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Oberhessisches Sagenbuch Teil 81

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Die Pferdeköpfe

Einem gründlichen Bauer in einem Vogelsberger Dorf starb zu seinem großen Leidwesen die Frau und wurde aufrichtig (öffentlich) begraben. Weil aber der Mann sie sehr lieb gehabt hatte, konnte er keine Stunde und Minute die Gedanken an sie los werden. Als er nun eines Abends ganz betrübt in der Ofenecke saß und um sie weinte, hörte man drei starke Schläge an die Haustür.

Da sandte der Mann seinen Knecht hinaus, dass er sähe, was das zu bedeuten habe. Dieser kam gleich wieder zurück und war weiß unter der Nase und zitterte am ganzen Leib. »Herr«, sagte er, »unsere selige Frau steht draußen und begehrt Einlass.«

»Was schwatzest du da für Zwerchheiten (Verkehrtheiten)?«, antwortete der Mann, »das ist ebenso wenig wahr, als meine zwei Schimmel eben zum Laweloch (Bodenloch) herausgucken.«

Doch was geschah? Auf einmal ging es trapp, trapp die Treppe hinauf, die Stubentür fuhr auf und die tote Frau trat leibhaftig herein. Die Schimmel guckten aber wirklich zum Laweloch mit ihren Köpfen heraus.

Zum Gedächtnis dieser Wundergeschichte ließ der Mann, der sie nur mit Mühe wieder vom Boden herabbringen konnte, später zwei hölzerne Pferdeköpfe machen, die sieht man noch heute aus dem Loch herausgucken. Der Name des Dorfes ist mir in Vergessenheit gekommen, aber, wenn mein Ellerkmänn noch lebte, der wüsste es zu sagen.

Die tote Mutter

Es war eine Frau gestorben, welche einen blutjungen Säugling hinterließ. Sie hatte jedoch eine Schwester, die gleichfalls ein Kind besaß, welches sie noch an ihrer Brust stillte. Diese nahm sich des armen Waisleins treulich an. Wenn sie sich legte, hatte sie immer die beiden Kinder nebeneinander vor sich in der Wiege liegen. Nun geschah es in einer Nacht, dass beide Kinder zu gleicher Zeit zu schreien anfingen. Da griff die Mutter zuerst nach ihrem eigenen, um dasselbe zu beruhigen. Aber kaum hatte sie das getan, so spürte sie eine eiskalte Hand auf ihrem Arm und das Kind ihrer verstorbenen Schwester wurde ihr dargereicht und an die Brust gelegt.

Sider der Zeit hat man die fünf Finger, auf ihrem Arm ausgedrückt, bis an ihren Tod sehen können.

Der Lauterbacher Stadtgeiger

Der Lauterbacher Stadtgeiger wohnt oben auf dem Kirchturm und musiziert von oben herab den ehrsamen Bürgern nach alter guter Gewohnheit. Bald spielt er mit seinen Gesellen ein geistlich Lied, bald pfeift er ein lustiges Stücklein, je nachdem es da drunten Freud oder Leid gibt. Nicht, als ob es ihm so geboten wäre. Nein, allemal, wenn er auf dieser Seite spielen will, wehrt es ihm jemand unsichtbar. Bei Nacht werden ihm die Leuchten ausgelöscht, bei Tag kann niemand da einen Ton aus den Instrumenten herausbringen. Wie das Ding zusammenhängt, mag Gott wissen, aber es ist so.

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