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Ein Ostseepirat Band 1 – Feurige Kohlen

Carl Schmeling
Ein Ostseepirat
Historischer Roman
Erster Band
V.

Feurige Kohlen

Das Wetter tobte inzwischen weiter. Die Schiffe einander näher zu bringen, war dabei unmöglich. Dyk untersuchte deshalb zuvörderst den Raum der Jacht und fand, dass das Leck bedeutend, der Raum aber durch die Ladung so gefüllt war, dass man nicht zu dem Leck gelangen konnte. Er ließ deshalb Löcher in das Verdeck hauen und noch zwei Pumpen einsetzen., Danach begab er sich zu den Damen, die vor Schreck mehr tot als lebend waren, sich jedoch auf seine Versicherungen Hilfe zu leisten. Endlich rief er dem Schoner zu, eine Leine und durch dieselbe ein Tau herüber zu schaffen.

Es gelang dies nach einiger Schwierigkeit, und Dyk ließ die Jacht an den Schoner hängen, dem er sodann befahl, bei dem stetig gewordenen Nordost Segel zu setzen, um so schnell wie möglich aus dem Bereich des Wetters zu kommen. Nach einer Stunde war man in ruhigem Wasser. Das Wetter zog nach Nordost. Dyk begab sich abermals zu den Kranken.

»Mein Herr!«, sagte er zu dem Junker, »es sei fern von mir, Vergeltung zu üben oder Sie in dieser Lage zu verhöhnen. Nur eins muss ich sagen, nämlich, dass ich nun die Macht habe, mich zu befreien und dies auch zu tun gesonnen bin. Doch werde ich Sie nicht verlassen. Die Jacht ist gefährlich krank, aber vielleicht zu retten. Verdient es die Ladung?«

»Wohl, Herr!«, antwortete Klassen, sich aufrichtend, während der Fähnrich schwieg.

»Gut denn!«, sagte Dyk, »es scheint, Ihr seid imstande, das Kommando hier zu übernehmen. Ich werde mit Euren Briefschaften, Depeschen und den Passagieren auf den Schoner gehen und Euch im Schlepptau behalten. Könnt Ihr das Wrack nicht über Wasser halten, so zeigt es mir an.«

»Dank, Herr!« erwiderte der Alte.

»Sorgt für den jungen Herrn!«, mahnte Dyk noch und stieg dann hinauf. Nach wenig Minuten waren die Damen, die Kiste, die Depeschen und Briefschaften am Bord des Schoners, der nun mit so viel Tuch, wie er nur führen konnte, das Wrack hinter sich schleppend, dahinflog.

Dyk tat alles Mögliche, den jungen Damen den eben gehabten Schreck vergessen zu machen. Als er erfahren hatte, wer sie waren, versprach er, sie den Eltern direkt zuzuführen. Bald hatte man unter freundschaftlichen Gesprächen recht gute Bekanntschaft gemacht. Die Schwestern mussten sich eingestehen, dass der Kapitän ein Mann von Bildung sei.

Obwohl sie den Fähnrich wegen des ihn betroffenen Unfalls bedauerten, konnten sie doch nicht umhin, ihm selbst die Schuld an allem Unheil zuzuschreiben; ihre meiste Teilnahme war dem alten Klassen gegönnt.

»Mir will dabei scheinen«, sagte Clara, »der alte Mann wäre eher imstande gewesen, das Kommando der Jacht fortzuführen als der junge Herr!«

»Sie haben vollkommen recht, gnädiges Fräulein!«, antwortete Dyk, »doch das sind Sachen, die ein Mann wie ich nicht gern berührt!«

»Und warum dienen Sie nicht bei der Flotte?«, fragte Sophie.

»Ich!«, rief der Kapitän mit einem Ausdruck in den Zügen und der Stimme, dass die Schwestern fast erschraken. Dann fügte er lächelnd hinzu: »Es würde Ihnen schwer werden, meine Gründe dafür zu begreifen – denken Sie, ich hielte mich zu gering dazu!«

»Oder umgekehrt!«, riefen die Damen wie aus einem Mund.

Inzwischen kam man dem Ziel immer näher, bald trat Wittow, dann Hiddensee in Sicht, endlich konnte man die Kuppe des Baakenberges, zuletzt die Menge darauf erkennen; bald machten sich auch die Bewegungen der Brigg bemerkbar.

»Da kommt wieder jemand«, sagte der Kapitän lachend, »doch dem stehen wir nicht Rede, und er wird hoffentlich bescheidener wie ein Junker sein!«

Das Anpreien der Schiffe ging denn auch ohne Schwierigkeit vorüber. Als der Schoner glücklich an dem Damm lag, bat Dyk die Damen, sie an Land begleiten zu dürfen, was natürlich gewährt wurde, bis beide ihm davon und den Eltern entgegen eilten.

»Vater, Mutter!«, riefen die Kinder wiederholt unter herzlichen Küssen, als man einander umarmte.

»Clara, Sophie – Kinder, teure Kinder!«, ließen die Eltern ebenso hören.

Besonders war es jedoch die Mutter, welche nach der überstandenen Angst sich ganz dem Glück hingab, das ihr durch die Ankunft der Kinder bereitet wurde. Sie vergoss Freudentränen, und ihre Stimme wurde mehrfach durch Schluchzen erstickt, in das auch die Mädchen einstimmten.

Endlich ging indessen der etwas heftige Freudenerguss des Wiedersehens vorüber, die Gruppe trennte sich, und der Major, an jeder Hand eine seiner Töchter haltend, wendete sich lebhaft umher.

»Verzeihung, meine Herrschaften, Verzeihung, Herr Baron«, sagte er, »gleich werde ich wieder imstande sein, alles in der gehörigen Ordnung abzumachen; doch zuerst noch, meine Kinder – das ist wohl der Mann, dem ihr und wir eure Rettung verdanken und ohne den mein armes Haus heute, statt eines Freudenfestes, einen Trauertag begehen könnte!«

»Jawohl, Herr Major!«, sagte der Fremde, schnell näher tretend, »ich bin der Retter, kein Gott konnte tun, was ich, und kein menschliches Lob, kein irdischer Lohn kann mir je diese hohe, erhabene Tat vergelten; kein Kaiser und kein König wäre reich genug dazu; also, mein verehrter Herr Major – sprechen wir nicht weiter davon!«

Ernst und Lachen wechselten schnell auf dem Antlitz des Seemannes bei diesen Worten, die er unter einer Verbeugung beendete. Der Major sowie alle Anwesenden sahen ihn ganz verdutzt an, nur die beiden jungen Damen lächelten.

»Mein teurer Vater!«, sagte die eine der Schwestern, »dieser Herr, den ich dir als den Kapitän Dyk vorstelle, ist ein Mann, der seinen Mitmenschen, selbst wenn sie es nicht verdienen, Hilfe leistet, sondern ihnen auch in der größten Gefahr durch seinen heiteren Mut die Besinnung zu erhalten weiß. Wir sind ihm sehr viel Dank schuldig!«

»Ja wohl, ja wohl!«, rief der Kapitän, »und wenn Sie dabei bleiben, mein gnädiges Fräulein, werde ich ein Gelübde tun, nie wieder eine Postjacht aus der Verlegenheit zu helfen!«

»Das heißt, Sie sind ein drolliger Kauz, Kapitän!«, rief der Major nun ebenfalls lachend, »aber mir auch recht, Sie sind ein braver Manu, und ich freue mich auf ihre nähere Bekanntschaft. Ist Ihnen das recht, so schlagen Sie ein!«

»So lasse ich es mir gefallen«, sagte Dyk, kräftig die dargebotene Hand schüttelnd, »ich bin ganz der Ihre, Herr Major.«

»Ich danke Ihnen!«, antwortete jener, »meine Kinder, Kapitän Dyk, ich habe die Ehre, Ihnen hier den Leutnant und Kommandeur, Baron Staelswerd vorzustellen – Herr Baron, meine älteste Tochter Clara, deren jüngere Schwester Sophie – Kapitän Dyk – meine Frau- der Herr Prediger Huldreich!«

Die gewöhnlichen Verbeugungen nach Vorstellungen folgten diesen Worten; man versuchte, sich gegenseitig etwas Angenehmes zu sagen, nur vermieden sich geflissentlich, wie es schien, Leutnant Staelswerd und Kapitän Dyk.

»Genug jetzt!«, rief der Major, »meine Herrschaften, ich bitte um Ihre Begleitung. Kapitän, Sie sind natürlich ebenfalls mein Gast und werden uns hoffentlich bei Tisch Mitteilungen über den Unfall der Jacht machen.«

»Ich bitte, mir einen Augenblick zu schenken«, antwortete der Kapitän, »Herr Baron, ich habe die Ehre, Ihnen zu melden, dass die Jacht vom Blitz getroffen und ihre Führer dabei verwundet sind; Klassen jedoch nur leicht, sodass er seinen Pflichten wird genügen können. Die Ladung der Jacht befindet sich noch in deren Raum, die Briefschaften und Depeschen auf dem Schoner. Ich werde den Hochbootsmann von dem Wrack holen lassen und ihm jene wieder übergeben, wonach Sie wohl die Gnade haben, über alles weiter zu verfügen. Auf Bergegeld erhebe ich keinen Anspruch. Ich werde bald zu Diensten stehen, Herr Major!«

Staelswerd wollte offenbar etwas sagen und nahm dazu ganz die Miene eines Vorgesetzten an, der zu seinem Untergebenen zu sprechen im Begriff ist. Doch jener wartete seine Rede nicht ab, und offenbar hatte er den letzten Satz nur gesprochen, um dem Major, aber nicht dem Baron, seine Verbeugung zu machen, nach der er schnell auf den Damm zurückging. Staelswerd blickte ihm finster nach und biss sich auf die Lippen.

»So ist also wirklich ein Unglück geschehen!«, rief der Major, »doch wir werden das später erfahren, kommen Sie, meine Herrschaften, der Kapitän wird uns hoffentlich nicht zu lange warten lassen. Nehls, Ihr bekommt Eure Belohnung!«

Der Major, dessen Frau und die Kinder, gefolgt vom Leutnant, dem Prediger und den Gutsangehörigen, schlugen den Weg nach Grieben ein. Von dem Schoner ging ein Boot zum Wrack ab, die Menge bedeckte zum Teil den Damm, um Neuigkeiten zu erfahren.

Das Boot kehrte mit Klassen und einigen seiner Matrosen zurück. Jener nahm seine Sachen in Empfang und fuhr wieder zur Jacht, der gegenüber am Strand sich dann die Menge versammelte, weil sie nun von jener her, auf Befriedigung ihrer Neugierde hofften.

Inzwischen war Kapitän Dyk wieder den Damm entlang geschritten und erstieg den Berg. Auf der nun von allen verlassenen Kuppe angekommen, warf er einen forschenden Blick umher, bis sein Blick endlich auf dem wieder ankernden und flaggenden Kriegsschiff haften blieb.

Lange und sinnend betrachtete er dieses Fahrzeug sowie die an Bord desselben stattfindenden Bewegungen, bis endlich ein Boot von dem Schiff abstieß. Sofort verließ auch er eiligen Schrittes seinen Standort und erwartete vor dem Gut den das Boot verlassenden Offizier.

Es war der alte Dalström, welcher mit vorgestreckter Hand und schon aus der Ferne sprechend auf den Kapitän zueilte.

In seiner rauen Weise rief er: »Ich denke mir, Sie sind der Kapitän Dyk, wie mir geantwortet wurde!«

»Ich bin es, mein Herr!«, antwortete Dyk.

»Sie behandeln die See« fuhr er fort, »als sei es ihr Element. Von Ihnen könnte mancher Herr, der auch ein Schiff kommandiert, noch etwas lernen!«

Dalström hatte dabei einen Blick zum Haus geworfen und Dyk lächelte.

»Dazu bin ich eine zu geringe Person!«, antwortete er dem Anschein nach bescheiden.

»Gut, ich auch!«, rief der Alte lachend, »aber kommen Sie. Man wird uns erwarten, ich denke Sie bringen Neuigkeiten!«

»Wohl!«, antwortete Dyk, »doch sie sind trübe genug.«

Die Männer schritten dem Herrenhaus zu, dessen Tür mit Blumengirlanden und Kränzen geschmückt war.

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