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Ein Ostseepirat Band 1 – Eine Warnung

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman
Erster Band
XXII.

Eine Warnung

In wichtigen Dingen einen Augenblick versäumt, bedeutet nicht selten so viel, als alles aufs Spiel setzen.

Jacobsons verschiedene vergebliche Wege nach Drottningholm hinauf, konnten als ein solches Versäumnis gelten. Sie führten dazu, dass sein Inkognito verraten wurde.

In einer Hinsicht freilich mochte auch sein längeres Verweilen in der Hauptstadt nicht ohne Nutzen sein, da es seine Ausforschungen vermehrte. Doch dass er eine Ahnung von den möglichen Folgen hatte, zeigte bereits seine Äußerung zum Kammerdiener der Königin.

Nun indessen hatte er seine Aufgabe erfüllt, und seine Rückkehr in das Gasthaus auf dem Blasiiholm hatte nur den Zweck, seine Sachen zu packen, um hinterher abzureisen.

Doch Jacobson hatte noch einen anderen Gang; einen Weg im eigenen Interesse zu machen. Dieser führte ihn zum Helenenberg.

Man ahnt bereits, was der Kapitän dort wollte. Er stand auf der Stelle, auf der sein Großvater geendet hatte, wo derselbe dem Parteihass, dem Wahn und einer kleinlichen Politik zum Opfer gefallen war.

Jacobson kannte genau die Geschichte seines Großvaters mütterlicher Seite, aber sicher hatte die Erzählung des alten Lotsen Nehls die Ereignisse jener Zeit in seinem Gedächtnis aufgefrischt, und gewiss steigerte der Anblick des Hochgerichts seinen alten Groll gegen das Land und das Volk, welches den Baron Görz so schnöde sterben ließ.

Jacobson stand, finster vor sich hinbrütend, da. Die Gegend war einsam, wie wohl fast immer der Ort, an dem die weltliche Gerechtigkeit ihre Urteile vollstrecken lässt. Er durfte also glauben, hier ungestört  verweilen zu können.

Dem sollte indessen nicht so sein, denn der Kapitän fühlte sich plötzlich an der Schulter berührt und erkannte, als er sich umblickte, eine Frau, welches ihn mit leuchtenden Augen betrachtete.

»Peter!«, sagte dieselbe, »Peter erkennst du mich?«

»Also doch du?«, rief der Kapitän lebhaft, »ich hätte es nimmer gedacht – wie kommst du überhaupt nach Stockholm?«

»Du kennst den Grund, weshalb man mich in der Heimat verachtete«, fuhr die Frau fort, »sie trieb mich hierher, wo es mir erst nicht besser erging, doch jetzt ist das anders.«

»Ach ja!«, sagte Jacobson, »deine Torheit macht auch andere zu Toren. Ich habe gehört, doch glaubte ich nicht, dass du es seist, denn ich hatte von deinem Namen nur den Vornamen gehört oder behalten – die Leute in den Skären scheinen verständiger als die der Hauptstadt zu sein!«

»Möglich, Peter!«, sagte die Frau, »du hast mir das Leben gerettet, Marie Arvedson wird vergelten – auch dein Leben ist in diesem Augenblick gefährdet!«

»Das ist es immer!«, sagte der Kapitän ruhig.

»Doch nicht in dem Maße wie jetzt, Peter Jacobson, denn du bist verraten!«

»Wirklich – wer kennt mich hier sonst als du, und du wirst doch nicht …!«

»Ja, ich habe dich verraten, um Zeit zu gewinnen, dich zu warnen.«

»Das wäre!«

»Du darfst nicht in deine Wohnung zurückkehren, denn sie ist besetzt. Man sucht dich dort. Als ich über den Schlossplatz ging, wurde der Mann verhaftet, mit dem du zuletzt gesprochen hattest!«

»Verdammt!«, murmelte Jacobson; »das kommt mir doch ungelegen!«

»Ich glaube es, doch eile, die Stadt zu verlassen; übrigens hättest du nur aufmerksamer sein dürfen. Ich erwartete dich in jenem Haus, doch du schenktest mir keinen Blick!«

»Ich hatte an anderes zu denken!«

»So denke jetzt an deine Rettung!«

»Und meine Papiere?«

»Sie werden verloren sein!«

Jacobson blickte einige Zeit sinnend vor sich nieder, fuhr dann empor und ließ sein Auge umherschweifen.

»Das Schlimmste an dem ganzen Handel ist das Bekanntwerden meiner Person!«, murmelte er, »doch es hilft nichts, ich danke dir, Marie Arvedson, lebe wohl!«

»Noch eins!«, sagte die Arvedson, als sich jener bereits hastig umwendete, »die nächste Zukunft ist für dich gefährlich, wage nicht zu viel!«

»Das konnte ich mir selbst sagen!«, rief Jacobson lachend, »gehab dich wohl und gib deine Torheiten auf!«

Jacobson winkte noch mit der Hand zurück und eilte davon. Er verschwand bald in den Straßen des Södermalms, bis wohin ihm Marie mit den Augen folgte. Ihr Blick wurde dabei fast unheimlich.

»Meine Torheiten!«, murmelte sie, »so sagte auch Paul. Toren Ihr selbst, die Ihr nicht glauben wollt. Auch du wirst bald genug dein Schicksal erfüllt sehen!«

Marie wendete sich ebenfalls von der verhängnisvollen Stelle fort und ging langsam der Stadt zu.

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