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Der Welt-Detektiv Band 6

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Marshal Crown – Band 43

Das Todeslied der Mescaleros

Wagengeräusche klangen durch den neuen Tag, kaum dass die ersten Sonnenstrahlen den Himmel im Osten mit ihrem grellweißen Licht überzogen hatten.

Schnaubende Pferde, klirrendes Zügelwerk und lautes Peitschenknallen mischten sich mit dem Geräusch von eisenbeschlagenen Rädern.

Es dauerte dann auch nicht mehr lange, bis sich der verschwommene Punkt, der seit Sonnenaufgang am Horizont auf und ab tanzte, in eine wuchtige, hochrädrige Concord Postkutsche verwandelte, die rumpelnd durch das wüstenähnliche Land rollte.

»Mein Gott, die Sonne ist noch nicht einmal richtig aufgegangen und trotzdem ist es bereits jetzt schon so heiß wie in einem Backofen«, stöhnte James Strong, wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und verzog unwillkürlich das Gesicht, weil das rechte Rad der Concord erneut in einem Schlagloch gelandet war und ihn der plötzliche Ruck, der durch die Kutsche ging, ordentlich durchschüttelte.

»Irgendwann breche ich mir auf dieser Strecke nochmal das Genick. Wie lange dauert das denn noch, bis wir endlich in Fort Hancock sind?«

Lewis Hull, der stämmige Kutscher des Sechsergespanns, nahm den Kopf zur Seite und spuckte einen fingerdicken Strahl Kautabaksaft in den Sand.

»Solange, bis wir da sind.«

Dann griff er neben sich an den Wagenbock, zog die Peitsche aus der Halterung und knallte erneut mit der Lederschnur über die Köpfe des Sechsergespanns hinweg.

»Los jetzt, bewegt endlich eure faulen Ärsche, oder ich werde dafür sorgen, dass ihr alle im Suppentopf landet, sobald wir im Fort sind!«

Die Tiere schienen die Drohung offensichtlich ernst zu nehmen, denn kaum war der letzte Peitschenknall verklungen, nahmen sie die Köpfe vor und stemmten sich in das Geschirr.

Der Kutsche gewann augenblicklich an Fahrt und holperte knarrend und ächzend über den ausgefahrenen Karrenweg.

»Hoffentlich ist die Telegrafenleitung zwischen Franklin und dem Fort bald fertig. Ich bin es allmählich leid, jede Woche wegen einer Tasche mit Briefen mit dir zusammen durch diese Einöde zu kutschieren.«

»Warum, gefällt dir meine Gesellschaft etwa nicht mehr?«

Strong verzog das Gesicht.

»So habe ich das nicht gemeint. Ich habe nichts gegen dich, im Gegenteil, aber auf der Nachbarstrecke sind wenigstens hin und wieder ein paar Passagiere dabei, mit denen man quatschen kann, vor allem Frauen.«

»Du hast wohl nur Weiber im Kopf.«

»Na und? Ich bin schließlich ein Mann«, erwiderte Strong, während er sich mit der Hand über sein glatt rasiertes Kinn wischte. »Und dazu noch ein hübscher obendrein. Ich weiß schon, wann ich Chancen habe, und ich irre mich selten.«

»Das dachte der Igel auch, als er auf die Drahtbürste stieg«, erwiderte Lewis trocken.

Dann wurde sein Gesicht wieder ernst.

»Bevor du jetzt aber weiter herumjammerst, solltest du lieber einmal darüber nachdenken, was mit uns passiert, wenn die Telegrafenleitung fertig ist. Dann ist nämlich Schluss mit lustig, dann braucht man uns nicht mehr, um Post durch die Gegend zu karren, weil telegrafieren viel schneller geht. Dann sind wir vielleicht unseren Job los und dann?«

In diesem Moment zischte ein Pfeil scheinbar aus dem Nichts heran.

James Strong riss beide Hände hoch und umklammerte röchelnd den Schaft des gefiederten Todesboten, der plötzlich aus seinem Hals ragte. Einen Moment lang blickte er Hull beinahe vorwurfsvoll an, dann verdrehte er die Augen und stürzte gurgelnd vom Wagen.

Lewis Hull reagierte mit all der Erfahrung, die ihn das Leben in den letzten zwanzig Jahren als Postkutschenfahrer im Indianergebiet gelehrt hatte. Er nahm die Schrotflinte, die quer über seinen Oberschenkeln lag, in die Rechte, blickte sich noch einmal um und stieß sich dann vom Kutschbock ab.

Keine Sekunde zu spät.

Noch während er sich in der Luft befand, bohrten sich zwei weitere Pfeile genau dort in das rissige Holz des Wagenbocks, wo er vor wenigen Sekunden noch gesessen hatte.

Das Gespann, das durch das Kriegsgeschrei der Apachen in Panik geraten war, hatte inzwischen noch mehr an Tempo aufgenommen. Führerlos brach es nach links aus und geriet vom Trail. Die schwere Concord neigte sich auf dem unebenen Geläuf sekundenlang nach rechts und dann nach links, um danach mit einem ohrenbetäubenden Krachen und Splittern in einer riesengroßen Staubwolke zu verschwinden.

Aber das bekam Hull bereits nicht mehr mit.

Er hatte den Kopf eingezogen, die Unterarme schützend vor dem Gesicht gekreuzt und versuchte sich noch im Fallen zu drehen, um die Wucht des Sturzes mit seinen Schultern abzufangen.

Trotzdem war der Aufprall mörderisch.

Er schlug mit solcher Härte auf dem Boden auf, dass es ihm sämtliche Luft aus den Lungen trieb. Obwohl das kehlige Kriegsgeschrei der Apachen immer lauter in seinen Ohren gellte, blieb er liegen und schloss die Augen.

Aber nur für einen Augenblick.

Dann quälte er sich auf die Beine, obwohl er das Gefühl hatte, sämtliche Knochen gebrochen zu haben, und begann zu laufen.

Jedenfalls versuchte er es, aber zu mehr als einem Taumeln reichte es nicht.

Kurz darauf hatte ihn einer der Apachen eingeholt.

Das Letzte, was er hörte, war das triumphierende Geschrei des Indianers, das Letzte, was er sah, sein Lederstiefel, mit dem er ihm vom Sattel seines Kriegsponys aus von der Seite her gegen den Kopf trat.

Dann wurde es schwarz vor seinen Augen.

Er sah weder, wie der breitschultrige Apache vom Pferd glitt, auf ihn zuging und dabei den rechten Arm hob, noch, wie die Schneide seines Tomahawks im Sonnenlicht funkelte.

Lewis Hull war am Ende seines Weges angelangt.

 

*

 

Das Land am Oberlauf des Cottonwood Creeks, genauer gesagt die Gegend zwischen Fort Hancock und der Grenze zu New Mexiko, wurde von den Bewohnern der umliegenden Countys im Allgemeinen nur als Vorhof zur Hölle bezeichnet.

Und das zu Recht!

Wohin der Blick auch schweifte, überall nur sandige, wüstenähnliche Ebenen, über die ein ständig wehender Wind unablässig so viel Staub aufwirbelte, dass man kaum die Hand vor Augen sah, und dazu eine Sonne, deren Strahlen das Land bereits am Vormittag in einen Glutofen verwandelten. Das Einzige, was in dieser Einöde gedieh, waren Sträucher mit fingerlangen Dornen, die nur darauf zu warten schienen, einem unvorsichtigen Reisenden ihre messerscharfen Spitzen ins Fleisch zu rammen, stachelige Kakteen und verkrüppelte Cottonwood Bäume, die dem Creek seinen Namen gegeben hatten.

Einst von der Natur mit einem breiten Bett versehen, um damit im Frühjahr das Schmelzwasser von den schneebedeckten Gipfeln der nahegelegenen Franklin Mountains aufzufangen, wurde er jetzt nur noch von einem dünnen Rinnsal durchflossen.

Alkalihaltiges, bitteres Wasser, das kaum genießbar war.

Und doch gab es Menschen, die hier in direkter Nachbarschaft mit Skorpionen, Klapperschlangen und Myriaden von Sandfliegen lebten.

Espejo war einer von ihnen.

Der alte Apache saß neben seinem Wickiup und starrte unentwegt nach Süden.

Über den Dornensträuchern, die hier und da auf den kahlen Uferbänken des Cottonwood Creeks wuchsen, hatten sich Sandfliegen zu dichten, wild umherzuckenden Gebilden zusammengeballt. Immer wieder schwirrten sie um ihn herum und bissen ihn überall dort, wo seine Haut nicht von der Kleidung bedeckt war. Der allgegenwärtige Wind schleuderte ihm ständig Staub und Sand ins Gesicht und zerrte an seinen weißgrauen Haaren, während die Hitze der Mittagssonne sein Blut allmählich zum Kochen brachte.

Aber all das schien Espejo überhaupt nicht zu stören, denn anstatt die Fliegen zu verscheuchen oder im Innern seines Wickiups Schatten zu suchen, blieb er reglos sitzen, den Blick unverwandt auf den Horizont im Nordwesten gerichtet.

Seine Augen waren zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen und konzentrierten sich völlig auf eine dunkle, sich nur langsam nähernde Gruppe von Reitern.

Sie kamen aus Richtung des Frachtwagen-Trails, der von Franklin nach Fort Hancock bis hinunter nach El Paso führte.

Waren sie in der hitzeflirrenden Luft lange Zeit nur als verzerrte und tanzende Punkte zu sehen, konnte Espejo allmählich die Farben ihrer Pferde und ihre Kleidung erkennen.

Der Apache lächelte verstohlen.

Chebahtah und die Krieger waren zurückgekommen.


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