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Der Welt-Detektiv Band 6

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Nick Carter – Inez Navarro, der weibliche Dämon – Kapitel 8

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Inez Navarro, der weibliche Dämon
Ein Detektivroman

Patsy in der Falle

Höchlichst überraschte es den Detektiv, die Stimme von Inez Navarro zu vernehmen, denn er hatte geglaubt, dass zwei Männer sich im Zimmer befanden. Augenblicklich schloss er daraus, dass sie es gewesen war, welche sich außerhalb des Hauses befunden und Einlass in dieses begehrt hatte.

Nun glaubte er sich auch Patsys Abwesenheit von seinem zugewiesenen Posten erklären zu können.

»Well, zum zweiten Mal konnte auch all ihre Schlauheit Patsy nicht zum Narren halten. Er hat sie sicherlich auch in ihrer männlichen Verkleidung erkannt und ist ihr gefolgt. Well, Tagesanbruch ist nicht mehr fern – und dann wird Ten Itchi ihn ablösen!«

Vorsichtig spähte er wieder um sich. Er war längst zu der Überzeugung gekommen, dass er sich so leicht kein vortrefflicheres Versteck hätte auswählen können.

Die ihn verbergende Chaiselongue stand in der Nähe eines Marmorkamins. Dieser sowie auch die anstoßende Wandfläche zu beiden Seiten waren mit einer Portiere aus schwerem weißen Tuch bedeckt, welche der Zimmerwand ein eigentümliches Gepräge verlieh und zumindest unschön war, diente sie nicht irgendeinem besonderen Zweck. Jedenfalls hatte sie für Nick den Vorteil, dass er Gesicht und Schultern in deren Falten verstecken und auf diese Weise die Vorgänge im Zimmer auf das Genaueste und ohne Gefahr, selbst entdeckt werden zu können, zu beobachten vermochte.

Man möchte beinahe meinen, die Portiere soll eine Tür verbergen, dachte der Detektiv. Es sollte mich schließlich nicht wundern – freilich müsste die Tür dann ins Nachbarhaus führen, denn das Gebäude hier ist nur zwei Fenster breit, und so viele befinden sich hier im Zimmer. Hm, man kann bei diesem Carruthers und seinem Anhang auf jede Überraschung gefasst sein. Doch wir werden ja sehen!

Von den beiden im Zimmer befindlichen Personen vermochte der hinter der Chaiselongue Liegende nur die Füße zu erkennen; das eine Paar so zierlich und fein, als gehörte es einer Elfe an, das andere dagegen steckte in derben Männerstiefeln und erinnerte eher an einen sechs Fuß hohen Mann.

Eben waren die kleinen und die großen Füße zur Ausgangstür unterwegs.

»Warten Sie«, ließ sich die tiefe Männerstimme wieder hören. »Bleiben Sie hier, ich will hinuntergehen und nachschauen!«

»Unsinn!«, widersprach Inez hochmütig. »Bildest du dir vielleicht ein, ich fürchte mich vor diesem Nick Carter oder sonst jemandem auf der Welt?« Sie lachte hell auf.

»Nein, das weiß ich nur zu gut … ich meinte nur, Sie sollen sich nicht in Gefahr …«

»Unsinn!«, rief Inez von Neuem ungeduldig. »Bleib, wo du bist, bis ich zurückkomme!«

Damit begab sie sich aus der Tür. Sie musste einen elektrischen Wandknopf oder dergleichen berührt haben, denn von seinem Versteck aus konnte Nick Carter deutlich wahrnehmen, wie es draußen im Korridor und im Treppenhaus taghell wurde.

»Es ist wirklich ein glücklicher Zufall, dass sie das nicht schon vorhin getan hat«, schoss es dem Detektiv durch den Kopf. »Dann wären wir allerdings sehr nahe beieinander gewesen. Hm, es ist besser so. Ich mache mir nichts aus einer derartigen unverhofften Begegnung!«

Vielleicht drei Minuten verstrichen, dann kehrte Inez Navarro ins Zimmer zurück.

»Wer immer sich eingeschlichen haben mag, er weilt bestimmt noch im Haus«, versetzte sie schon während des Eintretens. »Er hat die beiden Türen nur angelehnt, um den Anschein zu erwecken, als wäre er gegangen. Well, ich habe beide Türen mit dem Geheimverschluss gesperrt. Auf diesem Weg verlässt nunmehr niemand ohne unsere Einwilligung das Haus, Pancho!« Sie lachte wieder.

»Sie werden es sehen, es ist niemand weiter als Nick Carter – kein anderer wäre so dreist.«

»Da hast du recht, Pancho – wir können auch sagen, kein anderer Detektiv wäre scharfsinnig genug gewesen, sich entdeckt zu wissen, obwohl du doch deinen Überrock an seinen Platz hingest und dadurch seine Füße völlig verdecktest.«

Holla!, dachte Nick lächelnd. So war es also doch dieser Pancho, der draußen war!

»Caramba!«, murmelte der Mann. »Ich wollte, Sie oder ich hätten ihm eine Kugel durchs Hirn gejagt, als er vorhin so unter dem Rock halb verborgen stand. Ich hätte es gewiss getan, hätten Sie mir nicht die Hand gehalten und Schweigen geboten.«

»Still mit deinem nutzlosen Geschwätz!«, unterbrach ihn Inez hochmütig. »Jetzt wünschte ich auch, ich hätte dich gewähren lassen – doch nun ist es zu spät. Ich glaubte auch nicht, dass es Carter sein konnte. Mich schreckte nur der Gedanke an den durch den Schuss verursachten Lärm; und dann ist es so schwer, sich in dieser Straße einer Leiche zu entledigen.«

»Pah, es hätte mir ein ganz außerordentliches Vergnügen bereitet, diesem Carter in irgendeiner Heringstonne ein seiner würdiges Begräbnis zu veranstalten!«, knurrte Pancho, und Inez lachte dazu.

»Wer weiß, vielleicht wirst du doch nicht um das Vergnügen kommen, Pancho«, sagte sie mit ihrer so süß und weich klingenden Stimme.

»Well, haben Sie den elektrischen Strom eingeschaltet, Inez?«

»Aber selbstverständlich, Pancho, im ganzen Haus!«

Nun lachte der Mann.

»Das ist großartig, dann brauchen wir nur stillzusitzen und zu warten, bis der Gimpel mit einem der verborgenen Drähte in Verbindung kommt und unter der Einwirkung des elektrischen Schlages zu jammern beginnt.«

»Pass nur auf!«, flüsterte der schöne Dämon. »Ich werde jetzt die Tür geräuschvoll schließen und die Lichter verlöschen. Dann öffne ich sie unhörbar wieder, und wir warten hier im Dunkeln. Der eingedrungene Spürhund wird annehmen, wir seien wieder zu Bett gegangen. Er wird noch ein Viertelstündchen warten und dann mit seinen Nachforschungen beginnen. Wir brauchen nicht lange zu lauern, denn zumal im Dunkeln kann er hier im Haus nicht lange herumhantieren, ohne mit den geladenen Drähten in Konflikt zu kommen.«

Gleich darauf wurde es wieder finster im Zimmer. Die Tür wurde fest ins Schloss gedrückt und zugeschlossen, doch nur, um im gleichen Moment wieder geöffnet zu werden. Dann trat tiefe Stille ein.

Es sind doch wahre Teufel!, dachte der versteckte Nick ingrimmig. Da haben sie Drähte in die Treppengeländer und wohl auch in die Türklinken und dergleichen gelegt, wo immer sich Metall befindet, das leicht angefasst werden kann, und diese mit der elektrischen Leitung verbunden. Das mag recht unangenehm sein, greift man aus Versehen auf solch ein Ding.

Endlos schlichen die Minuten dahin. Vielleicht eine Viertelstunde verstrich, ohne dass im Haus das geringste Geräusch laut wurde. Doch die beiden im Zimmer harrenden Personen hatten es offenbar gelernt, sich ebenfalls in Geduld zu schicken, wie dies Nick Carter zu tun vermochte.

Dann plötzlich, als wiederum fünf Minuten mit bleierner Schwere verstrichen waren, hörte man im Flur einen halb erstickten Schrei, gefolgt von einem dumpfen Laut, der einem unterdrückten Fluch, von qualvollem Stöhnen begleitet, ähnlich klang.

Niemand war überraschter als Nick Carter, denn natürlich hatte dieser angenommen, dass die Vorbereitungen des verbrecherischen Paares einzig und allein ihm selbst gelten sollten – und nun hatte sich noch ein nächtlicher Eindringling gefunden, welcher den Verbrechern ins Garn gegangen war!

Inez war aufgesprungen, und im nächsten Moment hatte sie auch schon die Glühlampen des Kronleuchters entzündet. Dann huschte sie zu der Ausgangstür. Wieder ein Druck auf den elektrischen Leitungsknopf, und von Neuem schwammen Korridore und Treppenhaus in einer Überfülle von blendendem Licht.

»Schießen Sie ihn nieder, lassen Sie sich auf nichts ein!«, rief Pancho hinter der jugendlichen Hausherrin her, indem er dieser langsam folgte.

Die Spannung des Detektivs hatte ihren Höhepunkt erreicht. Er musste sehen, was sich nun begab, selbst auf die Gefahr hin, dabei von den beiden entdeckt zu werden. So hob er seinen Kopf über das Polster der Chaiselongue und starrte durch die Tür.

Er brauchte keine Entdeckung zu fürchten. Er sah, wie Pancho mit schussbereiter Waffe nach einem Gegner unten im Treppenhaus zu zielen schien, bis ihm Inez die Waffe mit den ärgerlichen Worten aus den Händen schlug.

»Du Narr, siehst du nicht, dass es keineswegs Nick Carter, sondern nur sein junger Gehilfe ist. Der Jüngling, der mich beschatten wollte!«

Damit beugte sie sich auch schon über das Treppengeländer und rief unter fortwährendem schadenfrohem Kichern: »Ach, mein armes kleines Häschen – wie du mich dauerst! Das tut hoffentlich nicht gar zu sehr weh – oder schmerzt es? Gelt, wenn mein kleines Bübchen nach Hause kommt, dann sagt es alles seiner Mama – und die tut ihm ein bisschen Salbe darauf!«

»Hol euch der Teufel!«, stöhnte Patsy. »Stellt den Strom ab!«

»Pst, pst! Mein Bübchen, hübsch artig sein und ja nicht fluchen!«, mahnte der schöne Dämon, indem er wieder sein herzloses Lachen hören ließ. Dann wendete sie sich an ihren Gefährten. »Hinunter mit dir, Pancho – pack ihn und bring ihn herauf. Wir wollen ihn hier im Zimmer ausfragen. Ich verspreche mir davon etwas Kurzweil. Den Strom werde ich abdrehen, sobald du nahe genug bei ihm bist, um ihn zu greifen. Doch sieh dich vor, soweit ich ihn kennen gelernt habe, ist er eine kleine Giftschlange, lass dich nicht stechen!«

»Ich will ihm die Giftzähne schon ausreißen!«, vermaß sich Pancho grimmig, indem er sich der Treppe näherte.

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