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Die drei Musketiere – Zwanzig Jahre danach – Kapitel XIII

Alexandre Dumas
Zwanzig Jahre danach
Erstes bis drittes Bändchen
Fortsetzung der drei Musketiere
Nach dem Französischen von August Zoller
Verlag der Frankh’schen Buchhandlung. Stuttgart. 1845.

XIII. Wie d’Artagnan, als er Portos wiedersah, wahrnahm, dass das Vermögen nicht immer glücklich macht.

D’Artagnan ritt durch das Gitter und befand sich vor dem Schloss. Er sprang zu Boden, als eine Art von Riesen auf der Freitreppe erschien. Um d’Artagnan Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. müssen wir mitteilen, dass ihm, jede Selbstsucht beiseite gesetzt, bei dem Anblick dieser hohen Gestalt und des martialischen Gesichtes. wodurch er an einen braven, guten Mann erinnert wurde, das Herz gewaltig schlug.

Er lief auf Porthos zu und stürzte sich in seine Arme. In einem Kreis von ehrerbietiger Entfernung schaute das ganze Gesinde mit demütiger Neugierde zu. Mousqueton trocknete sich in der ersten Reihe die Augen. Der arme Junge hörte nicht auf zu weinen, seitdem er d’Artagnan und Planchet wiedererkannt hatte.

Porthos nahm seinen Freund beim Arm.

»Ah! Welche Freude, Euch wiederzusehen, lieber d’Artagnan!«, rief er mit einer Stimme, welche sich von Bariton in Bass verwandelt hatte. »Ihr habt mich also nicht vergessen?«

»Euch vergessen! Ah, lieber du Vallon, vergisst man die schönsten Tage seiner Jugend, seine ergebensten Freunde und die gemeinschaftlich bestandenen Gefahren. Während ich Euch wiedersehe, gibt es keinen Augenblick unserer alten Freundschaft, der sich nicht vor meinen Geist stellte.«

»Ja, ja«, sprach Porthos und versuchte es, seinem Schnurrbart die kokette Biegung zu geben, die er in der Einsamkeit verloren hatte. »Ja, wir haben unserer Zeit schöne Dinge gemacht und dem Kardinal Faden aufzudrehen gegeben.«

Er stieß einen Seufzer aus. d’Artagnan schaute ihn an.

»In jedem Fall«, fuhr Porthos mit betrübtem Ton fort, »seid mir willkommen, mein Freund. Ihr werdet mir helfen, die Freude wiederzufinden. Wir jagen morgen den Hasen in meinen schönen Feldern oder das Reh in meinen herrlichen Waldungen. Ich besitze vier Windhunde, welche für die leichtesten der Provinz gelten, und eine Meute, die ihresgleichen auf zwanzig Meilen in der Runde nicht hat.«

Porthos stieß einen zweiten Seufzer aus.

»Oh! oh«, sagte d’Artagnan ganz leise zu sich selbst, »sollte mein Bruder minder glücklich sein, als es den Anschein hat.« Dann fügte er laut bei: »Vor allem werdet Ihr mich Madame du Vallon vorstellen, denn ich erinnere mich eines gewissen sehr verbindlichen Einladungsschreibens von Eurer Hand, dem sie unten einige Zeilen beizufügen die Güte hatte.«

Dritter Seufzer von Porthos.

»Ich habe Madame du Vallon vor zwei Jahren verloren«, sprach er, »worüber ich noch ganz betrübt bin. Deshalb verließ ich mein Schloss du Vallon bei Corbeil, um auf dem Gut Bracieux zu wohnen, eine Veränderung, welche mich veranlasste, dieses Gut hier zu kaufen. Arme Madame du Vallon!«, fuhr Porthos mit einer kläglichen Grimasse fort. »Es war keine Frau von gleichmäßigem Charakter, aber sie hatte sich endlich an meine Art und Weise gewöhnt und sich in meinen Willen gefügt.«

»Ihr seid also reich und frei?«, sprach d’Artagnan.

»Ach!«, erwiderte Porthos, »ich bin Witwer und habe vierzigtausend Livres Renten. Wollen wir frühstücken?«

»Ich will sehr«, sagte d’Artagnan, »die Morgenluft hat mir Appetit gemacht.«

»Ja«, versetzte Porthos, »meine Luft ist vortrefflich.«

Sie traten in das Schloss. Es war nichts als Gold von oben bis unten. Die Karniese waren vergoldet, die Gesimse waren vergoldet, die Gestelle der Lehnstühle waren vergoldet.

Die Tafel war mit allem, was man sich wünschen mochte, bedeckt.

»Ihr seht«, sagte Porthos, »das ist mein Gewöhnliches.«

»Pest!«, sprach d’Artagnan, »ich mache Euch mein Kompliment. Der König hat nichts Ähnliches.«

»Ja«, erwiderte Porthos, »ich habe sagen hören, er werde von Monsieur von Mazarin sehr schlecht genährt. Kostet dieses Rippchen, mein lieber d’Artagnan, es ist von meinen Schöpfen.«

»Ihr habt zarte Schöpfen«, sagte d’Artagnan, »und ich beglückwünsche Euch dazu.«

»Ja, man weidet sie auf meinen Wiesen, welche vortrefflich sind.«

»Gebt mir noch mehr davon.«

»Nein, nehmt lieber von diesem Hasen, den ich gestern in einem von meinen Gehegen erlegt habe.«

»Ah, den Teufel, welch ein Geschmack! Es scheint, Ihr füttert Eure Hasen nur mit Quendel.«

»Und was denkt Ihr von meinem Wein?«, fragte Porthos. »Nicht wahr, er ist angenehm?«

»Er ist köstlich.«

»Es ist Wein aus der Gegend.«

»Wirklich?«

»Ja, ein kleiner Weingarten gegen Süden, da unten auf meinem Berg. Er trägt zwanzig Tonnen.«

»Das ist ja eine wahre Weinlese.«

Porthos stieß einen fünften Seufzer aus. D’Artagnan hatte die Seufzer von Porthos gezählt.

»Mein Freund«, sagte er, begierig, das Rätsel zu ergründen, »man sollte glauben, es betrübe Euch etwas. Solltet Ihr leidend sein? … Ist diese Gesundheit …«

»Vortrefflich, besser als je. Ich würde einen Ochsen mit einem Faustschlag töten.«

»Familienkummer also?«

»Familienkummer? Zum Glück habe ich nur mich auf dieser Welt.«

»Was macht Euch denn seufzen?«

»Mein Lieber«, sagte Porthos, »ich werde offenherzig gegen Euch sein, ich bin nicht glücklich.«

»Ihr nicht glücklich, Porthos? Ihr, der Ihr ein Schloss, Wiesengründe, Berge, Wälder besitzt; Ihr, der Ihr vierzigtausend Livres Renten habt, Ihr seid nicht glücklich?«

»Mein Lieber, ich habe alles dies, es ist wahr, aber ich bin allein mitten unter diesen Dingen.«

»Ah, ich begreife, Ihr seid von Schluckern umgeben, die Ihr nicht ansehen könnt, ohne dass es Euch graut.«

Porthos erbleichte leicht und leerte ein ungeheures Glas von seinem eigenen Weinberg. »Nein«, sagte er, »im Gegenteil; denkt Euch, es sind Dorfjunker, welche alle Grund und Boden zu besitzen, und von Pharamond, Karl dem Großen oder wenigstens Hugo Capet abzustammen behaupten. Am Anfang war ich der zuletzt Gekommene und musste mich folglich ihnen nähern. Ich tat es, aber Ihr wisst, Madame du Vallon …«

Als Porthos diese Worte sprach, schien er mit Mühe seinen Speichel zu verschlucken.«

»… Madame du Vallon«, fuhr er fort, »war von zweifelhaftem Adel. Sie hatte in erster Ehe – ich glaube Euch nichts Neues mitzuteilen, d’Artagnan – einen Prokurator geheiratet. Sie fanden das ekelhaft. Sie haben ekelhaft gesagt. Ihr begreift, das war ein Wort, um dreißigtausend Mann umbringen zu können. Ich habe zwei getötet. Das bewog die anderen, zu schweigen. Ich wurde dadurch aber nicht ihr Freund. Auf diese Weise habe ich keine Gesellschaft mehr, ich lebe allein, ich langweile mich, ich kümmere mich ab.«

D’Artagnan lächelte. er sah den Fehler am Kürass und schickte sich zum Stoß an.

»Nun aber«, sagte er, »seid Ihr für Euch allein und Eure Frau kann Euch nicht mehr Eintrag tun.«

»Ja, aber Ihr begreift, da ich nicht von geschichtlichem Adel bin, wie die Coucy, welche sich damit begnügen, Sires zu sein, und die Rohan, die keine Herzöge sein wollten, so haben alle diese Leute, welche Vicomtes oder Grafen sind, den Vortritt vor mir in der Kirche, bei öffentlichen Feierlichkeiten überall, und ich kann nichts dagegen sagen. Wäre ich nur …«

»Baron, nicht wahr?«, sprach d’Artagnan, den Satz seines Freundes vollendend.

»Ah!«, rief Porthos, dessen Züge sich ausdehnten, »ah, wenn ich Baron wäre!«

Gut!, dachte d’Artagnan, es wird mir gelingen. Dann fügte er laut bei: »Wohl, mein lieber Freund, Ihr wünscht, ich möchte Euch heute diesen Titel bringen?«

Porthos machte einen Sprung, der den ganzen Saal erschütterte. Mehrere Flaschen verloren das Gleichgewicht, fielen auf den Boden und zerbrachen. Mousqueton lief bei dem Geräusch herbei, und man erblickte in der Perspektive Planchet mit vollem Mund und die Serviette in der Hand.

»Monseigneur ruft mich?«, fragte Mousqueton.

Porthos machte ein Zeichen mit der Hand und Mousqueton sammelte die Scherben von den Flaschen auf.

»Ich sehe mit Vergnügen«, sagte d’Artagnan, »dass Ihr diesen braven Burschen immer noch bei Euch habt.«

»Er ist mein Intendant«, erwiderte Porthos, dann die Achseln zuckend: »Der Junge hat seine Geschäfte gemacht, man sieht es wohl, aber«, fuhr er leise fort, »er ist sehr anhänglich an mich und würde mich um keinen Preis der Welt verlassen.«

Und er nennt ihn Monseigneur, dachte d’Artagnan.

»Tretet ab, Mouston«, sagte Porthos.

»Ihr nennt ihn Mouston? Ah, ja, zur Abkürzung: Mousqueton war zu lang zum Aussprechen.«

»Allerdings«, sagte Porthos, und dann roch das auf eine Meile nach dem Quartiermeister. »Aber wir sprachen von Geschäften, als dieser Bursche eintrat …«

»Ja«, erwiderte d’Artagnan, verschieben wir jedoch dieses Gespräch auf später. Eure Leute könnten etwas argwöhnen. Es gibt vielleicht Spione in der Gegend. Ihr erratet, Porthos, es handelt sich um sehr wichtige Dinge.«

»Den Teufel«, rief Porthos. »Nun, so wollen wir zur Verdauung in meinem Park spazieren gehen.«

»Sehr gerne.«

Als beide hinreichend gefrühstückt hatten, machten sie einen Gang in einen herrlichen Garten. Alleen von Kastanienbäumen und Linden schlossen einen Raum von wenigstens dreißig Morgen ein. Um die dicht verwachsenen Büschen sah man Kaninchen laufen, welche von Zeit zu Zeit spielend unter dem hohen Gras verschwanden.

»Meiner Treu«, rief d’Artagnan, »der Pack entspricht allem Übrigen und wenn es so viele Fische in Eurem Teich, wie Kaninchen in Euren Gehegen gibt, so seid Ihr ein glücklicher Mann, mein lieber Porthos, vorausgesetzt, Ihr habt den Geschmack für die Jagd bewahrt und den für die Fischerei erhalten.«

»Mein Freund«, erwiderte Porthos, »ich überlasse die Fischerei Mousqueton. Das ist ein Vergnügen für gemeine Leute. Aber ich jage zuweilen, das heißt, wenn ich mich langweile, setze ich mich auf eine von diesen Marmorbänken, lasse mir meine Flinte bringen, Gredinet, meinen Lieblingshund, herbeiführen und schieße Kaninchen.«

»Das ist sehr unterhaltend«, sprach d’Artagnan.

»Ja«, antwortete Porthos mit einem Seufzer, »das ist sehr unterhaltend.«

D’Artagnan zählte die Seufzer nicht mehr.

»Dann sucht Gredinet die Kaninchen«, fügte Porthos bei, »und bringt sie dem Koch; er ist dazu dressiert.«

»Ach, das vortreffliche Tier!«, rief d’Artagnan.«

»Lassen wir Gredinet«, versetzte Porthos, »ich schenke ihn Euch, wenn Ihr ihn haben wollt, denn ich werde desselben überdrüssig, und kehren wir zu unserer Angelegenheit zurück.«

»Mit Vergnügen«, sprach d’Artagnan. »Nur sage ich Euch, lieber Freund, damit Ihr nicht behauptet, ich habe Euch als Verräter überfallen. Ihr müsst Euer Leben völlig verändern.«

»Wieso?«

»Ihr müsst den Harnisch wieder nehmen, den Degen umschnallen, Abenteuer nachlaufen, etwas Fleisch auf den Straßen lassen, wie in vergangenen Zeiten. Ihr kennt unsere Art und Weise von ehemals.«

»Ah, Teufel!«, rief Porthos.

»Ja«, ich begreife, Ihr seid verweichlicht, Ihr habt Bauch bekommen und die Faust hat nicht mehr die Elastizität, von der die Leibwachen des Monsieur Kardinals so viele Proben erhielten.«

»Ah! Die Faust ist noch gut, das schwöre ich Euch«, erwiderte Porthos und streckte eine Hand aus, ähnlich einem Hammelbug.

»Desto besser.«

»Wir sollen also Krieg machen?«

»Ei, mein Gott, ja.«

»Und gegen wen?«

»Seid Ihr der Politik gefolgt, mein Freund?«

»Ich? Nicht im Geringsten.«

»Seid Ihr für Mazarin oder für die Prinzen?«

»Ich? Ich bin für niemand.«

»Das heißt, Ihr seid für uns. Desto besser, Porthos, das ist die schönste Lage, um seine Geschäfte zu machen. Wohl, mein Lieber, ich sage Euch, dass ich im Auftrag des Kardinals komme.«

Dieses Wort machte eine Wirkung auf Porthos, als ob man im Jahre 1640 gewesen wäre und es sich um den wahren Kardinal gehandelt hätte.

»Oh, oh!«, rief er, »was will Seine Eminenz von mir?«

»Seine Eminenz will Euch in seinen Diensten haben.«

»Und wer hat von mir bei Seiner Eminenz gesprochen?«

»Rochefort, Ihr erinnert Euch.«

»Ja, bei Gott, derjenige, welcher uns in der Zeit so viel Ärger bereitet hat und uns so oft auf den Straßen umherlaufen machte, derselbe, dem Ihr nach und nach drei Degenstiche beigebracht habt, die er übrigens nicht gestohlen hat.«

»Ihr wisst, dass er unser Freund geworden ist?«, sagte d’Artagnan.

»Nein, ich wusste es nicht. Ah, er hat keinen Groll mehr.«

»Ihr täuscht Euch, Porthos«, versetzte d’Artagnan, »ich habe keinen mehr.«

Porthos begriff nicht ganz, aber man erinnert sich, das Begreifen war nicht seine Stärke.

»Ihr sagt also, der Graf von Rochefort habe von mir mit dem Kardinal gesprochen?«

»Ja, und dann die Königin.«

»Wie, die Königin?«

»Um uns Vertrauen einzuflößen, gab sie ihm den bekannten Diamant, den ich, wie Ihr wisst, an Monsieur des Essarts verkauft hatte, und der, ich weiß nicht wie, wieder in ihren Besitz gelangt ist.«

»Aber mir scheint«, sprach Porthos mit seinem plumpen Menschenverstand, »sie hätte besser daran getan, Euch denselben wieder zu geben.«

»Das ist auch meine Meinung«, erwiderte d’Artagnan, »doch was wollt Ihr, die Könige und die Königinnen haben sonderbare Launen. Da sie es aber im Ganzen sind, welche Reichtümer und Ehrenstellen in den Händen haben, Geld und Titel verteilen, so ist man ihnen ergeben.«

»Ja, man ist ihnen ergeben«, sagte Porthos. »Ihr seid also ergeben in diesem Augenblick …?«

»Dem König, der Königin und dem Kardinal und habe mich überdies für Eure Ergebenheit verbürgt.«

»Und Ihr sagt, Ihr habt gewisse Bedingungen für mich gemacht?«

»Herrliche, mein Lieber, herrliche, Ihr habt Geld, nicht wahr? Vierzigtausend Livres Renten, wie Ihr sagt.«

Porthos wurde misstrauisch. »Ei, mein Gott«, versetzte er, »man besitzt nie genug Geld. Madame du Vallon hat eine etwas verwickelte Erbschaft hinterlassen. Ich bin kein großer Schreiber und lebe somit gewissermaßen von einem Tag in den anderen.«

Er fürchtet, ich sei gekommen, Geld von ihm zu entlehnen, dachte d’Artagnan. »Ah, mein Freund«, sagte er laut, »desto besser, wenn Ihr beengt seid.«

»Wie, desto besser?«, fragte Porthos.

»Ja, Seine Eminenz gibt alles, was man will, Güter, Geld, Titel.«

»Ah, ah, ah!«, rief Porthos, die Augen bei dem letzten Wort weit aufsperrend.

»Unter dem vorigen Kardinal«, fuhr d’Artagnan fort, »verstanden wir nicht, das Glück zu benutzen. Ich sage das nicht Euretwegen, der Ihr Eure vierzigtausend Livres Renten habt und der glücklichste Mensch der Welt zu sein scheint.«

Porthos seufzte.

»Demnach«, sprach d’Artagnan, »trotz Eurer vierzigtausend Livres Renten und vielleicht gerade wegen Eurer vierzigtausend Livres Renten scheint es mir, als ob sich eine kleine Krone gar nicht übel auf Eurer Karosse machen würde. Wie?«

»Allerdings«, antwortete Porthos.

»Nun wohl, mein Lieber, gewinnt sie, sie hängt an Eurer Degenspitze. Wir werden uns nicht schaden. Euer Ziel ist ein Titel, mein Ziel ist Geld. Wenn ich hinreichend gewinne, um d’Artagnan wieder aufzubauen, das meine durch die Kreuzzüge verarmten Voreltern seit jener Zeit in Trümmer zerfallen ließen, und um etliche dreißig Morgen Landes umher zu kaufen, so brauche ich nicht mehr. Ich ziehe mich zurück und sterbe in Ruhe.«

»Und ich«, sprach Porthos, »ich will Baron sein.«

»Ihr werdet es.«

»Habt Ihr nicht auch an unsere Freunde gedacht?«, fragte Porthos.

»Allerdings, ich habe Aramis gesehen.«

»Und was will er, Bischof werden.«

»Aramis«, erwiderte d’Artagnan, welcher Porthos nicht entzaubern wollte, »Aramis, stellt Euch vor, mein Lieber, ist Mönch und Jesuit geworden. Er lebt wie ein Bär und denkt nur an sein Seelenheil. Meine Anerbietungen konnten ihn nicht bestimmen.«

»Desto schlimmer«, sagte Porthos. »Er hatte Geist, und Athos?«

»Ich habe ihn noch nicht gesehen, werde ihn aber besuchen, wenn Ich Euch verlasse. Wisst Ihr, wo ich ihn finden kann?«

»Bei Blois, auf einem kleinen Landgut, das er, ich weiß nicht, von welchem Verwandten, geerbt hat.«

»Und dieses heißt?«

»Bragelonne. Begreift Ihr wohl, mein Lieber, Athos, welcher adlig war, wie der Kaiser, und ein Gut erbt, dass den Grafschaftstitel hat! Was wird er mit all diesen Grafschaften machen? Grafschaft La Fère, Grafschaft Bragelonne?«

»Dabei hat er keine Kinder?«, fragte d’Artagnan.

»O!«, rief Porthos, »man hat mir gesagt, er habe einen jungen Menschen angenommen, der ihm dem Gesicht nach äußerst ähnlich sei.«

»Athos, unser Athos, welcher tugendhaft war, wie Scipio. Habt Ihr ihn gesehen?«

»Nein.«

»Ich werde ihm morgen Kunde von Euch bringen. Unter uns gesagt, ich befürchte, der Wein hat ihn sehr alt gemacht und entartet.«

»Ja«, sprach Porthos, »es ist wahr, er trank viel.«

»Und dann war er älter als wir alle.«

»Nur um einige Jahre«, versetzte Porthos. »Seine ernste Miene gab ihm ein so altes Aussehen.«

»Ihr habt recht. Wenn wir Athos haben, desto besser; wenn nicht, so werden wir ihn zu entbehren wissen. Wir zwei sind so viel wert wie zehn.

»Ja«, sprach Porthos lächelnd in der Erinnerung an seine alten Heldentaten, »aber wir vier wären so viel wert gewesen wie sechsunddreißig, umso mehr, als das Handwerk rau sein wird, wie Ihr sagt.«

»Rau für Rekruten, ja, aber für uns, nein.«

»Wird es lange währen?«

»Gott verdamme mich, es kann drei bis vier Jahre dauern.«

»Wird man sich viel schlagen?«

»Ich hoffe es.«

»Desto besser«, rief Porthos, »Ihr habt keinen Begriff, mein Lieber, wie mir die Knochen krachen, seitdem ich hier bin. Wenn ich sonntags aus der Messe komme, jage ich zuweilen in den Feldern und auf den Gütern der Nachbarn umher, um einen guten kleinen Streit zu bekommen, denn ich fühle, dass ich dessen bedarf, aber nichts, mein Lieber! Mag man mich nun achten oder fürchten, das Letztere ist wahrscheinlicher. Man lässt mich mit meinen Hunden den Klee zertreten, den Leuten gleichsam über den Bauch reiten, und ich komme ärgerlicher als zuvor zurück. Sagt mir wenigstens, schlägt man sich etwas leichter in Paris?«

»In dieser Beziehung sind die Verhältnisse reizend. Keine Edikte, keine Leibwachen des Kardinals, keine Jussac und andere Spürhunde mehr. Seht Ihr, unter einer Laterne, in einer Herberge; überall seid Ihr für Mazarin, seid Ihr Frondeur, man zieht vom Leder, und alles ist gesagt, Monsieur von Guise hat Monsieur von Coligny auf dem offenen Platz getötet, und damit war es aus.«

»Ah! Das ist schön«, rief Porthos.

»Und dann binnen Kurzem«, fuhr d’Artagnan fort, »werden wir Schlachten in Reihe und Glied, Kanonen, Brände haben, darin liegt Abwechselung.«

»Dann bin ich entschieden.«

»Ich habe also Euer Wort!«

»Ja, es ist abgemacht. Ich werde für Mazarin hauen und stoßen; aber …«

»Aber?«

»Aber er muss mich zum Baron machen.«

»Ei! Bei Gott!« rief d’Artagnan. »das ist im Voraus festgestellt. Ich habe es Euch gesagt und wiederhole, ich verbürge mich für Eure Baronie.«

Auf dieses Versprechen schlug Porthos, welcher nie an einem Wort seines Freundes gezweifelt hatte, wieder den Weg zu Schloss ein.

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