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Deutsche Märchen und Sagen 124

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

163. Apfel bricht den Zauber

Zwei Leutchen in Kortryk hatten ein wunderschönes Kind. Eines Abends spät saß die Mutter noch bei der Wiege, als sie auf einmal – kloff, kloff, kloff –  jemand mit Holzschuhen durch die stille Straße laufen hörte. An ihrem Haus hielt er an. Zu gleicher Zeit tat das Kind einen lauten Schrei und wand sich in der Wiege. Als die Mutter zusah, hatte es hinten und vorne einen Buckel. Kloff, kloff, kloff scholl es wieder von der Straße und der Jemand lief weg. Die Frau war in Angst und Not und lief überall hin, zu allen Doktoren, aber keiner konnte dem Kind helfen. Es war und blieb bucklig. Endlich ging die Frau zum Kapuzinerkloster und erzählte die Geschichte einem alten Pater. Der sagte ihr, sie möge am anderen Tag einmal wiederkommen, dann werde er ihr etwas geben.

Als die Frau zurückkam, gab er ihr einen Apfel und sprach: »Diesen Abend um elf Uhr teilt den Apfel in drei Teile und gebt zuerst einen, dann den anderen und endlich den dritten Teil dem Kind. Wenn es dann nicht genesen ist, dann kann ich nicht helfen.«

Die Frau tat dies. Als das Kind den zweiten Teil kaum im Mund hatte, da hörte sie wieder auf der Straße kloff, kloff, kloff, bis vor ihrem Haus. Eine Nachbarsfrau, die bei ihr war, sprang schnell an die Tür, aber sie sah nichts. Im selben Augenblicke schrie das Kind wieder, doch als die Mutter besorgt ihm den dritten Teil des Apfels geben wollte, da lächelte es und streckte ihr die Händchen entgegen und war wieder schlank und schön, wie zuvor.

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