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Sagen der mittleren Werra 13

Sagen-der-mittleren-Werra

Vom alten Wein auf dem großen Hermannsberg

Zu Oberschönau saßen am Neujahrsabend einige Gäste in der Schänke und scherzten mit dem Wirt über die mancherlei verwunschenen Schätze in ihren mächtigen Bergen und wünschten sich einige Flaschen des uralten Weines, der noch fuderweise in den verborgenen Kellern des großen Hermannsberges lagern sollte, um den Verwunschenen dort oben ein glückliches Neujahr zuprosten zu können.

Da lachte der Wirt, weckte die an ihrem Spinnrad hinter dem Ofen eingeschlafene Magd und sprach: »Geh hinauf auf den großen Hermannsberg und hole uns eine Flasche Wein von dem ältesten und besten.«

Die Magd, noch halb schlaftrunken und auch sonst nicht recht politisch, verließ sogleich das Haus. Wirt und Gäste saßen noch lange beieinander und hatten das Gehen des Mädchens längst vergessen. Da trat diese auf einmal wieder in die Stube und setzte den verdutzten Männern eine mächtige, arg verstaubte Flasche auf die Tafel.

Auf die Frage ihres Herrn, wo sie die Zeit gesteckt und was die Flasche zu bedeuten habe, antwortete die Magd ganz unbefangen: »Ei nun, Ihr schicktet mich ja auf den Hermannsberg, um eine Flasche Wein dort zu holen, und das habe ich getan.«

Von wem sie aber die Flasche empfangen hatte, wusste sie selbst nicht anzugeben.

Die Männer sahen sich eine Weile bedenklich an, fassten sich aber dann ein Herz und probierten den Inhalt. Einen solchen Feuerwein hatte noch keiner von ihnen gekostet.