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Neue Gespenster – 15. Erzählung

Samuel Christoph Wagener
Neue Gespenster
Kurze Erzählungen aus dem Reich der Wahrheit
Erster Teil
Fünfzehnte Erzählung

Der spukende Esel im Mühlgraben bei Ermsleben

Zacharias Bößel, wohnhaft zu Endorf, in dem sächsischen Amtsteil der Grafschaft Mansfeld, diente im Jahr 1780 als Knecht in der sogenannten Strohmühle bei Ermsleben. Sein Herr war mit ihm sehr zufrieden, weil er sich eifrig für den Vorteil desselben interessierte, und durch die gute Behandlung der Mahlgäste auch noch andere bewog, ebenfalls in der Strohmühle mahlen zu lassen. Dieses Zuströmen der Kunden hatte indessen kaum einige Monate gedauert, da blieben mit einmal nicht nur die neu angeworbenen, sondern auch die meisten alten Mahlgäste weg, und von den wenigen, die ihr Getreide noch zu dieser Mühle brachten, wollte auch niemand mehr des Nachts mahlen, weil sich, wie es allgemein hieß, im Mühlengraben ein Gespenst in Gestalt eines Esels sehen ließe, welches wie ein Bär brumme, gleich einer Gans im Wasser plätschere und die Vorübergehenden auf allerlei Art necke. Unter anderen hatte dieser Grabenesel sich sogar einmal erdreistet, einem Knecht auf den Rücken zu springen und denselben dermaßen zu misshandeln, dass er acht Tage lang das Bett hüten musste.

Was war bei dieser Sache zu tun? Bößel beschloss und versprach den Leuten, sie, wenn sie bei seinem Herrn ferner mahlen würden, jedes Mal zur Stadt zu begleiten. Noch denselben Abend waren einige Frauen in der Mühle, die ihn an die Erfüllung seines Versprechens erinnerten. Willig und entschlossen zündete er die Laterne an, nahm einen vollwichtigen Knüppel und machte sich, so ausgerüstet, mit seiner Gesellschaft auf den Weg. Das Gespenst ließ auch nicht lange auf sich warten; es kam längs des Mühlengrabes herab.

Furcht und Entsetzen ergriff die schon von Natur furchtsamen und von Erziehungsvorurteilen bestrickten Frauen beim Anblick des Eselgespenstes. Aber auch selbst ihrem beherzteren Begleiter standen die Haare zu Berge. Um indessen keine Blöße zu geben, stellte er sich mutiger, wie er wirklich war, und verbarg seine Furcht hinter einigen Wer da!, die er vor Angst aus voller Kehle von sich gab.

Gespenster antworten bekanntlich nicht, wenn die Menschenkinder es verlangen. Sie tönen nur dann, wann sie selbst es für gut finden, oder wann der höchste Grad der Verlegenheit, worin sie durch Gespensterritter jezuweilen gesetzt werden, unwillkürliche Töne von ihnen erzwingt. Auch hier erfolgte keine Antwort, es sei denn, dass man das Brummen und Fortplätschern für Worte nehmen wollte.

Bößel nahm sich zusammen, sprang in den Graben hinab, packte wütend das Gespenst bei der Mähne und prügelte dann wild daraus los.

Dass er ein lebendiges Wesen gefasst hatte, davon überzeugte er sich bald, denn es biss ihm im Schein des Laternenlichtes, den sie nicht ertragen können, störte sie in der nächtlichen Ruhe, sodass sie wild durcheinander flogen.

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