer brachte Addisson Speisen sowie auch zu ihrem großen Genuss Kaffee, ein Getränk, das ihnen bisher noch fremd gewesen war.

Nachdem sie neben dem vor dem Zelt angezündeten Feuer das Mahl beendet hatten, bestiegen die beiden Begleiter Kiwakias ihre Pferde, sagten zu ihm, er möge ihnen bald mit seinem Bruder nachfolgen und ritten von dannen.

Mit tränenfeuchten Augen und einer bei weißen Menschen kaum anzutreffenden herzinnigen Anhänglichkeit kauerten die beiden Zurückgebliebenen neben dem geliebten Kranken, bewachten ängstlich jeden seiner Blicke, krümmten sich im Mitgefühl seiner Schmerzensausdrücke und zählten die Züge seines Atems; doch als gegen Abend der Leidende in einen ruhigen Schlaf gesunken war, fasste Kiwakia mit freudestrahlendem Blick seine Fran bei der Hand und zog sie leise mit sich fort aus dem Zelt, um den Ruhenden nicht zufällig durch ein Geräusch zu stören.

Als Farnwald sich wieder zu ihnen hinbegab, rannte ihm schon von Weitem das glückliche Indianerpaar entgegen, benachrichtigte ihn, dass der Bruder ruhig schlafe, was er seit langer Zeit nicht getan habe. Kiwakia sagte, dass der große Geist seine Hand freundlich auf dessen Augen und auf dessen Herz gelegt habe.

Der Kranke schlief ruhig und zeigte weniger Fieberhitze, was Farnwald, da jener noch jung und stets ein kräftiger, gesunder Mann gewesen war, Hoffnung auf seine Genesung gab. Er erteilte Kiwakia und dessen Frau die nötigen Verhaltungsmaßregeln für die Nacht, riet ihnen, dass sie während derselben nicht zu seiner Wohnung gehen möchten, indem dort böse Hunde von ihren Ketten gelöst würden, und eilte dann, wiederholt zu der sinkenden Sonne blickend, in seine Wohnung zurück.

»Schnell, Adisson, bring mir den Hengst!«, rief er dem Knaben zu, nahm seine Waffen, befreite Joe von der Kette, und ehe zehn Minuten vergingen, trug der edle Berber auf flüchtigen Hufen ihn wieder seiner reizenden Owaja zu.

Diese Stelldichein wiederholten sich oft, und ungestört war den Liebenden in dieser Weise wieder ein Monat verstrichen, während welcher Zeit zu Farnwalds großer Freude und zu der beiden Komantschen höchstem Glück der Kranke sich sehr erholt hatte, sodass er wieder umhergehen konnte und bei der guten Nahrung, die ihm sein Wirt reichte, seine Kräfte rasch zunahmen.

Ungewöhnlich schwere Gewitter hatten in den letzten Tagen diese Gegenden durchzogen, sodass der Strom dadurch angeschwollen war und Farnwalds Hengst eines Morgens auf dem Rückweg eine nicht unbedeutende Strecke in dem Fluss hatte durchschwimmen müssen. Da die Gewitter größtenteils von Norden gekommen waren, so konnte Farnwald sicher voraussetzen, dass der Strom noch bedeutend wachsen würde, welche Anschwellungen oft in kurzer Zeit eine Höhe von wohl dreißig Fuß erreichten. Dem ungeachtet ließ er, als der Abend nahte, den braven Hengst wieder satteln, um seiner Sehnsucht zu folgen, wovon ihn die Elemente nicht zurückzuhalten vermochten. Doch seinen treuen Begleiter, Joe, ließ er diesmal zurück, um ihn nicht der Anstrengung, die reißende Flut zu durchschwimmen, auszusetzen.

Zeitiger als gewöhnlich verließ er seine Behausung, damit er noch vor einbrechender Nacht den Fluss durchreiten könne, und erreichte denselben, als die Sonne hinter den fernen blauen Gebirgen kaum versunken war.

Nie zuvor hatte er den Strom so angeschwollen, so reißend gesehen. Seine hohen Bänke sahen nur wenige Fuß über der weit dahinschießenden Wasserfläche hervor. Ein schmaler Einschnitt in dem jenseitigen Ufer, Farnwald gegenüber, bezeichnete den Büffelpfad, auf dem er stets dasselbe erklommen hatte, während wohl eine Meile weit stromabwärts bis zu der Biegung desselben keine andere Dünung an der Uferbank zu erkennen war. In ungeheurer Breite drängten sich die fliegend dahinrauschenden Wassermassen durch die niedrigen Wände, die sie zusammenhielten, und rollend wälzten sich riesenhafte Baumstämme, ihre Wurzeln und Äste emporstreckend, in ihren Fluten den Strom hinab.

Farnwald sah mit Unmut auf das gewaltige aufgewühlte Element, das sich hindernd zwischen ihn und seine Liebe drängte. Er maß mit den Blicken dessen Breite, dessen Schnelligkeit, aber er kannte auch seines Hengstes Kraft, seine Ausdauer. Er dachte an Owaja, die Teure, die heiß Geliebte. Verschwunden war die Gefahr vor seiner liebenden Seele, wäre der Strom auch noch einmal so breit gewesen.

Entschlossen, dem Element Trotz zu bieten, ritt er weit am Ufer des Flusses hinauf, ermessend, wie schnell ihn dessen Strömung mit sich fortreißen würde, damit er das jenseitige Ufer erreiche, ehe er die Dünung in demselben, wo der Büffelpfad hinaufführte, passiert habe; denn weiter unten an der schroffen, wenn auch nicht hohen Bank das Land zu erklimmen, war unmöglich.

Er hatte eine Stelle erreicht, wo das Wasser über das schräg abschießende Ufer getreten war, sodass dein Pferd ohne Absprung die Flut gewinnen konnte. Den Gürtel mit den Revolvern schnallte er ab, hing ihn um den Nacken, tat dasselbe mit seiner Kugeltasche, hob die Büchse in seiner Rechten empor, und im nächsten Augenblick sank er auf seinem Hengst bis unter die Achseln in die Wogen.

Das edle Tier aber hob sich schnell, sodass sein ganzer Rücken aus dem Wasser hervorsah und, halb gegen den Strom gewandt, teilte es schnaubend mit seinen straffen Gliedern die Wellen.

Die Hauptströmung hatte nun Reiter und Pferd erfasst, mit Pfeiles Schnelle flogen sie an den Ufern vorüber; doch gewaltig teilte der Hengst die Flut und hatte bald die Mitte des Stromes erreicht.

Nur noch die Hälfte der noch vorliegenden Entfernung musste durchschwommen werden, um ruhigeres Wasser im Bogen des Flusses zu gewinnen. Farnwald sprach dem Hengst aufmunternd zu, klopfte dessen breiten, festen Hals. Mit mächtigerem Ausgreifen und lauterem Schnauben beantwortete das treue Tier seines Herrn Wunsch. Bald aber wurde sein Rücken von den Wellen überspült. Sein Nacken war in der Flut versunken, und nur die Hälfte seines kleinen Kopfes sah noch aus derselben hervor.

Mit verhaltenem Atem und messendem Blick hielt Farnwald die Öffnung im jenseitigen Ufer im Blick, der er sich nun mit rasender Eile näherte.

Würde er sie noch erreichen oder sollte er an ihr vorübertreiben? Es musste glücken. Nochmals sprach er dem Hengst zu und hielt ihn schärfer gegen den Strom. Nochmals kämpfte das Tier mit aller Gewalt gegen die Wogen, noch wenige Schritte fehlten bis zum Ufer, als Hengst und Reiter bei der Öffnung vorüberschossen und jeder Gedanke, sie gegen die Strömung zu gewinnen, verschwunden war.

Herum mit dem Kopf, den Fluss hinab, wandte nun Farnwald sein Ross, und dahin glitt er mit dem reißenden Element ohne Aussicht, ob und wann er es wieder verlassen könne.

Schwerer atmete der Hengst; tiefer sank der Reiter mit ihm in der Flut, die ihn mit fliegender Eile dahin schwemmte. In wenigen Minuten hatte er die Wendung des Flusses erreicht. Er versuchte, dem Ufer nahe zu bleiben, lenkte sein Pferd aus der Strömung um die Biegung und war mit seinem Liebling gerettet; denn er befand sich in ruhigem Wasser, welches über das hier schräge bewaldete Ufer getreten war. Das erschöpfte Tier hatte Grund gefasst, hob sich mühsam auf das trockene Land hinauf. Farnwald sprang aus dem Sattel, um es zu dem hohen frischen Gras zu führen, damit es sich dort erhole, denn feine Flanken schlugen hoch. Weit waren seine roten Nüstern ausgedehnt und heftig bebten seine feinen Glieder.

Hier hatte es bald die Erschlaffung überwunden, schüttelte sich kräftig und biss, laut das Wasser aus seinen Nüstern blasend, begierig in das saftige Gras.

Gern gönnte ihm sein Herr die Ruhe. Es war noch früher, als er gewöhnlich den Fluss zu durchreiten pflegte. Er nahm den Sattel von des Tieres Rücken, rang das Wasser aus der großen wollenen Decke, die darüber lag, und drückte dasselbe, so viel wie tunlich, aus dem Lederanzug, den er trug.

Da stieg der Mond über einer silbergesäumten Wolkenbank am östlichen Himmel auf. Mit seinem Erscheinen begann das Herz Farnwalds stärker zu klopfen.

Rasch hatte er den Hengst gesattelt, sich hinaufgeschwungen, und vergessen war Gefahr und Nässe. Seiner Owaja eilte er entgegen, um an ihrem Herzen wieder zu erwärmen.

Heute ließ die Indianerin ihn nicht lange warten. Kaum hatte er auf dem trauten Grasplatz sein Pferd zurückgelassen und war aus dem Wäldchen hinaus an die offene Prärie getreten, als auch schon die flüchtigen Tritte ihres heraneilenden Rosses zu Farnwalds Ohren drangen und er bald darauf die Geliebte von dessen Rücken hob und an sein Herz drückte.

»Aber deine Kleidung ist ja ganz nass, Farnwald! Ist der Strom so hoch?«, fragte das besorgte Mädchen, als sie ihren Arm um ihn schlang.

»Das Wasser ist sehr angeschwollen; leicht hätte es geschehen können, dass wir uns nicht wiedergesehen hätten. Die Strömung riss mich mit sich fort, und erst in der Biegung des Flusses konnte ich landen.«

»Dann hättest du aber auch nicht kommen sollen. Wie leicht konnten dich die Wogen verschlingen! Deine Owaja würde dir bald gefolgt sein. Hätte deine Seele auch jenseits auf die meine gewartet, um sie mit in deinen Himmel zu nehmen?«

»Sicher, teures Mädchen. Du weißt ja, dass kein Gedanke mehr ohne dich in mir lebt.«

»Wo ist denn der treue Joe? Hast du ihn nicht mitgebracht?«, fragte Owaja, als sie sich neben Farnwald unter der Magnolie niederließ.

»Ich habe ihn zu Hause gelassen, da ich ihn der Strömung des Flusses nicht aussetzen wollte. Das ehrliche Tier ist schon alt.«

»Ich vermisse ihn ungern in deiner Nähe. Wie leicht könnten dir die Lepan in der Schlucht auflauern, wenn sie zufällig die vielen Fährten deines Hengstes dort bemerken sollten! Du weißt, sie würden alles daran setzen, um deiner habhaft zu werden.«

»Sorge dich nicht, süßer Engel, der Gott der Liebe schützt uns, sonst wären wir schon längst verraten. Sei du nur vorsichtig!«

»Mir droht keine Gefahr; die Männer der Lepan lassen sich durch die Sonne wecken, und die Frauen wissen, dass es mir von jeher Freude machte, früh herumzuwandern, wenn der Tau noch glänzend auf den Blumen hing und die Vögel sich ihren ersten Gruß zuriefen. In der nächsten Nacht werde ich nicht zu dir kommen können, wir erwarten morgen Freunde. Ein kleiner Stamm Lepan vom Norden wird uns besuchen, und dann bleiben unsere Leute sicher länger auf als gewöhnlich; aber übermorgen in der Nacht muss ich dich wiedersehen, und kostete es mein Leben.«

»Ich werde an dieser Seite des Flusses verweilen, um mein Pferd nicht unnötiger Gefahr auszusetzen.«

»Bleibe aber nicht hier in diesem Holz. Unsere Jäger könnten dich auffinden.«

»Ich will zurück zum Fluss reiten und mich in dem Gehölz, wo ich heute gelandet bin, aufhalten. Das Gras ist dort gut und das Versteck abgelegen. Wie wird mir aber so allein die Zeit lang werden! Zwei ganze Tage und eine Nacht, ohne dich zu sehen!«

»Ich bin ja mit meiner ganzen Seele bei dir, mein einzig Geliebter; o brauchte ich dich doch nimmer wieder zu verlassen! Wie gern zöge ich mit dir in dein Wigwam! Es würde aber meinen guten Großvater töten. Die Lepan würden nicht ruhen und nicht rasten, bis sie sich an dir dafür gerächt hätten. Erst nach diesem Leben, Farnwald, werden wir uns für immer angehören!«

Inniger schmiegte sich die schöne Wilde an ihres Geliebten Brust und fester schlang er seine Arme um ihren zarten Körper, als fürchte er, dass man sie bald von seinem Herzen reißen würde, denn es gehörte so wenig dazu, um ihre Liebe zu verraten, und dann war es sicher zu Ende mit ihrem Glück.

Doch sie vergaßen die bange Zukunft in dem Wonnetraum der Gegenwart und mussten erst wieder durch die erwachenden Vögel daran erinnert werden, dass der verräterische Tag im Herannahen sei.

»Lebe wohl für so lange Zeit, mein einziges Glück«, sagte Owaja, Farnwalds Nacken umschlingend, als er sie in seinen Armen auf ihr Ross hob. »Übermorgen in der Nacht aber ist Owaja wieder bei Dir.«

Noch einmal beugte sie sich zu ihm nieder, drückte ihren kleinen frischen Mund auf den seinen und schoss dann auf ihrem schnellen Pferd hinweg über das wogende Gras, sodass sie bald in dem verbleichenden Mondschein vor seinen Blicken verschwand.

Der neue Tag warf schon sein Dämmerlicht über die Prärie, als Owaja zwischen den noch ruhenden Pferden und Maultieren der Lepan von ihrem schaumbedeckten Renner sprang, ihm den Zügel vom Kopf nahm, seine Nüstern gegen ihre Wange drückte und fliegenden Trittes dem Wald zu eilte, in dessen Schatten sie, dem Fluss folgend, bald die Nähe des Zeltes ihres Großvaters erreichte.

Sie sprang aus dem Gebüsch hinter demselben hervor und wandte sich dem Eingange zu, als ihr Blick auf Hargo, ihren verschmähten Anbeter fiel, der in kurzer Entfernung unbeweglich an einem Baumstamm stand und seine finsteren Blicke auf sie geheftet hielt.

Wie ein Blitzschlag traf sein Anblick das erschrockene Mädchen; kalt und mit Unheil ahnendem Gefühl fuhr es ihr durch die Glieder. Sie drückte den Zaum, um ihn zu verbergen, an ihre Seite und wankte in das Zelt ihrem Lager zu, auf dem sie in die Knie sank und, ihre bebenden Hände über der Brust faltend, die mit Tränen gefüllten dunklen Augen nach oben hob.

Sie flehte den Großen Geist um Schutz an, nicht für sich, nur für ihren Geliebten, denn sie wusste, dass Hargo nun schon zu ihrem Pferd eilen und dessen Spur zu dem Gehölz folgen würde, von wo aus ihm die Fährte von Farnwalds Hengst nicht unbemerkt bleiben konnte.

Lange lag sie zitternd in inbrünstigem Gebet, dann sprang sie plötzlich auf, schlang den abgeworfenen Köcher mit Bogen und Pfeilen abermals um ihre Schulter. Mit entschlossenem Ausdruck und wild blitzenden Augen trat sie aus dem Zelt heraus und eilte zu ihrem Pferd zurück.

Am Saum des Waldes blieb sie stehen und spähte über die Grasfläche in der Richtung zu dem Gehölz, in welchem sie den Geliebten verlassen hatte, doch außer der grasenden Herde konnte sie weit und breit kein lebendes Wesen bemerken. Sie eilte zwischen den Pferden hin und verfolgte die Spur, welche ihr Ross im Gras zurückgelassen hatte. Die Halme, von dessen Hufen niedergebeugt, hingen sämtlich noch in derselben Richtung, und links und rechts war keine zweite Fährte zu erkennen. Hargo konnte also noch nicht hier gewesen sein. Sollte er den Zügel in ihrer Hand nicht bemerkt, sollte er wegen ihrer nächtlichen Wanderung keinen Verdacht gegen sie geschöpft haben? Owaja hoffte es und atmete freier. Sie wollte es so gern glauben, weil ja ihr Glück, vielleicht das Leben ihres Geliebten von der Entscheidung dieser Frage abhing.

Sie schritt zum Lager zurück, brach Blumen auf dem Weg, band sie zu einem großen Strauß zusammen und, denselben zur Schau tragend, ging sie an den Zelten vorüber, begrüßte hier und dort eine Freundin und warf ihr auch wohl im Vorübergehen eine der Blüten zu. Dabei spähte ihr scharfes Auge eifrig in allen Richtungen nach dem gefürchteten Hargo. Nirgends war er zu erblicken, auch nicht in seinem eigenen Zelt. Erst, als sie in die Nähe von des Häuptlings Wigwam kam, sah sie ihn in einiger Entfernung ruhig bei dem Feuer eines anderen Indianers sitzen und ein Stück Fleisch über der Kohlenglut rösten.

Neue Hoffnung füllte bei diesem Anblick das Herz des geängstigten Mädchens; aber so sehr sie auch die Zweifel daraus zu verbannen suchte, so sagte ihr doch eine innere Stimme, dass sie sich keiner Beruhigung hingeben dürfe, dass die Unbefangenheit Hargos nur Verstellung sei und dass sie von seiner Eifersucht, seinem Rachedurst alles zu erwarten habe.

Owaja war aber selbst Indianerin; sie konnte sich auf die Schärfe ihrer Sinne, ihres Verstandes verlassen, woran ihr niemand ihres Stammes gleich kam. Sie war entschlossen, alle Bewegungen im Lager zu beobachten, einem jeden Schritt, der gegen den teuren Geliebten unternommen werden sollte, zuvorzukommen und ihn sogar mit dem eigenen Leben gegen Gefahr zu schützen.

Nachdem sie sich festlich zum Empfang der erwarteten Freunde geschmückt hatte, trat sie, wenn auch aufgeregter als gewöhnlich, mit heiterem freundlichen Gruß unter ihre Gespielinnen. Das Mahl, womit man die Erwarteten bewillkommnen wollte, wurde gemeinschaftlich bereitet. Der Platz im Wald, wo es eingenommen werden sollte, wurde mit Blumenkränzen, mit Waffen und mit prächtigen Tierhäuten geziert; Trommelfelle wurden über Reife gespannt, Kürbisse zum Rappeln mit Steinchen gefüllt und auch Pfeifen und Flöten geschnitten, um die Fremden mit Musik zu überraschen.

Owaja beteiligte sich bei all diesen Beschäftigungen, ließ aber dabei Hargo keinen Augenblick aus den Augen. Durch ihre Freundinnen und die ihr ergebenen Indianer ließ sie denselben immer in ihrer Nähe halten und beschäftigen, aufmerksam folgten ihre Blicke zugleich den Bewegungen und Mienen der übrigen Lepan.

Nun erschienen die erwarteten Freunde; man zog ihnen entgegen, führte sie feierlich in das Lager und geleitete sie darauf zu dem geschmückten Grasplatz, wo die Friedenspfeife geraucht und die Mahlzeit eingenommen wurde. Darauf lagerten sich die bejahrten Männer zusammen, um ihre Kriegs- und Jagdzüge zu besprechen. Die Frauen zeigten einander ihre Schmucksachen, ihre künstlich aus Leder verfertigten Kleidungsstücke sowie die von ihnen bereiteten schönen Tierhäute. Die jungen Männer und Mädchen gingen hinaus zu der offenen Grasflur, um sich durch mannigfaltige Spiele, durch Wettlaufen, Bogenschießen und Reiterkünste zu belustigen.

Owajas scharfer Blick hatte bisher noch keinen ihrer Leute vermisst und Hargo noch keinen Augenblick in verdächtiger oder nur vertrauter Unterhaltung getroffen, als nachmittags zwei der Jäger ihres Stammes, mit Bogen und Pfeil bewaffnet, vor aller Augen zu ihren Pferden gingen, dieselben bestiegen und längs des Waldes davonritten.

Owaja hielt dabei ihre Blicke fest auf Hargo geheftet, ob sie nicht in seinen Bewegungen, in seinen Augen ein Einverständnis mit den beiden Davonreitenden erkennen könne. Dieser aber schien deren Entfernen gar nicht zu bemerken und sein ganzes Interesse nur auf ein Spiel mit kleinen Steinen zu verwenden, bei dem er augenblicklich mit zwei jungen Indianerinnen begriffen war.

Owajas Herz hatte seine Schläge mehrere Male ausgesetzt und dann um so heftiger gepocht, als sie die beiden Reiter davonziehen sah, denn sie kannte die Verstellungskunst ihrer Leute. Sie wusste, dass selbst die stürmischsten Gefühle ihrer Brust, wenn sie solche verbergen wollen, sich niemals äußerlich kund geben. Sie erinnerte sich, dass ihr einzig Geliebter heute ohne seinen treuen wachsamen Begleiter, den Bluthund, war. Sie bemühte sich, ruhig und heiter zu erscheinen, nahm teil an den Spielen, lachte und zeigte sich ausgelassen lustig, aber in ihrer Brust lag eine Welt von Bangigkeit und Sorgen, die deren Raum zu zersprengen drohten. Ihr Herz tobte bald in wilder Aufregung, bald schien es ihr mit kalten Händen zusammengepresst zu werden. Ihre Seele, ihre Gedanken waren nur bei Farnwald. Als die Sonne sich hinter dem hohen Wald am Fluss verbarg, da zog es sie mit gewaltigem, fast unwiderstehlichem Sehnen nach ihm hin. Aber sie konnte, sie durfte sich nun ja nicht entfernen, wollte sie nicht aller Aufmerksamkeit auf sich lenken und einen Verdacht erzeugen, der möglicherweise noch nicht gegen sie rege geworden war. Sie blieb und hoffte auf die baldige Rückkehr der Jäger.

Farnwald hatte sich, wie er Owaja gesagt hatte, in dem kleinen Gehölz am Strom, aus dessen Fluten er hervorgestiegen war, niedergelassen, um dort ruhig die ewig lange Zeit bis zu der zweiten Nacht versteckt hinzubringen, hatte frühzeitig am Morgen einen fetten Truthahn geschossen und den Tag unter Zubereitung desselben mit liebendem Andenken an seine schöne Wilde und mit durch sie zauberisch und wonnig belebten Träumen hingebracht.

Als die Sonne hinter der Felsenreihe versank, welche das Flusstal von der weiten Ebene, in der die Geliebte wohnte, trennte, saß er vor dem kleinen Feuer im Gras, damit beschäftigt, ein Stück Fleisch am Spieß zu rösten und blickte von Zeit zu Zeit dem scheidenden Gestirn nach. Plötzlich glaubte er an der etwas entfernten Felswand in einer zerrissenen Schlucht die Bewegung eines Gegenstandes zu bemerken. So sehr er aber auch seine Augen anstrengte, so konnte er doch weiter nichts davon gewahren.

Durch sein langjähriges gefahrvolles Leben in der Nähe der Wilden war ihm Misstrauen und Vorsicht zur anderen Natur geworden. Schnell warf er das Feuer auseinander, bedeckte die stark rauchenden Brände mit Erde, damit die aufsteigende Rauchsäule ihn nicht verraten möge, und hielt unverwandt seine Blicke auf die Bergwand gegenüber geheftet.

Die Schatten der hereinbrechenden Nacht hatten sich schon düster über den Abhang gelegt, als Farnwald in derselben Schlucht, doch etwas weiter nach unten, abermals einen beweglichen dunklen Gegenstand bemerkte, den er für einen Menschen hielt, der jedoch gleich darauf wieder verschwand.

Der Gedanke, dass er von Indianern beobachtet werde, war in ihm aufgestiegen. Er überlegte, auf welche Weise er sich aus ihrem Bereich entfernen könne. Zuerst gedachte er nach eingebrochener Dunkelheit, ehe der Mond aufgehen würde, sein Pferd zu besteigen und sich weiter am Fluss hinab ein Nachtlager zu suchen, aber das Ufer dorthin war ihm zu wenig bekannt, um zwischen dem vielen losen Gestein seinem Pferd den gefährlichen Marsch zuzumuten. Wurde er von Wilden beobachtet, so konnte er darauf rechnen, dass diese ihm ebenso gut zu einem anderen Lagerplatz folgen würden.

Er beschloss daher, hier zu bleiben, während der Nacht zu wachen und einen etwa gegen ihn gerichteten Überfall mit den Waffen zurückzuweisen, ersann aber zugleich eine List, um vorsichtig nahende Feinde irrezuleiten.

Er fachte nämlich, als es dunkel wurde, sein Lagerfeuer auf der Mitte des Grasplatzes wieder an und wälzte einen schweren Baumstamm dabei, damit es während der Nacht nicht erlöschen möge, rollte dann in seine große weiße wollene Decke genug Gras und Blätter, um ihr die Stärke eines darin eingehüllten Mannes zu geben, legte sie vor das Feuer, mit dem einen Ende auf seinen Sattel, und setzte seinen großen schwarzen Filzhut so darauf, dass die Rolle vollkommen das Aussehen hatte, als ob er selbst, in die Decke eingehüllt, vor dem Feuer schliefe.

Darauf band er sein Pferd in einiger Entfernung davon vor dem Dickicht an einen Baum und legte sich selbst mit seinen bereitgehaltenen Waffen hinter dasselbe in die Büsche.

Die Nacht brach herein, alles um ihn her blieb ruhig und lautlos. Nur einzeln schallte der krächzende Ruf eines Wasserraben, eines aufgestörten Reihers oder das Hohnlachen eines Uhus durch das Flusstal.

Farnwalds Gedanken waren hinüber zu seiner geliebten Owaja gezogen. Dennoch hielt er sein scharfes Gehör so aufmerksam auf seine Umgebung gerichtet, dass ihm selbst der leise Ton eines fallenden Blattes nicht entging.

Der Mond stieg rot und feurig über dem dunklen Horizont auf, hob sich höher am Himmel. Sein Antlitz wurde allmählich glänzender und silberweiß und sein Licht legte sich klar und hell über die Riesenpflanzen, die auf- und absteigenden kolossalen Rankengeflechte und luftigen Palmenwipfel, die den Grasplatz umgaben. Nun hatte er seinen Schein auf die weiße wollene Decke vor dem Feuer geworfen, als Farnwald durch die Stille der Nacht das Zerbrechen trockenen Reisigholzes gehört zu haben glaubte. Er horchte schärfer nach der Richtung an der anderen Seite des Platzes hin, von welchem her der Ton gekommen war; doch nichts mehr unterbrach die Totenstille.

Wohl eine halbe Stunde war ohne den geringsten verdächtigen Laut verstrichen, als abermals das Knacken von Reisig hörbar wurde, und zwar in nicht großer Entfernung.

Farnwald hielt mit verhaltenem Atem die Doppelbüchse in seine Hände gepresst und blickte starr und unbeweglich auf die Büsche, hinter welchen er den Ton gehört hatte. Es war alles wieder still, nur die berstende Rinde des Baumstammes vor dem Feuer ließ ihr Knistern und Knacken hören.

Farnwalds Gehör war zu geübt und bei Lebensfragen zu oft auf die Probe gestellt worden, als dass er über das Zerbrechen von Reisig, welches er vernommen, hätte im Zweifel sein können. Er wusste sicher, dass ein lebendes Wesen von einem gewissen Gewicht den Ton veranlasst hatte und dasselbe noch in seiner Nähe war, da der Ton sich nicht in größerer Entfernung wiederholt hatte.

Nun rauschte es über ihm. Ein mächtiger Uhu schwang sich auf einen Baumstumpf, der aus der Dickung gegenüber hervorsah; doch wenige Augenblicke später hob derselbe, wie es schien, durch irgendetwas erschreckt, wieder seine breiten Schwingen und zog lautlos in dem Tal dahin.

Man hat gefürchtet, dass der Ruf des Vogels mich aus meinem Schlaf wecken könnte, weshalb man ihn verscheucht hat, dachte Farnwald unverwandt nach den Büschen hinsehend, als deren Riesenblätter sich leise bewegten, sich teilten und das helle Weiß von zwei menschlichen Augen aus ihnen hervorblickte.

Alsbald erschien auch der Kopf eines Wilden, dann seine ganze dunkle Gestalt, und neben ihm trat lautlos ein zweiter zwischen den Pflanzen hervor.

Der Erste von ihnen zeigte mit der Rechten auf die wollene Decke vor dem Feuer, indem er mit der Linken einen Bogen und Pfeile vor sich hielt.

Beide traten bis auf wenige Schritte zu dem Feuer hin, legten Pfeile auf ihre Bogen, zogen sie auf der strammen Sehne gegen die weiße Decke gerichtet zurück, und in ein und demselben Augenblick hatten sich beide Geschosse bis an ihr Gefieder in derselben vergraben. Doch im nächsten Augenblick blitzte es aus dem Busch hinter dem Hengst. Mit dem Krach von Farnwalds Doppelbüchse sank der erste Indianer zu Boden, und der zweite hatte sich mit einem lauten Schrei kaum umgewendet, als die zweite Kugel ihn erreichte und er taumelnd in das Dickicht zurückstürzte.

Der erlegte Wilde krümmte sich im Todeskampf neben dem Feuer, doch Farnwald trat nicht aus seinem Versteck hervor. Wohl schallte der helle Ton seines Ladestockes, womit er aufs Neue die Kugeln in die Rohre trieb, und das Klingen der Schlösser an seinem Gewehr aus dem Dickicht, doch er selbst erschien nicht.

Mit verdoppelter Aufmerksamkeit lauschte er, unter die Büsche gekauert, jedem fernen und nahen Laut: das Zirpen und Summen der Insekten um ihn her, das Rasseln einer Maus im Laub, den Metallton der Eidechsen, die ihn umhuschten. Er prüfte alles genau und kein vorüberfliegender Leuchtkäfer, keine dahin flatternde Fledermaus entging seinem spähenden Blick.

Die Nacht war verstrichen, der Morgen graute und das Tageslicht hatte die düsteren Schatten unter den Büschen verdrängt, als Farnwald, flach auf dem Erdboden liegend, vorsichtig durch die Büsche um den Rasenplatz kroch, um einen dort etwa noch lauernden Feind zu erspähen und ihn bei zeitigem Erkennen unschädlich zu machen. Doch das Gehölz war durchsucht, ohne dass sich weiter ein Indianer dort vorgefunden hätte, worauf Farnwald zu dem Getöteten hintrat und in ihm einen Lepan erkannte, während die blutige Spur des anderen, die er durch das Dickicht und ein Stück Weges an dem Strom hinauf verfolgte, andeutete, dass auch er schwer getroffen sei.

War sein Einverständnis mit Owaja verraten oder hatte nur der Zufall diese beiden auf seine Fährte geführt? Das war die Frage, die sich ihm beängstigend aufdrängte, und worüber er vor dem Wiedererscheinen des Mondes keinen Aufschluss erhalten konnte. Keinesfalls durfte er aber länger hier verweilen, da leicht die Kameraden dieser beiden dieselben suchen und ihrer Fährte hierher folgen konnten.

Farnwald zog den Leichnam zum Strome hin und versenkte ihn in die Wogen. Dann sattelte er sein Pferd und war einen Augenblick unschlüssig, ob er durch den Fluss, der bedeutend gefallen war, zurückreiten oder am diesseitigen Ufer verweilen solle. Aber das Wasser hätte möglicherweise abermals schnell ansteigen können, und so beschloss er, an dieser Seite desselben zu bleiben.

Er lenkte sein Pferd zwischen dem losen Steingeröll hin am Wasser hinunter, bis er mehrere Meilen von seinem Nachtlager einen hohen, sehr dichten Wald erreichte, der ihm hinreichend Schutz bot für den Fall, dass man ihn verfolgen sollte, und nahm seinem Pferd den Sattel ab, um den Abend dort zu erwarten.