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Aus dem Wigwam – Moschup

Karl Knortz
Aus dem Wigwam
Uralte und neue Märchen und Sagen der nordamerikanischen Indianer
Otto Spamer Verlag. Leipzig. 1880

Noch vierzig Sagen
Mitgeteilt vom Navajohäuptling El Zol

Moschup

ie Wasserstraße, welche Rope1 vom Festland und den Nashawn-Inseln trennt, war früher lange nicht so breit, wie sie heute ist. Dafür aber war sie stürmisch, dass jenes Eiland unerreichbar war und daher unbekannt blieb. Häufig versuchten einige kühne Indianer, ihre Kanus durch die reißenden Wellen zu zwingen, aber es schien, als halte sie die unsichtbare Hand eines Manitu von dem ersehnten Ufer zurück. Auch erzählten sich die alten Leute, dass dort Hobbamock oder der Beherrscher der Bösen wohne und von dort aus Krankheiten, Tod und schreckliche Stürme in die Welt sende. Einige behaupteten sogar steif und fest, bei klarem Wetter Männer von baumhoher Natur auf der Jagd gesehen zu haben.

Nun geschah es, dass einst Tackanasch nebst seinem großen Hund auf einer großen Eisscholle wider seinen Willen nach jener Insel getrieben wurde. Doch nach einigen Tagen kehrte er wohlbehalten in derselben Weise wieder zurück und sein Bericht zeigte, dass sich die Indianer in Bezug auf den geheimnisvollen Bewohner der Insel nicht geirrt hatten.

Hobbamock war nach seiner Erzählung größer als irgendein Baum auf dem Festland. Seine Haut war rabenschwarz und sein Kopf- und Barthaar hatte die Farbe der Seemöve. Seine Augen waren schneeweiß und seine Zähne, deren er nur zwei hatte, waren so grün wie Seegras. Wenn er genug zu essen hatte und ihn sein gewohntes starkes Getränk, dass ihn Walfische auf Hasen Jagd machen sah, nicht fehlte, so war er stets heiter und vergnügt. Seine Lieblingsspeise waren Walfische, die er an den Schwänzen aus dem Ozean zog; doch aß er mitunter der Abwechselung wegen auch Schildkröten und Hirsche, deren Knochen man heute noch haufenweise auf jener Insel liegen sieht.

Der eigentliche Name des Teufels war übrigens Moschup. Moschup war ein Geist und hatte sich nach seiner eigenen Mitteilung früher auf dem Festland aufgehalten. Zur Zeit, als er sich noch darauf befand, ließ sich eines Tages ein Vogel, dessen Flügel so lang wie der Flug eines Pfeiles waren, sehen und trug alle Tiere und kleinen Kinder fort. Dies trieb er monate­lang, ohne dass ihn jemand fangen oder schießen konnte. Auch fürchteten sich alle vor ihm. Moschup war der Einzige, der wirklich Ernst machte, ihn unschädlich zu machen; dies gelang ihm auch endlich. Er watete ihm unbe­merkt bis auf die Insel nach und tötete ihn dort nebst seinen sieben Jungen.

Da dies ein sehr hartnäckiger Kampf war, so wurde Moschup so müde dabei, dass er danach drei Tage lang an einem Stück fort schlief.

Als er wieder erwachte, stopfte er seine Pfeife und fing so stark an zu qualmen, dass der ganze See in Wolken gehüllt wurde. Auf diese Art entstand der Nebel, der heute noch in der Zeit vom Froschmonat bis zum Jagdmonat die Insel unsichtbar macht.

Moschup hatte, als ihn Tackanasch besuchte, eine Frau, die ebenso groß war wie er, und vier Söhne und eine Tochter. Erstere waren besonders im Fischspeeren sehr geschickt und ihre schöne Schwester tat weiter nichts, als ihrem Vater Lieder von der Schlechtigkeit, der Strafe und der Reue böser Menschen vorzusingen.

Doch die schnelle Vermehrung des indianischen Volkes gefiel Moschup durchaus nicht, er war infolgedessen so griesgrämig und mürrisch, dass er sogar seine Frau, wenn sie ihm beim Walfischessen helfen wollte, prügelte. Wenn ihn seine Söhne alsdann durch lautes Sprechen oder Lachen im Schlaf störten, so warf er sie vor die Tür, dass ihnen auf einige Tage Hören und Sehen verging. Seine Tochter bekam, wenn er schlechter Laune war und sie nach einem indianischen Jüngling mit Wohlgefallen schielte, solche Ohrfeigen, dass ihr die Zähne wackelten.

Einmal hieß er seine Kinder Ball spielen. Als sie sich recht freuten, zog er mit seinem rechten Zahn eine tiefe Furche hinter ihnen her. Dieselbe füllte sich bald mit Wasser und schnitt so die Kinder von ihrer Heimat ab. Sie fingen nun an, jämmerlich zu schreien, aber Moschup sagte ihnen lächelnd, sie sollten sich so bewegen, als ob sie Walfische töten wollten, dann würden sie selber Fische werden. Und so kam es dann auch.

Als seine Frau dies hörte, weinte sie bitterlich und machte solchen Lärm, dass sie Moschup am Hals packte und zum Land der Narragansett warf. Sie fiel auf jene Landspitze, welche von den Indianern Seekomet genannt wird und über die ein böser Manitu beständig hohe Wellen schleudert. Dort blieb sie sitzen und ließ sich von den umwohnenden Indianern ernähren. Mit der Zeit aber war ihr keine Speise mehr gut genug. Sie wurde zuletzt so unausstehlich und schimpfte den ganzen Tag so furchtbar, dass sie der Große Geist in einen Stein verwandelte. Späterhin schlugen ihr einige Indianer, die Unheil von ihr befürchteten, Kopf und Arme ab. Der übrige Körper aber ist heute noch zu sehen.

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Show 1 footnote

  1. Eine Insel an der Südküste von Cape Cod im US-Bundesstaat Massachusetts, die gewöhnlich Marthaʼs Vineyard genannt wird.

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