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Die Sternkammer – Band 3 – Kapitel 9

William Harrison Ainsworth
Die Sternkammer – Band 3
Ein historischer Roman
Christian Ernst Kollmann Verlag, Leipzig, 1854

Neuntes Kapitel

Prinz Karl

Es herrschte nun große Aufregung im Palast und der vorzüglichste Hof war mit Reitern angefüllt; einige von ihnen waren in Stahl gerüstet, ihre Rosse mit reichen Decken belegt, und alle von Pagen und Knappen in glänzenden Livreen begleitet. Außer diesen befanden sich dort Trompeter in roten Röcken auf schönen Pferden. Ihre Instrumente waren mit seidenen Fähnchen verziert, worauf man das königliche Wappen sehen konnte. Dann kamen die Paukenschläger und andere Musikanten, gleichfalls reich verziert und gut beritten. Denen folgten die verschiedenen Pagen, Diener und Beamten des Prinzen von Wales, um seinen Renner stehend, welcher mit Weiß und Gold geschmückt war.

Selbst unter diesem glänzenden und ritterlichen Gedränge wusste man Sir Jocelyn Mounchensey zu unterscheiden. Auf einem feurigen spanischen Ross sitzend, welches der Graf von Gondomar ihm geschenkt hatte, war er zum Turnier völlig gerüstet. Die Decken seines Rosses waren von schwarzem und weißem Samt mit Silber besetzt und die Federn auf seinem Helm von denselben Farben. Er unterhielt sich mit dem spanischen Gesandten, der gleich den Übrigen prächtig gekleidet war, wenn auch ohne Rüstung, und dem eine Schar von Dienern in Jacken und Beinkleidern von schwarzem Atlas, mit Silber besetzt, folgte.

Eine ungewöhnliche Bewegung verkündete die Annäherung einer Person von der äußersten Wichtigkeit.

Es wurde bald bekannt, dass es der Marquis von Buckingham sei. Seine Ankunft wurde durch ein lautes Blasen von sechs Trompetern angekündigt, die ihm voranritten. Ihre Pferde waren mit orangefarbigem Taft bedeckt, während sie selber lange Röcke von demselben Stoff trugen. Nach den Trompetern kamen vier Zeremonienmeister und vier Pagen in orangefarbigen Wämsern und Beinkleidern mit gelben Federn auf ihren Mützen. Dann folgten die Stallmeister in ihren kurzen Mänteln ohne Ärmel, die den Renner des Marquis führten, auf dem er in die Schranken reiten wollte. Es war eine schöne dunkelbraune Stute, mit einer Decke von grünem Samt, mit Perlen übersät und mit Gold besetzt. Dann kam Buckingham selber in einer prächtigen Waffenrüstung mit Gold ausgelegt und damasziert, und mit orangenfarbigem Federbusch auf seinem Helm. So geschmückt, kann man sich keine edlere oder ritterlichere Figur denken, wie er darstellte. Obwohl völlig in Stahl gehüllt, schien seine schöne Gestalt nichts von der Freiheit seiner Bewegung verloren zu haben. Er trug sich mit so viel Anmut und Gewandtheit, als wäre er in seine gewohnte Kleidung von Seide und Samt gewandet. Für den Augenblick ritt er einen Rotfuchs, der zu mutig war, um sich in den Schranken auf ihn verlassen zu können, der aber nun durch sein Feuer und seinen Ungestüm die vollkommene Reitkunst seines Herrn aufs Vorteilhafteste zeigte. Buckingham war von dreißig Knappen, wie die Pagen gekleidet, und von zwanzig Herren in kurzen Mänteln und venezianischen Beinkleidern begleitet. Er begrüßte seinen Gegner und den spanischen Gesandten höflich, ritt dann weiter und nahm eine Stellung neben dem Herzog von Lennox ein, der beritten und völlig equipiert war und mit seinen fünf Begleitern die Ankunft des Prinzen Karl erwartete.

Der Herzog von Lennox trug eine prächtige Rüstung, teils blau, teils vergoldet, teils graviert, sein Renner war mit Goldstoff mit Perlen gestickt, belegt. Außerdem hatte er vier übrige Pferde, die ebenso prächtige und kostbare Decken trugen und von seinen Pagen geführt wurden. Diese Pagen trugen Röcke und venezianische Beinkleider von Silberstoff mit goldenen Tressen, Mützen mit goldenen Bändern und weißen Federn. Ihre Füße waren mit weißen Stiefelchen bekleidet. Sein Gefolge bestand aus vierzig Herren und Knappen sowie vier Trompetern. Seine Begleiter waren alle glänzend gerüstet und ritten reich verzierte Pferde. Die bemerkenswerteste Gestalt unter ihnen aber war die des Sir Giles Mompesson. Er erregte Aufmerksamkeit durch den Umstand, dass seine Rüstung, sein Pferd, die Decken, Federn und alles völlig schwarz waren.

In diesem Augenblick näherte sich Sir Jocelyn ein Page in des Prinzen Livree von Weiß und Gold und benachrichtigt ihn, dass Seine Hoheit mit ihm zu sprechen wünsche, ehe er den Turnierplatz betrete. Als der junge Ritter die Aufforderung erhielt, verließ er Gondomar sogleich, folgte dem Pagen bis zu der Tür, die zu den Prunkgemächern führte, stieg vor den Stufen ab und überließ sein Pferd seinem jugendlichen Begleiter.

Als er in den Vorsaal trat, fand er eine große Gesellschaft versammelt, die aus einigen der schönsten Damen des Hofes und mehreren edlen Herren bestand, die bei dem bevorstehenden Turnier nur als Zuschauer zugegen sein wollten. Die meisten von ihnen waren Sir Jocelyn bekannt. Sie umringten ihn lebhaft, denn sie fürchteten, es möchte etwas geschehen sein, um die Lustbarkeiten des Tages zu verhindern. Der junge Ritter beseitigte ihre Furcht. Nachdem er den aufregenden Einfluss erfahren hatte, den das Lächeln der Schönen beständig hervorbringt, begann er die große Treppe hinaufzusteigen und hatte beinahe die obere Tür erreicht, die mit der steinernen Galerie in Verbindung stand, als dieselbe von einem Türsteher geöffnet wurde und Prinz Karl heraustrat.

Das edle Gesicht des Prinzen Karl trugt denselben Ernst und denselben Anflug von Schwermut, wodurch sich seine Züge während seines Lebens auszeichneten, die aber stärker wurden, als Missgeschick auf ihn fiel. Aber da diese dunklen Tage nun noch nicht zu erkennen waren, da alles um ihn her glänzend und voll der angenehmsten Verheißung schien, verlieh diese prophetische Schwermut seinen schönen Zügen ein höheres Interesse. Er trug eine schwarze Rüstung von vortrefflicher Arbeit. Es fehlte ihm nur der Helm, den ihm ein Page nachtrug. Als er Sir Jocelyn erblickte, blieb er stehen und winkte seinen Begleitern, zurückzutreten.

»Ich habe Euch rufen lassen«, sagte er, »um zu hören, ob es wahr ist, dass Sir Giles Mompesson sich unter der Partei des Herzogs von Lennox befindet.«

»Es ist vollkommen wahr, Eure Hoheit«, versetzte Sir Jocelyn, »er befindet sich jetzt auf dem Hofplatz.«

Ein Schatten des Missfallens verbreitete sich über das edle Gesicht des Prinzen und seine Stirn verdunkelte sich.

»Es ist mir leid, dies zu hören. Wenn ich den König, meinen Vater, nicht schwer dadurch beleidigen müsste, würde ich ihm verbieten, am Turnier teilzunehmen«, rief er. »Sir Giles verdient eher, der Ritterwürde entsetzt zu werden, als sich der ehrenvollen Vorrechte derselben zu erfreuen.«

»Wenn Eure Hoheit dem König diese Ansicht mitteilen, wird derselbe ohne Zweifel die unmittelbare Entfernung des Sir Giles aus den Schranken anbefehlen«, sagte Sir Jocelyn. »Gewiss ist er unwürdig, dieselben zu betreten.«

»Nicht so«, versetzte der Prinz. »Ich habe Seiner Majestät die Sache bereits vorgestellt, in der Hoffnung, dass meine Einwendungen würden beachtet werden. Aber ich finde, dass sie unbeachtet geblieben sind. Buckingham scheint mehr Einfluss zu haben als ich. Doch die Frechheit und Anmaßung dieses bekannten Erpressers sollte nicht unbestraft bleiben.«

»Das sollen sie nicht, Eure Hoheit«, versetzte Sir Jocelyn. »Ich will so mit ihm verfahren, dass er gewiss nicht wagen wird, sich wieder im Bereich des Palastes zu zeigen.«

»Handelt nicht zu rasch«, sagte der Prinz. »Ihr dürft nicht vergessen, dass Ihr dadurch dem König missfallen und Euch Buckinghams Feindschaft zuziehen könnt.«

»Da kann ich nicht helfen«, entgegnete Sir Jocelyn. »Ich werde ihn beleidigen, wenn er mir in den Weg kommt.«

»Ich kann Euch nicht tadeln«, sagte der Prinz. »In Eurer Lage würde ich dasselbe tun, und ich werde nur durch das Verbot des Königs zurückgehalten, seine augenblickliche Entfernung anzubefehlen. Aber ich muss zum Turnierplatz. Wir werden uns wieder treffen.«

Hierauf stieg er die Treppe hinunter. Sobald seine Begleitung von Pagen und Knappen vorüber war, folgte Sir Jocelyn, drängte sich durch den noch angefüllten Vorsaal, erreichte die Tür und schwang sich auf den Rücken seines Pferdes.

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