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Hanns Heiling … – Teil 1

Friedrich Wilhelm Bruckbräu
Hanns Heiling, vierter und letzter Regent der Erd-, Luft-, Wasser- und Feuergeister und sein Kampf mit den Teufeln der Hölle
Eine höchst merkwürdige, abenteuerliche und wundervolle Ritter-, Räuber-, Geister- und Teufelsgeschichte
Verlag der J. Lutzenberger’schen Buchhandlung, Altötting, 1860

Mordgedanken

»Der Teufel soll den Mond holen, der gerade heute seine vollgefressenen Backen aufbläst und leuchten lässt, als ob er dafür bezahlt wäre! Ich wollte, dass ich ihm mit meiner Axt den Schädel spalten könnte!«

So fluchte der Holzhauer Kurt, hastig einen Schleifstein mit dem Fuß drehend, um seine Axt zu schleifen, unter welcher oft Funken hervorstoben.

Von Zeit zu Zeit warf er einen grimmigen Blick zum Mond hinauf durch die runde Fensterscheibe des Stübchens seiner kleinen verwitterten Hütte, die am Saum eines ungeheuren Waldes lag, in welchem es damals noch von Bären und Wölfen wimmelte.

»Warum bist du denn heute gar so wild?«, fragte ihn seine Frau Sabina, die in einer Ecke fleißig spann.

»Warum? Wie du nur so dumm fragen magst! Denk an unsere alte Austräglerin, die Martha!«

»Nun?«

»Sie kostet uns viel zu viel für unseren kümmer­lichen harten Verdienst.«

»Bedenk aber, dass wir eigentlich doch durch sie in den Besitz unserer Hütte gekommen sind. Sie übergab ihrem Sohn, welcher heiratete und schon nach Jahr und Tag starb. Seine Witwe heiratete dich , und als sie nach zwei Jahren mit Tod abging, nahmst du mich zur Frau, weil du schon vor deiner Heirat lange Bekanntschaft mit mir hattest. Die Leute im Dorf schüttelten die Köpfe und meinten, du hättest nicht länger auf mich warten können. Im Wirtshaus musstest du oft spitze Reden der Leute und ihrer Verwunderung anhören, dass eine so baumstarte Frau so schnell habe sterben müssen. Merkst was, Kurt?«

»Dummes Geschwätz!«

»Die Leute reden halt, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist und grad in den Tag hinein.«

Kurt prüfte mit dem Daumen die Schneide der Axt, hängte sie an einen Wandnagel, schob den Schleifstein zur Seite, setzte sich auf einen Hackstock seiner Sabina gegenüber und begann: »Ich will dir etwas sagen, was du noch nicht weißt, Sabina.«

Nun, so lass hören!«

»Gestern Nachmittag habe ich Baumstämme in die Sägemühle gefahren auf dem Wagen des Müllers, für den ich immer Holz fälle im Wald.«

»Hab dich gesehen; bist ja an unserer Hütte vorbeigefahren.«

»Wie ich nach dem Abladen in die Stube ging, zahlte mich der Müller und schmunzelte ganz eigens; ich wusste nicht recht warum. ›Nun‹, sagte er, ›jetzt wird bald recht viel Geld in deiner Hütte sein, Kurt – lauter Gold, und du wirst wohl auch etwas davon bekommen.‹

›Ich versteh dich nicht, Müller‹, antwortete ich. ›Wie meinst du das?‹

›Was ich dir jetzt erzähle, muss unter uns bleiben.‹

›Versteht sich!‹, erwiderte ich neugierig.

›So höre! Vor ein paar Stunden brachte ich unserem Herrn Pfarrer bestelltes Brennholz und Latten zu einem Gartenzaun . Er ließ mich in seine Stube kommen, gab mir mein Geld , hieß mich niedersitzen und tischte mir sogar einen Becher Wein auf, und ein Stück Brot. Ich merkte gleich, dass dem Herrn Pfarrer etwas auf dem Herzen lag, und gewiss etwas Gutes, denn er ist ein frommer und gutmütiger Herr, der den Armen recht viel Gutes tut.‹

›Das ist wahr‹, entgegnete ich.

›Endlich konnte der Herr Pfarrer nicht länger schweigen und sprach mit freudiger Miene: ›Denk dir nur  Müller ›, ein hiesiges Pfarrkind von mir hat ein großes Glück gemacht.‹

›So? Wer denn?‹

›Die Martha , die Austräglerin des Holzhauers Kurt!‹

›Ist’s möglich!‹

›Jawohl. Der hochwürdige Prior des Klosters Temsky, eine Stunde von hier, ein Bruder ihrer Mutter, ist gestorben und hat ihr 30 Goldgulden vermacht.‹

›Herrgott‹, sagte ich, ›das ist ja ein Heidengeld, womit Martha unser ganzes Dorf kaufen könnte!‹

›Freilich.‹

›Ist’s aber auch ganz gewiss?‹

›Ich habe ja vom Kloster das Schreiben erhalten, mit dem Ansuchen, die Martha mit dem Bemerken davon in Kenntnis zu setzen, dass sie diese Erbschaft sobald wie möglich persönlich im Kloster abholen solle. Ich ließ Martha gleich zu mir kommen, offenbarte ihr diese Angelegenheit und ermahnte sie dringend, von diesem Geld einen gottgefälligen Gebrauch zu machen, der Armen zu gedenken und auch Kurt und seine Frau nicht zu vergessen. Für die Armen etwas zu tun, zeigte sich Martha nicht abgeneigt, aber von Kurt und dessen Frau wollte sie nichts wissen, indem sie sich über undankbare Behandlung vonseiten derselben beklagte. Ob dies wahr ist, weiß ich nicht, hab auch nie etwas davon gehört. Auf vieles Zureden gab sie mir das Versprechen, vielleicht bei ihrem Absterben an beide zu denken, wenn beide bis dorthin ein besseres Benehmen gegen sie einhalten würden. Das ist allerdings eine langwierige Aussicht, da die Martha noch bei guter Gesundheit ist.‹

›Da hast du die Neuigkeit, Kurt‹, schloss der Müller seine Erzählung. ›Es tut mir recht leid, dass du wenig Hoffnung hast, von der Martha etwas zu bekommen, die du immer auf dem Halse haben und vom sauren Schweiß deines harten Verdienstes abnähren musst, ungerechnet den täglichen Verdruss mit diesem zänkischen Weib. Ich höre genug davon von anderen Leuten im Dorf und bedauere dich oft aufrichtig.‹ ›Tut nichts, Müller‹, versetzte ich, ›durch die Arbeit meiner Hände verdiene ich so viel, wie ich brauche, und ich kann auch noch die Martha durchfüttern. Gold im Haus ist ein gefährliches Ding: Man wird gern faul , mag nicht mehr recht arbeiten und die Wirtschaft geht zu Grunde. Ich werde es wohl bleiben lassen, die Martha um etwas anzusprechen, ja gar nicht dergleichen tun, als wüsste ich etwas von ihrer Erbschaft. Solange ich meine Axt schwingen kann, wird es mir auch nicht an Geld fehlen , so viel ich brauche . Ich danke für die Nachricht, Müller, behüte Euch Gott!‹ ›Behüte Gott, Kurt!‹

So , Sabina, jetzt weißt du fast alles . Bei dem Müller habe ich mich gut herausgebissen, der hält mich für ganz gleichgültig in dieser Erbschaftsache und denkt nicht daran, dass ich nicht auf das Ungewisse, was Martha bei ihrem Absterben mir vielleicht vermachen könnte, warten will , sondern dass ich fest entschlossen bin, die lange Zeit bis dahin noch heute um einen Kopf kürzer zu machen. Und zu diesem Geschäft habe ich meine Axt geschliffen.«

»Du bist verwegen, Kurt, wenn der Mord entdeckt und man dich für den Mörder halten würde? Ich möchte deine schreckliche Hinrichtung nicht erleben und müsste mir den Tod antun.«

Hab keine Angst, Sabina, ich weiß schon, wie ich es anstelle. Sie ist heute früh um zehn Uhr fort ins Kloster und sagte zu unserer Nachbarin, der alten Weberin, dass sie ins Kloster gehe, dort bei ihrer Base, dem Weib des Baumannes übernachten und morgen gegen Abend wieder heimkehren wolle. Auf ihrem Rückweg führt sie der nächste Weg an der Teufelsecke vorüber, etwa noch anderthalb Stunden von hier. Dort pass ich ihr auf und schlag sie auf einen Hieb tot, nehme ihr das Gold und werfe sie in die tiefe Felsenschlucht hinab, wo sie von den wilden Tieren noch in der nämlichen Nacht gefressen werden wird.«

»O, Kurt, das Gold wird uns verraten!«

»Ja, wenn wir so dumm wären, es sehen zu lassen; dafür lass nur mich sorgen!«

»Also morgen wirst du dieses blutige Geschäft abtun?«

»Ja, morgen, das Geschäft und die Martha. Wenn nur morgen recht finstere Wolken den Mond einwickeln würden!«

Beide begaben sich nun zur Ruhe, aber mit dem ersten Grauen des Tages ging Kurt mit der Axt auf seiner Schulter wie zur täglichen Arbeit in den Wald.

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