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Dämonische Reisen in alle Welt – Kapitel VI, Teil 2

Johann Konrad Friederich
Dämonische Reisen in alle Welt
Nach einem französischen Manuskript bearbeitet, 1847.

Kapitel VI, Teil 2

Michel und der Teufel waren nach Paris, und zwar mit der Eisenbahn zurückgekehrt. Ersterer sagte unterwegs zu seinem Gefährten: »Gern hätte ich den Unglücklichen gerettet, aber was hätte ihm das Leben genützt?«

»Wir werden ihn in der Hölle wiedersehen, wo er noch nicht einer der Gequältesten sein und die Satisfaktion haben wird, den Beutelschneider en gros, der ihn dahin gebracht hat, weit schrecklicher leiden zu sehen. Um mir die Sache aus dem Sinn zu schlagen, lass uns heute einmal die Salons der sogenannten guten Gesellschaft besuchen.« Asmodi gähnte.

»Hast du Schlaf?«

»Nur einen Vorgeschmack von der guten Gesellschaft.«

»Auf Augenblicke ist sie mitunter recht kurzweilig, besonders die Pariser.«

»Es kommt darauf an, welche?«

»Was sind heute Abend für Salons geöffnet?«

»Du hast die Wahl. Bei der Madame Auçelot findest du eine ziemlich geistreiche Unterhaltung, wenn auch die Gesellschaft gerade nicht sehr zahlreich und auserlesen ist. Im Hotel der auswärtigen Angelegenheiten erblickst du alle mögliche Uniformen, Sterne und Orden der ganzen Welt. Herr Guizots Feste sind wie alle offizielle Feten glänzend traurig. Man drängt sich durch die Massen und erstickt fast vor Hitze. Übrigens geht es da großartig zu. Du siehst Frauen, die Millionen in den Haaren tragen oder am Hals hängen haben, und die ersten Staatsmänner machen die Honneurs. Willst du gute Musik hören, dann musst du die Soireen des Bankiers Leo, des Wechselagenten Honoré oder der Gräfin Merlin besuchen. Beim österreichischen Gesandten, der Gräfin Appony, herrscht die Steifigkeit der Wiener Rahmetikette vor. In den sieben prächtigen Sälen des Stadthauses findest du die hübschesten und liebenswürdigsten Schönen der Hauptstadt. Und die Präfektur selbst ist wenigstens recht artig. Herr von Rambuteau hat gute Manieren. Man sieht hier wenigstens die geschmackvollsten Toiletten, aber auch das Gedränge und die Hitze sind ungeheuer, das Eis schmilzt, bevor es an den Mann kommt, und Sorbetti, Madera und Ananaspunsch beflecken die köstlichen Möbel und Teppiche. Die Bälle dort scheinen aber Feenfeste der Tausend und einen Nacht. Beim Marquis d’Aligre, bei der Baronin Montaran, beim Grafen Castellan findest du viel wissenschaftliche Unterhaltung und die Creme der Blaustrümpfe; bei dem Herzog Decazes politische Langweile, bei Madame Aquado und Rothschild parfümierte Ostentation und bisweilen die italienischen Opernsänger; bei Madame Pankooke große Antiquitäten, bei Herrn Thiers jeden Abend dieselben drei Grazien und gewaltige politische Rotamontaden und Kannegiesereien, und allenthalben Zuckerwasser, Eis, Orangeade, Orgeade, Limonade mit und ohne Gaze, framboises und groseilles in Überfluss und in den meisten die Unterhaltung ebenso wässrig wie die Erfrischungen.«

»Deine Skizzen sind eben nicht sehr verlockend. Indessen muss ich doch die gute Gesellschaft der Pariser Welt näher kennen lernen. Lass uns heute Abend drei oder vier dieser Salons besuchen. Was meinst du, wohin sollen wir zuerst? Zu Guizot, Rambuteau, Appony …?«

»Die empfangen heute nicht, dagegen ist große Soiree im Hotel Lambert bei der Fürstin Czartoriska, sodann ist es der Tag der Madame Pankooke, des Grafen Castellan und des Bankier Delamare.«

Michel und Asmodi nahmen nun ein Mittagsmahl in dem Rocher Cancal ein, warfen sich dann in das Kostüm der elegantesten Salonlöwen und begaben sich zuerst in das Hotel des Grafen Castellan in der Faubourg St. Honoré, wo sie, wie immer, mit guten Empfehlungen versehen, willkommen aufgenommen wurden.

Hier fanden sie noch wenig Gaste, doch allmählich füllten sich die Salons mehr und mehr mit den buntesten, burleskesten und sonderbarsten Figuren, unter denen gar manche der komischen Karikaturen sich durch ihre Affengebärden auszeichnete. Da trat die Marquise L. ein, eine kleine, fast kugelrunde Gestalt, beinahe so breit wie hoch, entblößt bis auf die boutons de roses, mit imitierten Diamanten von der Größe eines Zweifrankenstücks von Kopf bis zu Fuß behangen, sodass sie keuchend der Last fast unterlag. Mit gellender Stimme und schallendem Gelächter verkündete sie ihre Ankunft, die unter allen Anwesenden sogleich ein Geflüster und höhnisches Gelächter veranlasste. Auf dem Fuß folgte ihr der Vicomte D., noch eine Schattengestalt aus der Kaiserzeit, dessen Kostüme ein seltsames Gemisch der Tracht jener Zeit und der Kleidung nach dem modernsten Zuschnitt war. Ebenso gemengt war sein Benehmen und seine Sprache. Jener wohlgemästete, gut arrondierte Dickling, der mit einer Schönen am Arm eintrat, die gerade das Gegenstück von ihrem Kavalier war, wurde als Herr von E. angemeldet und war ein Entrepreneur des pompes funebres, die ihn zum Millionär gemacht hatten. Er trat mit der allen Parvenüs seiner Art eigenen Süffisance auf. Nun wurde die 68-jährige wohlkonservierte Baronin G. angemeldet, deren Embonpoint und dekolletierter Busen und Nacken Dank der roten und weißen Schminke noch viel erkünstelte Frische verrieten. Auch sie strahlte von Edelsteinen. Und so öffneten sich nun Schlag auf Schlag die Flügeltüren und bald war das Gedränge und die Hitze zum Ersticken, denn es gehört nun zum guten Ton in Paris, immer dreimal so viel Gäste einzuladen und zu empfangen, wie man Raum hat, sie mögen nun suchen, sich zu platzieren, so gut sie können, denn die Schande hören zu müssen, es war bei der Gräfin T. nicht überfüllt oder bei Herrn Z. drückte man sich nicht halb tot, wäre nicht zu ertragen.

Die Damen begafften, bewunderten, beneideten und musterten sich nun gegenseitig gehörig, an witzelnden Bemerkungen und spöttischen Blicken fehlte es ebenfalls so wenig wie an dem eifrigsten Erkundigen nach dem unschätzbarsten, wertesten Befinden derjenigen, mit denen einem der Zufall gerade zusammenführte, und dem teilnehmenden und aufrichtigsten Bedauern bei etwaiger gehabter Migräne, Schnupfen, Heiserkeit, Husten und wie die Modekrankheiten alle heißen mögen. Doch dies sind Dinge, die sich in allen Salons wiederholen und gleiche. Nun wurde das Zeichen zur Musik gegeben, und nachdem einer der Klavierklopfer en vogue auf das Instrument zum Zertrümmern gepaukt, getrommelt, ja bisweilen mit der ganzen Faust gehörig darauf geschlagen hatte und unter den admirables, adorables, von denen gar manche wohl detestable sagen wollten, abtrat, ersetzte eine junge Dame, eine Anverwandte des Hauses dessen Stelle und krähte ein halbes Dutzend französischer Romanzen in einem Atem weg, bei denen schwer unterschieden werden konnte, ob die Kompositionen, der Text oder die Stimme gehaltloser waren. Nur der Vortrag hatte wenigstens etwas Bizarres und Verzerrtes und mochte wohl auf Augenblicke unterhalten. Auch hier fehlten die donnernden bravis, die admirables etc. nicht. Nachdem einige Erfrischungen herumgereicht waren, trat ein junger Löwe auf, um witzig sein sollende Sprechlieder hören zu lassen, die wenigstens die Lachmuskeln der Damen durch ihre zweideutigen Albernheiten in Bewegung setzten.

Michel, neben Asmodi in einem Winkel sitzend, gähnte gewaltig, und der Teufel war gar ein geschlafen. Sein Befreier weckte ihn durch einen etwas unsanften Rippenstoß. »Nun, was gibt es?«

»Schämst du dich nicht, in einem der ersten Pariser Salons zu schlafen?«

»Die bezaubernde Kraft dieser Musik hat selbst den Sieg über meine höllische Natur davongetragen«.

»Bei mir hat sie es nur bis zum Gähnen gebracht, lass uns weitergehen.«

Beide schlichen davon und musterten einige Minuten darauf die in den Salons des Bankiers Delamares tanzenden Schönen.

»Kein einziges hübsches, junges, frisches Mädchengesicht unter all diesen Gruppen«, gähnte Michel bald wieder.

»Du weißt doch, dass man die jungen Mädchen in der guten Pariser Gesellschaft nie einführt, bevor sie aufgehört haben, solche zu sein, da man sie in der Regel in ihren Pensionen oder Klöstern bis zu ihrer Verheiratung lässt und nur ausnahmsweise in manchen Salons die Töchter vom Haus als Sing- oder Klaviervirtuosinnen den Soireen beiwohnen dürfen.«

»Ein einfältiger Gebrauch. Diese sich über alles wegsetzenden, vorlauten und naseweisen Frauen sind mir zuwider, ich hätte Lust und …«

»Lass uns zur Madame Pankooke eilen! Dort geht in wenigen Augenblicken eine pikante Szene vor.«

Die beiden Gesellen spazierten in den Galerien und Kabinetten des seligen Pankooke auf und nieder, in denen Michel besonders das Uhren- und Raritätenkabinett bewunderte, auch die Mosaiktische, ägyptische und römische Altertümer fesselten seine Aufmerksamkeit. Sie traten nun in den großen Salon, in welchem soeben eine Dame unter dem rauschenden Beifall ein Konzert auf einem Violoncello beendete, zu dem sie eine andere Dame auf dem Horn akkompagniert hatte. Hierauf deklamierte ein Blaustrumpf ein Gedicht über den Esprit der Mode, indem selbst aber kein Fünkchen von Esprit zu entdecken war.

Als auch dies beendet war, trat Madame Pankooke mit den Worten vor einen russischen Fürsten: »Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen eine Landsmännin aus St. Petersburg vorstelle, die Gemahlin unseres berühmten Klaviervirtuosen und Komponisten H.«

»Recht gern, Madame, Sie werden mich unendlich dadurch verbinden«, antwortete der Fürst.

Madame Pankooke nahm nun den Prinzen bei der Hand und führte ihn zum Lehnstuhl, in welchem Madame H. mit reizender Nonchalance ruhte, und sagte: »Hier, mein Prinz, Ihre liebenswürdige Landsmännin.«

Der Russe drehte sich, ohne ein Wort zu sprechen, auf dem Absatz herum, der Dame im Armstuhl den Rücken zuwendend, die eine Ohnmacht anwandelte, und der sogleich ein paar Dutzend Riechfläschchen unter die Nase gehalten wurden.

»Ach, mir ist sehr übel«, stöhnte sie endlich, »man bringe mich nach Hause.

Es geschah, was sie begehrte. Ihr trostloser Gatte ließ vorfahren, brachte seine teure Ehehälfte nach Hause, und die Gesellschaft der Madame Pankooke war für diesen Abend des Spiels des Herrn H. beraubt.

»Aber, mein Herr, was haben Sie gemacht?«, fragte Madame Pankooke, dem russischen Fürsten nacheilend, »welches Benehmen …«

»Madame, Sie haben mir das entlaufene Weib meines Schneiders in St. Petersburg vorgestellt.«

»Unmöglich, Sie irren, es ist die Gattin des Herrn H.; er hat dies der ganzen guten Gesellschaft von Paris durch lettres de faire part (Mitteilungsbriefe) mitgeteilt.«

»Das Letztere ist wohl möglich, aber das Erstere nicht wahr. Die Dame ist ihrem Mann, einem der reichsten Schneider in St. Petersburg, in Baden entlaufen, wo sie sich für eine russische Gräfin ausgab, und folgte Herrn H. nach Paris.«

Madame Pankooke schien einen Augenblick der Sprache beraubt, doch fasste sie sich bald wieder und sagte: »Aber die Dame wird in allen guten Salons, selbst in denen des Präfekten empfangen. Wie ist es möglich, dass sie sich erdreisten könnte …«

»Ich werde Ihnen die Wahrheit meiner Aussage beweisen, Madame«, sagte der Russe etwas empfindlich. Und er hielt Wort.

Herr und Madame H. sind seitdem in den Pariser Salons unsichtbar geworden, auch haben andere Klaviervirtuosen wie Chopin, Rosenhain, Wolf etc. H. überflügelt, den die veränderliche Modegöttin im Stich gelassen hat.

»Nun, sagte ich dir nicht, dass du hier einer pikanten Szene beiwohnen würdest?«, sagte Asmodi zu Michel.

»Sie war wenigstens ziemlich komisch«, antwortete der Letztere.

Dieser für die Dame des Hauses höchst unangenehme Vorfall hatte eine kleine halbstündige Störung veranlasst, während welcher man sich nur von der unerhörten Frechheit der Madame H., wie man sie noch immer nannte, unterhielt, worauf man durch etwas gedämpfte Musik die Gäste auf andere Gedanken zu bringen versuchte, was aber nicht so ganz gelingen wollte. Man hatte diesen Abend reichhaltigen Stoff zur Unterhaltung.

»Wir wollen weiter«, sagte Michel zum Asmodi.

»Gut, in die vierte Soiree, je mehr an einem Abend, desto besser, denn es gehört ja zum guten Ton, sich an demselben Abend oder vielmehr in derselben Nacht so viel wie nur möglich in verschiedenen Salons zu produzieren. Eine echte Modedame der Pariser Welt lässt es nicht ohne das halbe Dutzend abgehen, singt in jedem eine Romanze oder tanzt in jedem eine Polka, Quadrille oder Mazurka. Also ins Hotel Lambert.

Die Fürstin Czartoriska nahm die fremden Gäste umso willkommener auf, da sich ihr der Teufel als vornehmer Landsmann vorstellte. Sie führte ihn sogleich zu ihrem Gemahl, dem Fürsten Adam, der sich bald eifrig von den polnischen Angelegenheiten mit ihm unterhielt und dabei den Wunsch blicken ließ, noch vor seinem Ende an der Spitze eines neugeborenen Polenreichs zu stehen, während die geistreiche Fürstin Czartoriska die Schönheiten und Altertümlichkeiten des Hotels Lambert bewundern ließ, das besonders durch seine Malereien und Voltaires Aufenthalt in demselben eine gewisse Berühmtheit erlangt hat.

Hier unterhielt sich Michel noch am besten, da ihn Chopins wirklich schönes Klavierspiel und der in der Tat herrliche Gesang einer deutschen Dame entzückte. Doch Mitternacht war bereits vorüber, und Asmodi fragte seinen Schützling, wie ihm diese Proben von der guten Gesellschaft behagten.

»Als Probe mag es hingehen, sich aber immer und täglich in dieser Atmosphäre zu bewegen, wo man nur nichtssagende Worte und Reden, abgedroschene Komplimente und banale Teilnahmsbezeigungen hört, bei denen man ebenso wenig denkt wie fühlt, möchte wohl den Tod durch Langeweile herbeiführen. Um unser Tag- oder Nachtwerk würdig zu schließen, möchte ich noch einer recht heiteren und lustigen Gesellschaft, da wo es jovial und ein wenig ungeniert zugeht, beiwohnen.«

»Dann müssen wir ins Palais Royal zu den fréres provencaux, dort ist heute die Elite der Pariser Libertins, der Journalisten- und Künstlerwelt und was ihr anhängt, bei einem splendiden Bankett versammelt.

Vom Hotel Lambert bis zum Palais Royal war nur ein Schritt für unsere Unzertrennlichen. In die Salons der fréres provencaux eintretend, erblickten sie an einem Ende derselben eine ausgelassene Gesellschaft von Herren und Damen bei einem lukullischen Mahl. Unter den Damen waren Mademoiselle Rachel, Mademoiselle Duplessis vom französischen Theater, Mademoiselle Dobré, die Tänzerinnen Fitzjames und Charlotte Grisi von der großen und Anna Thillon von der komischen Oper, Mademoiselle Dejazet, Demoiselle Desirée vom Gymnase und die wilde spanische Tänzerin Lola Montés von der Porte St. Martin. Unter den Herren bemerkte man hauptsächlich die Redakteure der Theaterberichte in den gelesensten Pariser Journalen und mehrere der beliebtesten Romanschreiber und Modepoeten du jour nebst einigen Journalisten. Emil Girardin, Alexander Dumas, dessen Sohn, Gonzales, Achard, Arnauld, Cassagnac sind unter der Zahl der männlichen Gäste.

Michel und der Teufel in den Salon tretend, gaben sich ein echt russisches Ansehen, und beide hatten sich mit den Ordenszeichen des höllischen Großkreuzspinnenordens, in prachtvolle Diamanten von fast überirdischer Größe gefasst, geschmückt.

Alle Augen der lustigen Gesellschaft waren auf die Eintretenden gerichtet. Die Damen besonders zischelten und flüsterten sich einander in die Ohren.

»Eine Bowle Kaiserpunsch«, befahl Michel dem ›was befehlen die Herren?‹ fragenden Garçon.

Prächtig flammend wurde der Wunsch sogleich serviert.

Michel lorgnierte die Damen und sagte zum Teufel: » Wahrhaftig, eine hübsche Gesellschaft.«

Unterdessen wurde die Unterhaltung der Literatur- und Kunstversammlung immer lebhafter, lauter und ungenierter, man witzelte, stichelte, ließ geistreiche Gründungen, vulgo Lügen genannt, vom Stapel, hechelte manche Finanznotabilitäten, über deren verliebte Anträge man sich lustig machte. Schlüpfrigkeiten und Zweideutigkeiten würzten ebenfalls von Zeit zu Zeit das Mahl, und Michel musste gestehen, dass auch der hypochondrischste Griesgram hier keine Anwandlung von Langerweile hätte bekommen können.

Am Tisch war man beim Dessert angekommen. Einige der Herren schlugen eine Partie Lansquenet vor, die meisten Damen wünschten zu tanzen, beides ging rasch in Erfüllung, nur wenige Herren blieben am Speisetisch, sitzend dem Gott Bacchus vom Cap und Vesuv mit Konstanz und Lacrimae Christi huldigend.

Man eröffnete den Tanz mit einer Chorquadrille, wobei ein Teil der Herren und Damen das Pianofortespiel mit ihrem Gesang begleiteten, was den Tanz der Übrigen sehr animierte. Die Zecher brachten fröhliche Toaste aus. Am anderen Tisch des Salons klirrte das Gold, welches das Lansquenet rasch von einer Hand in die andere, aus einer Tasche in die andere wandern machte.

Nach beendeter Quadrille wurde eine Polka begehrt, und Michel forderte die reizende Demoiselle Duplessis zum Tanz auf, während sich der Teufel diese Ehre von der Lola Montés erbat. Dem Antrag beider wurde mit Vergnügen und recht graziös gewillfahrt, obwohl einige der anderen Herren etwas scheel dazu sahen, woran sich jedoch unsere Gesellen wenig kehrten, es nicht zu bemerken schienen, den Schönen, mit denen sie tanzten, fast auffallend den Hof machten und gerade nicht zurückgewiesen wurden.

Nach beendeter Polka nahm Arnauld Mademoiselle Duplessis in Empfang und an den Arm. Es entspann sich ein zwar leises, doch aber lebhaftes Gespräch zwischen den beiden. Lola Montés aber, welche Roger Beauvoir ad coram nehmen wollte, lachte ihm ins Gesicht und hing sich von Neuem dem Teufel an den Arm.

Beauvoir, den das verdross, wollte sie nochmals zur Rede stellen, aber Lola versetzte:

»Höre, mein lieber Roger, ich bin in Berlin Unter den Linden mit einem preußischen Gendarm, der ein ganz anderer Kerl war wie du, fertig geworden.« Hierbei machte sie eine leicht zu erklärende Bewegung. »Mit dir würde ich nötigenfalls noch ganz anders umspringen.«

Ein Schnippchen schlagend und eine Verbeugung machend, drehte sie ihm den Rücken und zog den Teufel mit sich fort an den Spieltisch.

»Mein Herr, spielen Sie Lansquenet?«, fragte sie Asmodi daselbst angekommen.

»Allerdings.«

»Dann lassen Sie uns moitié machen, unser Glück probieren. Ich habe aber kein Geld bei mir, Sie müssen einstweilen für mich auslegen.«

»Mit Vergnügen«, lächelte der Teufel, und beide saßen am Spieltisch.

Asmodi hielt fünfundzwanzig Louis d’or, verlor, verdoppelte, verlor wieder, verdreifachte, verlor noch einmal, und Lola sah ihn bedenklich an.

»Sei ruhig, liebes Kind, wir werden uns schon rattrapieren. Als die Reihe der Bank an ihn kam, legte er fünf Bankbillets, à 1000 Franc, auf einmal auf.

Sie wurden gehalten und er verlor wieder.

Lola und die andern hatten das dick mit französischen Bankbillets angeschwollene Portefeuille des vermeintlichen Russen bemerkt, der bald eine runde Summe von fünfzigtausend Franc verloren hatte und dabei fortwährend lächelte.

»Ach, was hätte ich mir für Shawls und Schmuck für das Geld anschaffen können«, seufzte Lola.

»Geduld, mein Kind, das Spiel ist ja noch nicht zu Ende. Wir dürfen den Mut nicht verlieren.«

Unterdessen hatte der Tanz wieder begonnen, und Michel walzte diesmal mit der äußerst niedlichen und geistreichen Desiree vom Gymnase, auch dieser nicht ohne Glück und zum großen Ärger Achards den Hof machend.

Am Spieltisch wurde es immer lauter, es standen fortwährend große Summen auf dem Spiel. Das Glück hatte sich gewendet und die Compagnie Lola Montés und Asmodi fingen an, gute Geschäfte zu machen.

Michel und Demoiselle Desiree ließen sich ebenfalls beim Spieltisch nieder, auch die Rachel pointierte, und Mademoiselle Duplessis nebst Herrn Arnauld hatten sich hinter Lola und Asmodi als Zuschauer platziert.

In Kurzem hatte der Teufel nicht nur seinen Verlust wiedergewonnen, sondern auch einige dreißigtausend Franc dazu, und Lolas Antlitz strahlte freudig.

Michel spielte mit gleichem Glück, und Achard brummte in den Bart: »Hol der Teufel diese Kosaken!« Auch er fing zu spielen und zu verlieren an.

Ebenso unglücklich spielte Alexander Dumas. Die Beutel mehrerer der Herren Journalisten und Feuilletonisten waren schon geleert.

Sie verlangten, aufs Wort zu spielen, was ihnen Asmodi und Michel auf das Großmütigste gewährten.

Aber Fortuna war und blieb den Verlierenden, die nun verdoppelten und verdreifachten, fortdauernd ungünstig. Bald schuldeten sie enorme Summen und sahen sich einander verlegen an.

»Meine Herren, fahren sie fort, ich halte ihnen jede beliebige Summe«, sagte Michel.

»Das glaube ich«, erwiderte ein gewisser Roger, als Klopfechter und Raufbold bekannt und gefürchtet. »Dies geht niemals mit rechten Dingen zu.«

»Wie meinen Sie das?«, fragte Michel, »erklären Sie sich deutlicher, wenn ich bitten darf«.

»Nehmen Sie es, wie Sie wollen«, antwortete der Raufbold.

»Allerdings scheint hier der Teufel seine Hand im Spiel zu haben«, setzte Alexander Dumas hinzu.

»Die Gesichter dieser Herren haben mir längst missfallen«, sagte Achard.

»Das müssen wir recht sehr bedauern«, versetzte Michel, »wir haben aber nun einmal keine anderen, was kann man da machen?«

»Ich finde das meines Compagnons eben so übel nicht«, meinte Lola.

Der Teufel verneigte sich verbindlich gegen die spanische Schönheit.

»Mit diesem Scherz ist es noch nicht abgemacht«, sprach nun der Klopfechter, »ich habe behauptet, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht, und den beiden Herren auf ihre Frage, was ich damit meine, geantwortet, dass sie es nehmen könnten, wie sie wollten.«

»Wohlan, wir nehmen es nicht so genau«, höhnte Asmodi, »lassen Sie uns weiter spielen, tanzen und die Liebenswürdigkeit der Damen bewundern.«

»Holla, damit ist es nicht abgemacht«, rief der nun immer dreister werdende Roger.

»Nein, damit ist es nicht abgemacht«, stimmte ihm Achard bei.

»Und wir wollen wissen, mit wem wir es zu tun haben«, setzte Alexander Dumas hinzu.

»Ja, ja, das wollen wir wissen«, fielen noch mehrere Stimmen ein, während einige andere und besonders die Damen sich bemühten, Ruhe und Friede zu erhalten.

»Damit sie dies wissen, hier unsere Karten und Adressen«, sagte Asmodi und warf zwei Visitenkarten mit russischen Namen und goldenen Fürstenkronen auf den Tisch.

»Gut, meine Herren«, sagte Roger, »morgen früh werden Sie das Weitere von mir hören.«

»Soll mich freuen«, versetzte Asmodi, »damit Sie aber sehen, dass uns nicht um Ihr Geld zu tun ist, so schenke ich Ihnen alle Summen, die Sie aufs Wort an mich und meinen Geführten verloren haben.«

»Wie generös«, sagte Lola, »dazu gebe ich meine Einwilligung nicht.«

»Ha, welche unverschämte Beleidigung!«, ließ sich Dumas Sohn vernehmen.

»Die Herren haben gut schenken«, meinte Achard, »sie können mit dem zufrieden sein, was sie bar mitnehmen.«

Der Teufel warf einen ganzen Haufen Gold und einen Bündel Bankbillets auf den Tisch und sagte: »Da, teilt Euch darein, Ihr Gesindel.«

Aber Lola rief: »Sind Sie toll!«, und raffte den ganzen Schatz zusammen, ehe die anderen zur Besinnung kamen.

Sich gegen Roger, den Raufbold und einige andere wendend, sagte Asmodi: »Ihr wollt Euch also schlagen? Gut, doch muss ich Euch sagen, dass sowohl ich als auch mein Freund nur schlechte Fechter und ebenso schlechte Schützen sind, und wir deswegen nur ein Pistolenduell à la Prussienne annehmen können.«

»Was nennen Sie à la Prussienne?«, fragte Roger.

»Von zwei Pistolen wird nur eine geladen. Die beiden Duellanten losen, wer zuerst eine der schon armierten Pistolen ergreifen soll. Der das kürzeste Loos hat, nimmt die übrig Gebliebene. Beide stellen sich, ohne zu wissen, wer die geladene Waffe hat, einander gegenüber. Jeder hält die Mündung seiner geladenen Waffe gerade auf das Herz des anderen. Bei dem Kommando Feuer! drücken beide zugleich ab, aber nur einer bleibt stehen, der andere stürzt tot nieder.«

»Dies ist bei uns in Frankreich nicht Sitte«, sagte Roger etwas bedächtig.

»Bedaure«, erwiderte Asmodi, »aber ich schlage mich nicht anders.«

»Leere Ausflucht«, versetzte der Raufbold wieder etwas dreister, »wenn man beleidigt hat, muss man sich, um Genugtuung zu geben, in die Gebräuche des Landes fügen, in dem man sich befindet.«

»Ja, ja, das muss man«, stimmte Achard, die beiden Dumas und einige andere bei.

»Das muss man nicht«, fiel Lola zürnend ein, »und ich habe es in Berlin und Paris bewiesen.«

»Übrigens wurden wir zuerst beleidigt«, meinte Asmodi, »den Herren gefallen unsere Gesichter nicht. Was können wir für dieses Unglück und unser Aussehen. Die ganze Sache ist im Grunde nicht wert, dass man so viel Aufsehen davon macht. Ich dächte, wir vertrügen uns und gingen in Frieden auseinander.«

»Das wäre wohl das Klügste,« meinten Lola und die anderen Damen.

»Nein, so wohlfeilen Kaufs kommen die Burschen nicht davon«, rief der Klopfechter und stellte sich mit der ausgezeichnetsten Frechheit dicht vor den Teufel und sagte ihm unter die Nase: »Mein Herr, Sie sind ein H…«

Der Teufel lachte, der andere wiederholte sein Schimpfwort.

»Ich sehe wohl, dass man mich hier mit aller Gewalt dazu bringen will, mich um jeden Preis zu schlagen. Da ich mich nun aber einmal nicht schlagen will, ohne zu wissen, weshalb und warum, so erlauben Sie mir Ihnen vorerst, damit Sie auch einen vollgültigen Grund zum Duell haben, die gute Meinung, die ich von Ihnen habe, mitzuteilen, dann stehe ich mit jeder beliebigen Waffe zu Diensten. Ihr seid, mit einigen Ausnahmen, samt und sonders ein sauberes Gesindel, namentlich der mutige Klopfechter da, dem ich nur ins Gedächtnis rufen will, wie man zu Brillantnadeln, goldenen Uhren und Diamantringen kommt, und der die feigste Kanaille ist, sobald er seinen Meister gefunden zu haben glaubt, und Ihr, Herr Marquis de la Pailletterie, der würdige Sprössling einer Negersklavin, der große Besitzer der ersten Romanfabrik Frankreichs, habt Ihr schon Florenz vergessen? Ihr geht Eurem Sohn mit trefflichem Beispiel voran! Und Herr Achard, schämt Ihr Euch nicht, Eure Frau mit drei Kindern im Stich und Elend zu lassen und auf die hübsche Desirée eifersüchtig zu sein? Und Ihr, deren Gewissen so feil ist wie Eure Federn«, fuhr Asmodi fort, sich zu Cassagnac und einigen anderen Journalisten wendend, die sich am meisten an den Laden gelegt hatten, »ich tue Euch allen große Ehre an, wenn ich Euch der Reihe nach einen Denkzettel gebe. Doch damit Ihr seht, dass es mir ernst ist, mich mit Euch zu schlagen, so mögen die Duelle gleich hier vorangehen. Für die Waffen, ein paar treffliche Rapiere, habe ich schon gesorgt.«

Hier flüsterte der Teufel dem Michel zwei Worte ins Ohr, der sich entfernte und im nächsten Augenblick wieder mit ein paar blanken Rapieren ins Gemach trat.

Asmodi machte nun Anstalt, sich zu schlagen, und bat die Damen und Herren einen Kreis zu schließen, um nach echt ritterlicher Sitte den Zweikampf auszufechten.

Die Damen baten jedoch, sich entfernen zu dürfen oder das Duell bis auf den nächsten Morgen aufzuschieben, da sie kein Blut sehen könnten; aber der Teufel nahm keine Raison an und sagte mit höllischer Galanterie zu den Schönen:

»Seien Sie unbesorgt, meine liebenswürdigen Engel, es wird so hart nicht werden. Ich verspreche Ihnen, dass keiner auf dem Platz bleiben oder außer Stand gesetzt werden soll, sich auf seinen Beinen nach Hause zu begeben. Platzieren Sie sich, wie es echten Ritterdamen gebührt, denn dies sind Sie doch unbestreitbar, da Sie jede ihren Ritter haben.«

Die Damen mussten sich nun in einen weiten Halbkreis setzen, und Mademoiselle Rachel, Duplessis und Charlotte Grisi wurden vom Teufel zu Schieds- und Kampfrichterinnen ernannt und mussten ihre Plätze obenan nehmen.

»Nun, meine Herren, wer kein Hasenfuß ist, stelle sich mir gegenüber«, sagte Asmodi und ersuchte den Raufbold Roger, eines der Rapiere zu nehmen, indem er zu ihm sprach: »Eigentlich bist du die Ehre, die ich dir erzeige, mich mit dir zu schlagen, nicht wert, indessen kann dir eine gute Lektion und ein kleiner Denkzettel nicht schaden.«

Man hatte zwar gegen Stunde, Ort und Zeit Einwendungen gemacht, die Asmodi jedoch so nachdrücklich zu widerlegen wusste, dass man sich wohl in seinen Willen fügen musste.

Die Reihe kam zuerst an den Klopfechter.

Er stellte sich in Positur, legte aus, der Teufel parierte, rief gare le Nez, versetzte ihm einen Hieb ins Gesicht, durch den der untere Teil der Nasenspitze, von dem Rest getrennt, herabfiel und das Blut den Boden färbte. Zugleich schlug er ihm das Rapier aus der Hand, dass es zehn Schritte weit niederfiel.

Die Fitzjames sprang mitleidig hinzu, ihr kostbares Taschentuch à 500 Franc opfernd, und verband mithilfe Cassagnacs die gewaltig blutende und klaffende Wunde.

»Nun ist die Reihe an Ihnen, Herr Marquis de la Pailletterie. (Alexander Dumas)

Der Marquis deprezierte.

Achard machte es ebenso.

Cassagnac entschuldigte sich mit Herzweh.

Girardin sagte, er habe geschworen, keinen zweiten Mord auf sein Gewissen zu laden.

Die Lektion war zu derb gewesen, es wollte niemand mehr anbeißen.

»Wohlan, so lasst uns mit einem lustigen Kehraus das Fest beenden.«

Der Verwundete wurde weggebracht, und viele der Herren, besonders die Geforderten entfernten sich unter dem Vorwand, ihn zu begleiten, und waren froh, mit heiler Haut davonzukommen.

»Der Teufel hole die verdammten Russen«, murmelte Achard im Abgang.

Ein wilder Kotillon beschloss die Fete.

Der Teufel und Michel brachten die Damen Lola und Desirée in einer eleganten Equipage nach Hause und empfahlen sich zu deren großen Verwunderung, nachdem sie dieselben an ihren Wohnungen abgesetzt und Ersterer der Spanierin noch ihren Anteil am baren Gewinn redlich zugestellt hatte.

»Nun hast du die gute und die luftige Pariser Gesellschaft kennen gelernt«, sagte Asmodi, sich von seinem Geführten trennend und in die infernalische Ruhe begebend. A demain.

Als am nächsten Morgen der Hinkende vor Michels Bett stand, redete ihn dieser mit den Worten an: »Wir müssen heute unsere Sternenreise antreten.«

Der Teufel stutzte.

»Was bedenkst du dich?« fragte Michel.

»Eine Sternenreise, das ist wahrhaftig selbst für den Teufel keine Kleinigkeit, Spaß dagegen die Höllenreisen.«

»Wieso?«

»Bedenke doch die ungeheure Entfernung.«

»Das ist deine Sache.«

»Gut, wir müssen sie abkürzen.«

»Wie das?«

»Höre, mich außerhalb eures Planetensystems zu begeben, ist mir ohnehin nicht vergönnt, denn in den anderen ist auch eine ganz anders organisierte Welt, und jedes derselben hat auch sein eigenes Höllenreich, in welchem kein Teufel einen aus einem anderen System duldet. Auch in die Sonne kann ich mich ebenso wenig wie in einen anderen Fixstern begeben. Dorthin können nur die filtrierten, ganz rein geläuterten Geister dringen, zu denen wir beide leider nicht gehören. Dich durch die unteren Planeten, den Uranus, Saturn, Jupiter, die Pallas, Ceres, Zuno, Vesta und den Mars zu schleifen, lohnt sich wahrlich nicht der Mühe und wäre nur ein ungeheurer Zeitverlust, denn mit all meiner Höllengeschwindigkeit gingen doch Jahre darüber hin, womit dir wohl auch nicht gedient sein möchte. Ich will dir also mit wenig Worten die Zustände dieser Planeten schildern, worauf wir unsere Reise nach der Venus und dem Merkur antreten können.

Im Uranus herrscht nur eine Farbe, die schwarzgraue. Alle dort vorhandenen Gegenstände haben sie und befinden sich in ewiger Dämmerung. Der ganze Planet ist eigentlich nur ein ungeheures Chaos, in dem sich ungestaltene Massen bewegen. Keine Elemente sind gesondert, sondern alles in einem grauenvollen Durcheinander, doch befinden sich mitten unter diesen fast gestaltlosen Massen andere Klumpen, welche die Ahnung eines Bewusstseins und eine Art Willen, jedoch ohne Sinne haben. In ihnen liegen die Keime der Seelen anderer Wesen verborgen, die nach einer bestimmten Zeit in den Saturn übergehen. Hier ist die Dämmerung etwas lichter, die Finsternis weniger düster, die Umrisse der Massen treten deutlicher hervor, der Farben gibt es zweierlei, schwarz und braun, eine Gattung lebender Wesen ist vorhanden, deren Organisation polypenartig ist und die nicht ganz ohne Gefühl sind. Das wenige Geistige, was sich in den Klumpen des Uranus befand, ist etwas vervollkommneter in sie übergegangen. Im Jupiter findest du schon dreierlei Urfarben, nämlich zu denen des Saturns gesellt sich noch die blaue hinzu. Auch nimmt man ungeheure Berge und unermessliche Täler, jedoch noch kahl, pflanzen- und gewächslos, daselbst wahr. Die sich hier bewegenden Wesen bedürfen schon der Nahrung, die ihnen eine Art Erde gibt. Der in ihnen lebende Geist hat schon etwas Tierisches an sich, ein gewisses Gefühl eines höheren Berufs, und geht beim Absterben seines Körpers in die Pallas über, wo dem Körper, den er nun belebt, schon der Sinn des Gesichts geworden. Das Farbenspiel, durch das Rot vermehrt, wird außer Bergen und Tälern auch ungeheuren, baumartigen, dunkelblauen Stauden zuteil, welche den in diesem Planeten lebenden Wesen die Nahrung liefern. In der Ceres gibt es schon mit einer Art Beine herumkriechende Geschöpfe von verschiedenen Gestalten. Den Farben hat sich noch das Gelbe zugesellt und das Bewusstsein der Geschöpfe tritt immer deutlicher hervor. In der Juno und Vesta ist alles weiter ausgebildet, das belebende Grün schmückt die Ebenen und Höhen, doch sind Pflanzen und Geschöpfe noch immer so geformt, dass sie euch Menschen auf der Erde als wahre Scheusale vorkommen würden, obwohl das Geistige der Letzteren schon einen gewissen Grad von sinnlicher Bildung verrät. Im Mars endlich sind die Gestalten, welche den Geist der zukünftigen Menschen auf Erden, und die, welche den der irdischen Tiere bergen werden, vollkommen unterschieden. Erstere haben nun auch schon das Bewusstsein des Guten und Bösen in sich, würden jedoch auf eurer Erde noch immer für wahre Ungeheuer, wenigstens für widerliche Missgeburten gelten, so wie alle anderen Gegenstünde Grauen erregen würden. Alle Farben, nur das Weiße ausgenommen, spielen hier.«

»Höre, Asmodi«, unterbrach Michel seinen Beschützer nun, »ich glaube, du hältst mich zum Narren und willst mich mit Kindermärchen und Ammenalbernheiten einlullen.«

»Da haben wir wieder das nasenweise Menschenkind. Sagt ihm ein armer Teufel die einfache klare Wahrheit, Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit in dürren, jedermann verständlichen Worten, dann sind es Ammenmärchen, Albernheiten. Wenn ihm aber ein gelehrter Philosoph den furchtbarsten Unsinn, in ein sogenanntes System eingeschachtelt, in endlosen, unverbindlichen Gedanken und geistlosen Phrasen eingewickelt, deren nebelhaften Sinn oder vielmehr Unsinn kein Mensch, nicht einmal der Verfasser selbst, versteht oder zu entziffern vermag, vorkaut, o dann, dann sieht der gelehrte und ungelehrte Tross die höchste Sublimität, die tiefste Weisheit in dem chaotischen Wust. Glaube, was du willst, ich beharre nun einmal auf meinem System, so gut wie Fichte, Schelling, Hegel etc. auf dem ihren, und ich fordere all deine spekulativen Geister kühn heraus, mir zu beweisen dass es irrig ist. Doch, um dir zu beweisen, dass es wahr ist, lass uns sogleich die Reise in die Venus antreten.«

»Aber sollten wir nicht noch vorher den Mond besuchen? Ich möchte diesem Trabanten, über den unsere Gelehrten und Astronomen schon so viel gefaselt und geschrieben haben, wohl kennen lernen.«

»Das hat vorerst noch Zeit. Du möchtest mir sonst vor der Zeit mondsüchtig werden. Wir wollen diese Reise auf später verschieben.«

»Also zur Venus.«

»Zur Venus.«

Und unsere beiden Gesellen schlugen durch einen Schornstein des Hôtel des princes den kürzesten Weg zu der Venus ein.

Trotz aller Geschwindigkeit des Teufels brachten sie doch gute vierundzwanzig Stunden auf dieser Reife zu.

Aber welche Augen machte unser Michel, als er sich endlich auf diesem glänzenden Stern niederließ! Welche neue, nie geahnte Gegenstände, Wesen, Formen, Farben und Gestalten sah er nicht, für die seine arme irdische Sprache weder Worte noch Ausdrücke hatte, da sie auf Erden nicht existieren und keine Einbildungskraft sie sich vorzustellen vermag, da der grobsinnliche Menschenkörper unserer Erde sich keine Begriffe davon zu machen imstande ist. Man konnte diese Wesen keine veredelten Menschengestalten nennen, denn sie hatten wenig oder nichts von diesen, sondern es waren ganz eigene, auf Erden unbekannte, aber höchst edle Formen, denen auch unser feinster Ästhetiker keine Benennung zu geben wüsste. Landschaften, Gewächse, Wälder, Berge, dies war zwar alles vorhanden, doch auch in ganz anderen Formen und Farben als die, welche man auf Erden gekannt, und alles in der reinsten Harmonie mit den lebenden Wesen. Ebenso die Nahrung dieser Wesen, welche nie das geringste Ekel erregende enthielt, und sogar, nachdem sie sie wieder von sich geben, statt gleich menschlichen Exkrementen widerlich und ekelhaft zu sein, einen unendlich wohlriechenden Parfüm und Duft verbreiten.

Von Zeit zu Zeit sah Michel ein paar solcher Gestalten innig verschlungen sich in einer Art Nebelwolke von der glänzend schimmernden Farbe schwebend in den Lüften erheben, worauf himmlische Töne erschallten, die eine irdische Feder ebenso wenig zu beschreiben und zu benennen, ein irdisches Ohr zu fassen vermag, als alle Sprachen der Erde, von der Sanskrit und der exaltiertesten orientalischen Blumensprache bis zur lieblichsten Poesie der italienischen, keine Ausdrücke dafür haben. Asmodi belehrte seinen Schützling, dass dies der Zeugungsakt dieser Wesen sei, der, weit entfernt etwas unreines oder Beschämendes zu haben, hier eine höhere Feier sei, und die Geburt dieser Geschöpfe nur wenig Augenblicke nach dieser Handlung stattfinde. In der Tat sah Michel die zu zwei Emporgeschwungenen zu drei Wesen wieder herabsteigen.

»Diese Geschöpfe altern nie«, fuhr der Hinkende fort, »ihre körperlichen und geistigen Kräfte, ihr Aussehen und ihre Formen bleiben immer dieselben bis an ihr Hinscheiden, das man keinen Tod nennen kann, da es nur ein im höchsten Entzücken stattfindendes Entschlummern ist.«

»Aber wer sind denn diese Geschöpfe eigentlich, wo stammen sie her?«

»Dies sind die Seelen der guten Menschen auf Erden, die unserem Reich nicht verfallen sind, sich hier wieder erkennen und einen Grad naher zur ewigen Seligkeit gekommen sind.«

»Zum Henker, dann lohnt es sich schon der Mühe, auf Erden gut und edel zu handeln. Auf unserem Planeten zurückgekommen, muss ich dies zur allgemeinen Kenntnis bringen, dann wird es weit weniger Bösewichter und Schurken geben.«

»Dies würde ich mir verbitten«, versetzte Asmodi, »wenn ich nicht wüsste, dass man dich dann für einen Narren halten und dir so wenig Glauben schenken würde als einem notorischen Wucherer, der von seiner Uneigennützigkeit spricht. Darum tue, was du willst, man wird über dich lachen und dich einen Träumer nennen, und zwar mit Recht. Doch wir müssen uns zur Weiterreise anschicken, fort zum Merkur!«

Dahin schwebten beide und kamen nach etwa zwölf Stunden auf diesem kleinsten unserer Planeten an. Hier reichten Michels Sehwerkzeuge nicht mehr aus. Alles erschien ihm diaphan, aber ohne irgendeinen Gegenstand deutlich unterscheiden zu können. Auch war alles so in Miniatur, dass es eines Millionen Mal vergrößernden Glases bedurft hätte, um irgendetwas zu erkennen. Nur ein Schimmer und ein Glanz, den seine Augen kaum zu ertragen vermochten, blendete dieselben unaufhörlich.

»Hier sind die Seelen der Guten noch weit geläuterte, und bereits fast körperlos schwimmen sie in einem immerwährenden Entzücken, bis sie durch das letzte Reinigungsfeuer der Sonne gehen, wo sie noch völlig distilliert und alles Körperliche verlierend nach kurzem Aufenthalt endlich in den Himmel zur ewigen Seligkeit eingehen und dessen wieder teilhaftig werden, was ihnen auf der Planetenwelt teuer und wert war.

Die Quintessenz der so gereinigten Geister ist es, was das Licht der Sonne über alle Planeten verbreitet. Bis zu dieser können und dürfen wir nicht, auch wäre es ganz zwecklos, da du dort noch weit weniger als hier etwas erkennen würdest. Darum lass uns zur Erde zurückkehren. Du hast nun deine Neugierde gestillt.«

Michel war es zufrieden und fand sich bald darauf aus dieser Sternenwelt wieder unter die irdische Misere mitten in Paris versetzt. Er entließ den Teufel mit den Worten: »Nun habe ich doch etwas Positives, an das ich mich halten kann. Ich will diese Nuss unseren hochgelehrten Herren zu knacken geben. Sie mögen sich, wenn sie Lust haben, ihre mürben Zähne vollends daran ausbeißen. Mancher findet vielleicht Stoff in dem Kern zu einem neuen philosophischen System und dann ist ihm schon geholfen. Gute Nacht!«

Der Teufel fuhr zur Hölle und Michel in seine Matratzen. Am nächsten Morgen glaubte er einen tollen Traum geträumt zu haben.

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