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Westward! Ho! – Erinnerungen eines Trappers – Kapitel 2

Für viele Männer bedeutete das Leben in den Bergen Abenteuer, Freiheit, Unabhängigkeit, Naturverbundenheit, Härte und Gefahr. Um in der Wildnis überleben zu können, bedurfte es einiger Natur- und Sachkenntnisse sowie persönlicher Attribute. Ohne diese kam es vor, dass man sehr früh starb oder nach einer Saison entmutigt die Berge verließ. Theoretische und praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Schießen, Schwimmen, Bergsteigen, militärische Grundkenntnisse in Strategie und Taktik, Jagd, Reiten und andere waren notwendig, um in der Wildnis unter äußersten Witterungsbedingungen überleben zu können.
Wie war es damals, als unzählige Abenteurer ihr Glück in den Rocky Mountains suchten und dafür Entbehrungen und Strapazen auf sich nahmen? Es sind die Tagebuchaufzeichnungen der Expeditionen zu den Quellen der Flüsse Missouri, Columbia und Colorado von Februar 1830 bis November 1835, niedergeschrieben von Warren Angus Ferris, die uns einen Einblick in das raue Leben jener Zeit gewähren und nicht in Vergessenheit geraten sollen.


Andrew Drips und Joseph Robidoux, die unsere neuen Führer nach Council Bluffs waren, holten den Trupp am fünften Tag unseres Marsches ein und brachten mehr als 50 Maulesel mit. Damit erhöhten sich die Möglichkeiten für das Gelingen unseres Vorhabens um ein Vielfaches. Schon bald setzten wir uns wieder in Bewegung, überquerten erneut den Missouri in der Nähe von Mount Vernon und setzten unseren Marsch zu einer Plantage, nicht weit von Liberty gelegen, fort, der letzten Ortschaft auf unserem Weg. Dort wollten wir zwei Wochen bleiben, um auf die Ankunft der Wagen aus St. Louis mit den Waren für die Indianer zu warten, die von diesem Punkt aus mit Packpferden in die Berge transportiert werden mussten.
Das einzige Ereignis, welches die Monotonie unseres Aufenthaltes etwas aufhellte, war der Messerstich eines betrunkenen herumtollenden Fremden, den einer unserer Männer aufgrund einer Beleidigung ihm gegenüber erhielt. Die Angelegenheit erwies sich zunächst als gering, drohte jedoch aus den Fugen zu geraten. Es stellte sich heraus, dass die Verletzung nicht allzu schwer war und unser Mann als waghalsiger, unverschämt zänkischer Gefährte ohne Frage den Streit provoziert hatte. Aus diesem Grund fand sein Verhalten nur wenig Zustimmung.

Der lang erwartete Tross kam am 19. März an. Plötzlich entwickelte sich im Lager eine allgemeine Geschäftigkeit, so, als ob eine Dame angekommen wäre. Alle machten sich daran, die Ballen auszuladen, zu sortieren und neu zu verschnüren, um sie später ohne zusätzliche Vorbereitungen auf die Lasttiere verteilen zu können. Mittlerweile hatte sich die Zahl unseres Trupps auf 45 Mann und über 100 Tiere erhöht.
Die Männer wurden mit Waffen, Munition, Pfannen, Kesseln und anderen Gegenständen ausgerüstet und in 6 Gruppen aufgeteilt. Sie bekamen Anweisungen, um mit den erhaltenen Lebensmitteln zu haushalten und mit den Ausrüstungsgegenständen sorgsam umzugehen. Bis Council Bluffs gab es nichts mehr als das, was die Wildnis zu bieten hatte. Die Mountain Men ahnten bereits, was auf sie zukommen würde, und legten sich frühzeitig schlafen.
Am nächsten Morgen setzten wir unseren Marsch fort, passierten die Grenze der zwei großen Staaten Missouri und Kansas und verließen die dichten Wälder, welche entlang des Missouri River lagen. Vor uns tat sich eine scheinbar grenzenlose Prärie mit ihren kleinen Wald- und Buschgruppen auf, von Bächen und Flüssen durchzogen.
Es war ein herrlicher Tag. Unser Marsch hätte nicht angenehmer verlaufen können, wenn nicht die ständigen Unterbrechungen gewesen wären. Unsere Maultiere wirkten störrisch und bockten herum. Woran dies lag, konnte keiner der Männer so richtig deuten. Einige gaben sich damit zufrieden, dass es in der Natur dieser Tiere lag. Andere versuchten es mit Tricks und sogar mit der Peitsche, um die Maulesel zur Räson zu bringen. Ein paar Tiere brachen aus und mussten wieder eingefangen werden. Zu wichtig waren für uns die Gegenstände, welche die Tiere auf ihren Rücken trugen.
Mit dem Ellenbogen gab ich meinem Maulesel einen leichten Stoß in die Flanke. Einen Teufel würde ich tun, mein Tier zu schlagen. Zu wichtig war mir mein Job. Auf die Frage, warum ich mit dem Tier so umging, gab es von mir keine Antwort. Jeder nörgelte aufgrund der schlechten Angewohnheiten der Tiere herum. Bockige Sprünge, Kapriolen, Eigensinn und Sturheit gehörten zu jedem Tross mit Maultieren. In solchen Situationen übte ich mich in Geduld und war damit gut beraten. Je weiter wir kamen, um so mehr gewöhnte sich mein Maultier an mich.

Trotz aller Widrigkeiten mit unseren Lasttieren erreichten wir noch vor Einbruch der Dunkelheit einen Fluss, an dessen Ufer wir eine Rast einlegten. Wir versorgten unsere Pferde und Maulesel und entfachten ein Lagerfeuer, um unser Abendessen kochen zu können.
Was für ein Luxus, fuhr es mir durch den Kopf. Nach einem langen und mühseligen Tag bereitete ich mir ein gutes Mahl. Eine lange Nachtruhe stand mir bevor.
Den Kopf auf meinen Händen abgestützt schaute ich eine Weile den lodernden Flammen des Lagerfeuers zu und schlief ein.
Eine unbekannte Gestalt stieß mich grob mit seinen Stiefeln an, stolperte über mich und verschüttete dabei Wasser. Absicht oder nicht, jedenfalls war ich pitschnass. Ich sprang auf, um ihm das zu geben, was er verdiente – eine Ohrfeige für seine Unachtsamkeit. Aus Angst sackte der Feigling in die Knie, mein Schlag streifte kurz seinen Bart und schnitt durch die Luft. Ich wirbelte herum, verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach hin. Wütend über das Missgeschick stand ich auf, um meinen Gegner zu verfolgen. Doch von diesem war nichts mehr zu sehen. Nur ein Glucksen und das Rascheln der Blätter eines Strauches konnte ich vernehmen. Ein paar Augenblicke später bekam ich meine Rache. Ich verdrosch den Kerl – im Traum!
Am nächsten Morgen beluden wir unsere Pferde und Lasttiere und setzten unseren Marsch durch die Prärie fort. Wir folgten einigen Spuren, die westwärts verliefen und von Viehherden stammten. Eine Spur endete in einem undurchdringlichen Dickicht. Einer unserer Führer meinte, dass sie von einem sehr großen Bären stamme, doch eine Verfolgung des Tieres nicht infrage käme, da bereits die Abenddämmerung einsetzte.
Die Nacht verbrachten wir in einem Wäldchen an einer Quelle. Ein Platzregen, der die ganze Nacht anhielt, verwandelte das kleine Rinnsal in einen reißenden Strom und hielt uns vom Schlafen ab. Jeder war bemüht, sich so gut es ging ein einigermaßen trockenes Plätzchen zu suchen, um nicht allzu nass zu werden. Wasser hatten wir in Überfluss, ein Schluck Rum oder Whisky wäre jedoch besser geeignet gewesen, um die Stimmung der Männer ein wenig aufzuheitern. Doch darauf mussten wir noch einige Zeit warten.

Fortsetzung folgt …

Quelle: Ferris, Warren Angus: Life in the Rocky Mountains, Salt Lake City, Utah, Rocky mountain book shop, 1940.