Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Schauernovellen 8 – Die neue Griseldis 4

Ferdinand Kleophas
Schauernovellen Band 2
Verlag Franz Peter, Leipzig 1843

Die neue Griseldis
4. Kapitel

Getäuschte Hoffnung

Baron D. kam nicht. Statt seiner ein Brief mit Geld und dem Auftrag an mich, seine Schulden zu berichtigen. Hätte ich doch seine größte Schuld auch berichtigen können!

Statt nach Straßburg zu gehen, wollte er plötzlich Wien besuchen und Leipzig nicht berühren. Wird diese Nachricht Felicie angenehm sein oder nicht? Felicie, warum diesen Namen? Sollte das nicht ihr Name sein, da ich mich sehr deutlich entsinnen kann, dass ihn Baron D. beim letzten Märzschnee in Berlin häufig mit dem Stock in den Schnee, später in den Sand, in Kaffeehäusern mit dem verschütteten Kaffee auf den Tisch schrieb. Ich werde sie beim nächsten Rendezvous so nennen und dann wird es sich ergeben, ob sie wirklich so heißt.

Mein Interesse für sie wuchs mit jedem Tag und ich hätte ohne Weiteres den Liebhaber gespielt, wenn dieses nicht als eine sehr unrichtige Würdigung ihrer traurigen Lage erschienen wäre.

Ich war aber meinen Grundsätzen nach fähig, mich zum Vater eines Kindes zu erklären, dessen Vater sich schändlicher Untreue gegen die Mutter schuldig

machte, in einer Lage, wo sie seiner am meisten bedurfte, der da aufhörte, Liebhaber zu sein, wo er anfangen sollte, der Gattenpflichten zu gedenken.

Es war ein mystisches Dunkel in den Verhältnissen, das Felicie allerdings wenig geneigt war, aufzuhellen.

Der Abend des zweiten Stelldicheins war gekommen und ich dieses Mal eher an Ort und Stelle als meine schöne Klientin. Schön? Ja, schön muss sie sein. Wer möchte daran zweifeln?

Nach wenigen Minuten erschien sie.

»Allein?«, rief sie mir schon von Weitem entgegen.

»Allein!«, erwiderte ich und sagte ihr warum.

»So ist denn die letzte Hoffnung hin, meine und des werdenden Kindes Schande wenigstens mit einem Namen zu bedecken«, rief sie schmerzlich und stützte das Haupt an einen Baum. »Unglückliche, liebende Mädchen, die in unbegrenztem Vertrauen auf die unwandelbare Treue des Geliebten, ihm zu früh gewähren, was der Brautnacht bestimmt ist. Sie berauben sich eines Leitseiles, was den sinnlichen Mann bis zum Altar führt. Haben die Männer einmal nur den höchsten ihrer Wünsche erreicht, dann vergessen sie gar schnell die Pflichten gegen die, welche sich ihnen ergeben.« Weinen und Schluchzen unterbrach die Stimme der Frau, die ich über Tränen erhaben glaubte. Aber diese weibliche Schwäche näherte mich ihr.

»Felicie!«, rief ich, »welches Dunkel auch über Ihren Verhältnissen ruhen mag, halten Sie mich für einen zudringlichen Narren oder einen Edlen. Ein Mädchen, wie Sie, darf vor der Welt nicht mit Schande dastehen – geben Sie Ihrem Kind einen Vater und tragen Sie meinen Namen. Ich will Ihr Gatte sein, will Sie lieben und ehren, will Ihre Tugend schützen und wenn ich Ihre Liebe nicht erwerben kann, doch bloß Ihr Freund sein.«

»Die Tränen und das Unglück einer schuldigen oder unschuldigen Frau können einen fühlenden Mann wohl zu einem Schritt vermögen, wie Sie, edler Mann, tun wollen, aber fern sei es von mir, ein Opfer anzunehmen, welches gebracht zu haben Sie später bereuen könnten. Sie halten vielleicht für Neigung, für erwachende Liebe, was bloß mitleidiges Interesse ist. Ich weise aber Ihren Antrag nicht unbedingt zurück und werde ihn annehmen, wenn Sie mir ihn in einem halben Jahr wiederholen. Bis dahin trage ich meine Schande unter fremden Namen an einem fernen Ort. Und wenn Sie ihn dann wiederholen und ich ihn annehme, werde ich Ihnen gehören. Ich fühle, dass ich einen Mann um diesen Preis lieben werde. Aber wer hat Ihnen meinen Namen genannt?«

»Baron D. schrieb ihn in Schnee, in Sand, überall wo Schreibmaterialien waren.«

»Und Sie heißen …?«

»Ferdinand!«

»A demain, Ferdinand!«, sagte sie, reichte mir die Hand und verschwand in der Dunkelheit der Nacht.

»Hm! Eine seltene Frau, abstoßend und anziehend, kalt und warm, aber immer groß und edel. A demain! Mit welchem sanften Ton sagte sie das. O wäre es schon morgen. Aber um welchen Preis habe ich dieses Versprechen erkauft; um meine Freiheit! Ich könnte zurücktreten! Hm! Das hieße, ihr einen schönen Begriff von den Männern beibringen. Ihre Fesseln werden doch süße, sanft, gelinde sein?«

Nous verrons.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert