Heftroman der Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Deutsche Märchen und Sagen 100

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

129. Das alte Mütterlein und die Katzen

An einem Kreuzweg im Busch bei Hohenholte steht ein Marienbild. Neben diesem hatte sich einmal ein altes Mütterchen mit ihren sieben Söhnen und sieben Töchtern aufgehängt. Seitdem kommen jede Nacht sieben schwarzen Katzen, und das sind die sieben Söhne, und sieben weiße Katzen, das sind die sieben Töchter, und gehen da um, die schwarzen an der rechten, die weißen an der linken Seite des Bildes. An diesem selbst steht das alte Mütterlein und droht immer mit dem Finger und spricht: »Ich habe dem Teufel gedient und Gott verlassen, darum hat Gott mich auch verlassen.«

130. Verbannter Geist

Zu Sankt Denys bei Gent liegt ein Schloss. Auf dem hauste einst ein gräulicher Spuk, der den Leuten Tag und Nacht keine Ruhe ließ, auch anfangs allen Beschwörungen widerstand. Endlich aber kam ein gelehrter Jesuit und der wollte ihn in die rote See verbannen. Das ging aber nicht, denn der Geist war viel zu mächtig. So musste der Pater sich denn endlich damit begnügen, ihn auf das äußerste Ende der weit entfernten, der dem Schloss gehörenden Äcker zu verwünschen. Da ist er auch noch, aber alle hundert Jahre kommt er dem Schloss um einen Fußbreit näher. Wenn er dasselbe erreicht haben wird, dann schmeißt er es über den Haufen, sodass kein Stein davon auf dem anderen bleibt.

131. Spukgeist im Kloster Wertet

Eine arme Frau hatte einmal während der Fasten im Kloster Wertet, welches in der Grafschaft Horn gelegen ist, ein Maß Salz von ungefähr drei Pfund geliehen und ein wenig vor Ostern selbst sechs Pfund dafür wiedergebracht, aber es schien damit nicht ganz seine Richtigkeit zu haben. Von dem Augenblick an nämlich fanden die Nonnen in ihren Schlafkammern eine Menge kleiner weißer Kügelchen, Erbsen nicht ungleich und salzig von Geschmack. Sie aßen aber nicht davon, denn niemand wusste, was das wäre, oder woher sie gekommen waren. Nicht lange nachher hörte man ein Gejammer wie eines Kranken; in der Nacht auch eine Stimme der oder jener Nonnen, welche andere ermahnten, aufzustehen, um einer kranken Schwester zur Hand zu sein. Wenn sie das aber taten und hinzuliefen, fanden sie sich betrogen. Wollten sie ihr Wasser machen, dann wurde ihnen plötzlich das Geschirr entrückt, sodass sie ihre Betten durchnässten. Einige wurden mit den Beinen aus dem Bett gerissen und über den Boden geschleift oder so unter den Füßen gekitzelt, dass sie vor Lachen in Ohnmacht fielen. Anderen ging es ärger, denn es wurden ihnen gar Stücke Fleisch aus dem Leib gekniffen, die Arme umgedreht oder der Hals so gekehrt, dass ihnen das Gesicht auf dem Rücken stand. Weder Brot noch andere Speisen konnten sie zu sich nehmen, waren dabei noch mit dauerndem Erbrechen geplagt. Selbst lebensgefährlich wurde der Spukgeist, denn nicht selten hob er die Nonnen auf Mannslänge von der Erde und ließ sie von da niederstürzen.

Einige Verwandte und Freunde der Nonnen, dreizehn an der Zahl, kamen in das Kloster, um die Schwestern in etwa zu erlustigen, doch kaum saßen sie an der Tafel nieder, als mehrere rückwärts auf die Erde gezogen wurden. Eine Nonne wurde in die Höhe gehoben, und wie sehr auch alle Anwesenden sie festhielten, aufgezogen und auf die Erde niedergeworfen, sodass sie wie tot dalag. Eine Weile später wachte sie auf, wie aus einem tiefen Schlaf und ohne alle Verletzung. Gleich darauf liefen einige auf den Knien herum, andere kletterten gleich Katzen auf die Bäume und ebenso gemächlich und schnell wieder herab. Während die Äbtissin eines Tages mit Frau Margaretha, Gräfin von Horn, sprach, kniff es sie so stark in die Hüfte, dass sie laut aufschrie. Man trug sie zu Bett, untersuchte die Stelle und fand, dass sie blau war.

Solches dauerte drei volle Jahre. Nachdem hat man es wahrscheinlich verschwiegen, wenigstens hörte man nichts mehr davon.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert