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Der Fluch von Capistrano – Kapitel 23

Johnston McCulley
Der Fluch von Capistrano
New York. Frank A. Munsey Company. 1919
Ursprünglich in fünf Teilen in der All-Story Weekly ab der Ausgabe vom 9. August 1919 als Serie veröffentlicht.
Kapitel 23

Eine weitere Bestrafung

Señor Zorro ritt schnell zum Kamm des Hügels, unter dem das Pueblo lag. Dort hielt er sein Pferd an und schaute auf das Dorf hinunter.

Es war fast dunkel, aber er konnte für sein Vorhaben gut genug sehen. In der Taverne waren Kerzen angezündet worden, aus dem Gebäude ertönte fröhlicher Gesang und lauter Scherz. Im Presidio brannten Kerzen, und aus einigen Häusern drang der Geruch von gekochtem Essen.

Zorro ritt weiter den Hügel hinunter. Als er den Rand des Platzes erreichte, gab er seinem Pferd die Sporen und preschte auf die Tür der Taverne zu, vor der sich ein halbes Dutzend Männer versammelt hatten, die meisten von ihnen betrunken.

»Wirt!«, rief er.

Keiner der Männer an der Tür schenkte ihm zuerst besondere Aufmerksamkeit, da sie ihn für einen Caballero hielten, der auf einer Reise war und sich erfrischen wollte. Der Wirt eilte hinaus, rieb seine dicken Hände aneinander und trat dicht an das Pferd heran. Dabei sah er, dass der Reiter maskiert und die Mündung einer Pistole auf ihn gerichtet war.

»Ist der Magistrado da drin?«, fragte Zorro.

»Ja, Señor!«

»Bleib, wo du bist, und richte ihm Folgendes aus. Sag, dass ein Caballero hier ist, der ihn in einer bestimmten Angelegenheit zu sprechen wünscht.«

Der erschrockene Wirt schrie nach dem Richter, und das Begehren wurde drinnen weitergegeben. In diesem Moment kam der Richter herausgetorkelt und rief mit lauter Stimme, wer ihn aus seiner angenehmen Beschäftigung gerissen habe.

Er taumelte zum Pferd, stützte sich mit einer Hand dagegen und blickte auf, um in zwei funkelnden Augen zu sehen, die ihn durch eine Maske betrachteten. Er öffnete den Mund, um zu schreien, aber Zorro warnte ihn noch rechtzeitig.

»Keinen Mucks oder du stirbst«, sagte er. »Ich bin gekommen, um dich zu bestrafen. Heute hast du einen gottesfürchtigen Mann verurteilt, der unschuldig war. Außerdem wusstest du von seiner Unschuld, und sein Prozess war nur eine Farce. Auf deinen Befehl hin erhielt er eine bestimmte Anzahl von Peitschenhieben. Du sollst die gleiche Strafe bekommen.«

»Sie wagen es …«

»Schweig!«, befahl der Wegelagerer. »Ihr da an der Tür – kommt auf meine Seite!«, rief er.

Sie drängten sich nach vorne, die meisten von ihnen Bauern, die dachten, hier sei ein Caballero, der etwas zu erledigen wünschte und dafür Gold hatte. In der Dämmerung sahen sie die Maske und die Pistole erst, als sie neben dem Pferd standen. Da war es zu spät, um sich zurückzuziehen.

»Wir werden diesen ungerechten Magistrado bestrafen«, sagte Señor Zorro zu ihnen. »Ihr fünf werdet ihn jetzt ergreifen und ihn zu dem Pfosten in der Mitte des Platzes führen. Dort werdet ihr ihn festbinden. Der erste Mann, der zögert, erhält eine Kugel Blei aus meiner Pistole, und meine Klinge wird sich um die anderen kümmern. Und ich wünsche auch schnelles Handeln.«

Der verängstigte Magistrado begann nun zu kreischen.

»Lacht so laut wie möglich, damit man seine Schreie nicht hört«, befahl der Wegelagerer. Und die Männer lachten, so laut sie konnten, aber ihr Lachen hatte eine ganz besondere Note.

Sie packten den Richter an den Armen, führten ihn zum Pfosten und banden ihn dort mit Stricken fest.

»Stellt euch in einer Reihe auf«, sagte Señor Zorro zu ihnen. »Ihr nehmt diese Peitsche, und jeder von euch wird diesen Mann fünfmal peitschen. Ich werde aufpassen, und wenn ich sehe, dass die Peitsche einmal zu leicht fällt, werde ich eine Strafe verhängen. Fangt an.«

Er warf die Peitsche dem ersten Mann zu, und die Züchtigung begann. Zorro hatte an der Art und Weise der Bestrafung nichts auszusetzen, denn in den Herzen der Leute herrschte große Furcht, und sie schlugen kräftig und bereitwillig zu.

»Du auch, Wirt«, rief Zorro.

»Er wird mich nachher dafür einlochen«, jammerte der Wirt.

»Möchtet Ihr lieber ins Gefängnis oder einen Sarg, Señor?«, fragte der Wegelagerer.

Es wurde offensichtlich, dass der Hausherr den Kerker bevorzugte. Er nahm die Peitsche in die Hand und übertraf die Bauern in der Stärke ihrer Hiebe.

Der Richter hing nun schwer an den Fesseln. Ungefähr mit dem fünfzehnten Schlag war er bewusstlos geworden, mehr durch Angst als durch Schmerz und Strafe.

»Bindet den Mann los«, befahl der Wegelagerer. Zwei Männer sprangen vor und taten, was er befahl. »Bringt ihn in sein Haus«, fuhr Señor Zorro fort. »Und sagt den Leuten im Pueblo, dass Zorro auf diese Weise diejenigen bestraft, die die Armen und Hilflosen unterdrücken, die ungerechte Urteile fällen und im Namen des Gesetzes stehlen. Geht Eurer Wege.«

Der Magistrado wurde stöhnend davongetragen, das Bewusstsein kehrte nun zu ihm zurück. Zorro wandte sich noch einmal an den Wirt.

»Wir werden zur Taverne zurückkehren«, sagte er. »Du wirst hineingehen und mir einen Becher Wein holen, und neben meinem Pferd stehen, während ich ihn trinke. Es wäre nur eine Verschwendung von Atem, wenn ich dir sagen würde, was mit dir passieren wird, wenn du unterwegs einen Verrat versuchst.«

Aber die Furcht vor dem Magistrado war im Herzen des Wirtes ebenso groß wie seine Furcht vor Zorro. Er ging neben dem Pferd des Wegelagerers zurück zur Taverne und hastete hinein, um den Wein zu holen. Aber er schlug Alarm.

»Zorro ist draußen«, zischte er zu den Tischnachbarn. »Er hat gerade den Magistrado grausam auspeitschen lassen und mich geschickt, um ihm einen Becher Wein zu holen.«

Dann ging er zum Weinfass und begann, das Getränk so langsam wie möglich zu zapfen.

In der Taverne herrschte plötzlich reger Betrieb. Ein halbes Dutzend Caballeros waren da, Männer, die dem Gouverneur gefolgt waren. Nun zogen sie ihre Klingen und begannen zur Tür zu schleichen. Einer von ihnen, der eine Pistole besaß und sie in seiner Schärpe hatte, zog diese hervor, sah, dass sie einsatzbereit war, und folgte ihnen nach. Zorro, der auf seinem Pferd etwa zwanzig Fuß von der Tür der Taverne entfernt saß, sah plötzlich ein Gedränge auf sich zu stürmen, sah das Licht von einem halben Dutzend Klingen aufblitzen, hörte den Schuss einer Pistole und eine Kugel an seinem Kopf vorbeipfeifen.

Der Wirt stand in der Tür und betete, dass der Wegelagerer gefangen genommen würde, denn dann könnte man ihm etwas Anerkennung zollen, und vielleicht würde der Magistrado ihn nicht dafür bestrafen, dass er die Peitsche gegen ihn angewandt hatte.

Zorro ließ sein Pferd hoch in die Luft steigen und schlug dann mit den Sporen auf das Tier ein. Das Tier sprang vorwärts, mitten in die Caballeros hinein und vertrieb sie.

Das war es, was Zorro wollte. Seine Klinge war schon aus der Scheide, sie fuhr in den Schwertarm eines Mannes, schwenkte herüber und verletzte einen anderen.

Er focht wie ein Wahnsinniger und trieb sein Pferd an, um seine Gegner auseinanderzuhalten, so dass immer nur einer an ihn herankommen konnte. Nun war die Luft von Schreien und Weinen erfüllt, Männer kamen aus den Häusern gestürmt, um die Ursache des Aufruhrs zu ergründen. Zorro wusste, dass einige von ihnen Pistolen hatten, und obwohl er keine Klinge fürchtete, war ihm klar, dass ein Mann in einiger Entfernung stehen und ihn mit einer Pistolenkugel niederstrecken konnte.

So ließ er sein Pferd wieder vorwärts stürmen. Bevor der dicke Wirt es merkte, war Zorro neben ihm, griff hinunter und packte ihn am Arm. Das Pferd sauste davon, der fette Wirt hinterher, schrie um Hilfe und flehte im selben Atemzug um Gnade. Señor Zorro ritt mit ihm zum Peitschenpfahl.

»Gib mir die Peitsche«, befahl er.

Der schreiende Wirt gehorchte und rief die Heiligen an, ihn zu beschützen. Dann ließ Señor Zorro ihn los und wickelte die Peitsche um dessen dicke Mitte. Als der Wirt zu fliehen versuchte, schlug er wieder und wieder zu. Einmal ließ er ihn los, um sich auf die zu stürzen, die Klingen hatten, und sie so zu verjagen, und dann war er wieder bei dem Wirt und setzte die Peitsche an.

»Du hast es mit Verrat versucht!«, rief er. »Hund von einem Dieb! Du würdest mir Männer auf den Hals hetzen, was? Ich werde dir dein zähes Fell abziehen …«

»Gnade!«, schrie der Wirt und fiel zu Boden.

Zorro hieb erneut nach ihm, was einen Schrei auslöste, der mehr als Blut war. Er wendete sein Pferd und stürzte sich auf den Nächstbesten seiner Feinde. Eine weitere Pistolenkugel pfiff an seinem Kopf vorbei, ein anderer Mann sprang mit bereitgelegter Klinge auf ihn zu. Señor Zorro durchbohrte den Mann sauber an der Schulter und gab seinem Pferd wieder die Sporen. Er galoppierte bis zum Peitschenpfahl, dort hielt er sein Pferd an und blickte ihnen einen Augenblick lang entgegen.

»Ihr seid nicht genug, um einen Kampf spannend zu machen, Señores!«, rief er.

Er streifte seinen Sombrero ab und verbeugte sich in höflichem Spott vor ihnen, dann wendete er wieder sein Pferd und galoppierte davon.

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