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Oberhessisches Sagenbuch Teil 99

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Der Schlosshund zu Habertshausen

Es war in der seligen Adventszeit, als vorlängst einmal ein Maulbacher Mann aus Ober-Gleen, wo er seinen Gevattersleuten geschlachtet hatte, heimkehren wollte.

Mitternacht hatte es noch nicht gehürnt, und er ging also ganz getürst (mutig) in der mondhellen Nacht seinen einsamen Weg durch den wohlbekannten Wald. Dabei kam er denn auf die sogenannte Husaren-Heeg, wo nach der Aussage vieler ehedem das Dorf Habertshausen gelegen hatte, von dem aber nichts mehr übrig ist. Da stand plötzlich ein hohes stattliches Herrenschloss mit Türmen und Zinnen vor ihm. All die großen Fenster desselben waren hell und glänzend erleuchtet. Als der erstaunte Mann näher trat, das Wunder zu betrachten, sah er durch den weit geöffneten Torbogen geradewegs auf den Vorplatz des Gebäudes. In dem hing von der Decke herab ein kostbarer funkelnder Kronleuchter mit vielen Lichtern, die Tageshelle ringsum verbreiteten. Nun blickte er auch um sich, und siehe, auf der langen Steinbank, zur Seite des Haupteingangs, lag, was er früher nicht wahrgenommen hatte, ein prächtiger schlohweißer Hund, wie er nie einen schöneren gesehen hatte, mit gar treuen, klugen Augen. Er wedelte mit dem Schwanz in einem fort, als wollte er ihn mit Freuden willkommen heißen, und schaute ihn wie bittend dabei unverwandt an, als ob er jede Minute sprechen wollte.

Der Mann betappelte sich immer mehr das ungewöhnliche Ding, aber er wusste bei sich selbst nicht recht, sollte er in das Schloss gehen oder nicht. Als er aber zaudernd endlich zurücktrat, war auch alsobald das ganze Gesicht spurlos verschwunden, wie der Nebel vor dem Sonnenlicht. Tödlicher Schrecken erfasste ihn. Es war ihm, als höre er hinter sich leises Gewimmer, und er lief, was er laufen konnte, bis er heimwärts in sein Dorf kam.

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