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Nick Carter – Nick Carters beste Maske – Kapitel 7

Nick Carter
Nick Carters beste Maske

Kapitel 7

Nick Carter als Preisboxer

Damit näherte sich Nick Carter dem Tisch, an welchem der vor ihm gekommene Fremde mit den drei Frauen saß, setzte sich auf einen leeren Stuhl neben diesem und nickte ihm vertraulich zu.

»Well, wir sind wohl beide fremd an diesem Platz«, versetzte er, um ins Gespräch mit dem anderen zu kommen. »Ich nehme wenigstens an, dass du der andere Fremde von diesem Abend bist, auf den unser Mac vorhin angespielt hat?«

Der Angesprochene sah ihn mit einem forschenden Blick von oben bis unten an, dann wendete er ihm achtlos den Rücken und kehrte sich zu der ihm zunächst sitzenden Frau, beugte sich zu ihr und flüsterte ihr einige Worte zu.

»Nun, nun, sehr höflich bist du gerade nicht!«, brummte Nick, sich ärgerlich in seinem Stuhl zurücklehnend.

Von Neuem schaute ihn der andere schweigend an und kehrte ihm wiederum den Rücken zu. Nick spürte wohl, wie alle Anwesenden aufmerksame Zeugen des Vorganges waren. Da er schon wiederholt zuvor im Mauseloch gewesen war, wusste er natürlich gut Bescheid mit den darin üblichen Umgangsformen. Die oberste Regel war Geselligkeit. Im Mauseloch hatten sich selbst erklärte Feinde als Brüder zu behandeln. Sie mochten sich außerhalb der Kaschemme als Todfeinde betrachten, doch einmal innerhalb der Eisentür, hatten sie als gute Kameraden miteinander zu verkehren, was sie ja nicht hinderte, sich schon in der nächsten Stunde irgendwo anders gegenseitig die Hälse zu brechen.

Trotzdem wollte Nick, ehe er zu anderen Mitteln griff, es zum dritten Mal versuchen, den Fremden zum Reden zu bringen. Ließe er sich wieder von diesem schneiden, dann war sein eben erst gewonnenes Ansehen ebenso rasch wieder verflogen.

»Hör mal«, begann er gelassen, doch mit verhaltenem Grimm in der Stimme. »Ich habe mich auf diesen Stuhl gesetzt, weil ich vorhabe, auch meinerseits eine Runde auszugeben, wenn Macs drei Runden vertrunken sind. Doch ehe das geschieht, möchte ich dich fragen: Warum drehst du mit den Rücken zu, sobald ich dich anrede?«

Zum dritten Mal wendete sich der Fremde nun nach ihm um, maß ihn mit kaltem, verächtlichem Blick wieder von Kopf bis zu den Füßen und, ohne ein Wort zu sprechen, drehte er ihm alsdann von Neuem gerade so nichtachtend und herausfordernd den Rücken, wie er es bereits zweimal zuvor getan hatte.

»Mac!«, rief nun Nick quer über das Zimmer dem Wirt zu. »Komm mal her, willst du?«

»Gleich«, erwiderte der Gerufene und kam langsam herbei. »Was soll es?«

»Hast du hier eine Anstalt für taubstumme Idioten, man kann auch taubstumme Trottel sagen, ganz wie es dir gefällt, Boss.«

»Nicht, dass ich wüsste«, lautete die Antwort.

»Glaubst du, dass es für einen eben hier Aufgenommenen angebracht ist, wenn er frisch von der Leber weg seine Meinung sagt?«

»Du kannst sprechen, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Wir leben in einem freien Land, und dieses Zimmer gehört einem jeden, der einmal Zulass gefunden hat.«

»Wer ist der Stiefel da?«

»Welcher Stiefel?«, erkundigte sich McGonnigal, zugleich verständnisvoll den Übrigen zuzwinkernd.

Diese schmunzelten ebenfalls, denn sie begriffen wohl, dass die beiden Neuen in einen Streit zu geraten drohten. Ein solcher aber musste auf die übliche Art und Weise zum Ausftrag gebracht werden, ehe die Streitenden das Zimmer verließen. Wer dieses Gebot übertrat, war für immer aus dem Mauseloch ausgeschlossen.

»Nun, der da neben mir mit dem Tombackring am Finger, dem Similiknopf auf der Hemdbrust und den feinen Lappen auf dem Leib!«, brummte der vermeintliche Tony.

Mac zögerte mit einer Antwort, denn ihm schien undenkbar, dass der Fremde die ihm widerfahrene Beleidigung nicht auf der Stelle rächen würde. Doch dieser rührte sich nicht, sondern gab sich den Anschein, als ob er den neben ihm Sitzenden nicht einmal gehört habe.

»Well, sein Name ist …«

Doch McGonnigal kam nicht dazu, seinen Satz zu vollenden, denn im selben Moment unterbrach ihn der Fremde.

»Behalte meinen Namen für dich, Mac!«, rief er entschieden. »Wenigstens so lange, bis wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. Ich bin mir darüber noch lange nicht klar geworden!«

»Hallo, der Jammerlappen hat seine Sprache wiedergefunden!«, rief Nick unter verächtlichem Auflachen. »Nun, du Hasenfuß, vor wem hast du denn solche Angst?«

Doch der Fremde antwortete wieder nicht.

Nick wartete eine Weile, den Blick in McGonnigals lächelnd verzogenes Gesicht gerichtet.

Plötzlich stand Nick langsam auf. »Well, Mac«, versetzte er gedehnt, »habe ich deine Erlaubnis, diese kleine Angelegenheit auf meine eigene Weise zu schlichten?«

»Ganz gewiss, Tony. Ich setze voraus, Bobby machte dich mit unseren Gesetzen bekannt?«

»Gewiss, Mac. Ich will mich nur vergewissern, dass ich weder dir noch den anderen böses Blut mache – darum frage ich.«

McGonnigal schüttelte mit dem Kopf.

»Denkt keiner daran, sich beleidigt zu fühlen, Tony.«

»Das ist, was ich wissen wollte. Nun passt auf, Herrschaften.«

Er wendete sich hohnlachend zu dem Fremden. »Mr. Angstmeier, der seinen Namen nicht zu nennen wagt!«, rief er. »Ich werde dich nun noch etwas fragen – und antwortest du wieder nicht, dann werde ich dir auf das Mundwerk klopfen, um es wieder in Gang zu bringen, verstanden? Hast du Mut genug, mir gegenüberzutreten und deine Unverschämtheit mit den Fäusten zu unterstützen, ja oder nein? Das nämlich ist meine Frage – und beantwortest du diese nicht, so mache ich Hackfleisch aus dir!«

Der Detektiv hatte diese Worte kaum laut werden lassen, als auch schon Leben in die mächtige Gestalt seines bisher so schweigsamen Gegners kam. Mit einem ungestümen Ruck sprang dieser auf, und zugleich griff er mit der Rechten nach der hinteren Beinkleidtasche, wo er entsprechend der Landessitte seinen Revolver trug.

Alle Anwesenden stürzten sich auf ihn, um ihn am Ziehen der Schusswaffe zu hindern. Mit einem Fluch auf den Lippen war auch McGonnigal bei ihm, denn er duldete unter keinen Umständen den Gebrauch von Schusswaffen in seinen Räumen; solche durften nicht einmal gezeigt werden.

Doch Nick Carter war schneller als sie alle. In dem Augenblick, als der Fremde den Revolverkolben packte und die Waffe zum Vorschein kam, da hatte der Detektiv auch schon mit unwiderstehlichem Griff dessen Handgelenk umspannt und drehte dieses mit solch furchtbarer Kraft nach innen, dass der Überraschte einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken konnte und der Revolver auf den teppichbelegten Estrich niederfiel.

»Lass die Hände davon!«, versetzte Nick warnend. »Bin ich auch fremd hier, soviel weiß ich doch, dass McGonnigal derartige Scherze hier im Mauseloch nicht duldet!«

Während er noch sprach, war sein rechter Fuß blitzschnell hinter das linke Bein seines Gegners gefahren und hatte dieses so heftig nach vorn gezogen, dass der darauf nicht Vorbereitete das Gleichgewicht verlor und der Länge nach zu Boden gefallen wäre, hätte er sich nicht eben noch am nächsten Tisch festhalten können.

Wilde Rufe drangen von den Lippen der Anwesenden. »Bildet einen Ring! Fort von den Tischen. Bildet einen Ring für den Faustkampf!«

Doch Nick Carter wehrte verächtlich mit der Hand ab. »Pah, gebt euch keine Mühe – der Bruder boxt nicht, dazu ist er viel zu feige!«

»Doch, ich werde boxen!«, rief der plötzlich wieder auf den Gebrauch seiner Zunge sich Zurückbesinnende. »Wenn das alles ist, was du willst, dann sollst du mehr Prügel kriegen, als du vertragen kannst.«

»Well, das ist dein Glück. Hättest du nicht gesprochen, so hätte ich dir dein Mundwerk breit geklopft«, rief Nick Carter, indem er sich ohne Weiteres seiner Oberkleidung zu entledigen begann.

Er warf seinen zerlumpten Rock über einen Stuhl, entledigte sich des zerfetzten Hemdes noch schneller und stand die Minute darauf, nackt bis zu den Hüften, während die bronzefarbige Haut seines entblößten Oberkörpers im Schein der vielen elektrischen Glühbirnen im Zimmer glänzte.

Ein Murmeln der Bewunderung kam von den Lippen der Anwesenden; auch der Fremde schien augenblicklich überrascht, ob aber durch die herrlich entwickelte Muskulatur am Körper seines Gegners oder über dessen dunkle Hautfarbe, ließ sich schwerlich sagen.

Er selbst warf nur Rock und Weste ab und stellte sich auf.

»Nun, willst du dich nicht weiter ausziehen?«, fragte McGonnigal.

Der Fremde verneinte. »Das ist unnötig. Ich werde schon so fertig.«

Nick grinste.

»Ist mir gleich!«, versetzte er. »Ich werde dem Bürschchen das feine Plätthemd rot gefärbt haben, ehe wir 15 Minuten älter geworden sind. Wie viele Runden boxen wir?«, fragte er dann zu seinem Gegner gewendet.

»Kampf bis zum Ende!«, entgegnete der Fremde spöttisch.

»Gut so. Ich bin also Unparteiischer und Starter«, entschied McGonnigal. »Rufe ich Halt, so hört ihr sofort auf – alle beide, verstanden? Dann sage ich, nachdem ihr eine Minute geruht habt, wieder los, und es beginnt von Neuem. Nun tretet in die Mitte und schüttelt euch die Hände – und ich erwarte, dass ihr euch wirklich freundschaftlich die Hände reicht, ist der Faustkampf erst ausgetragen. Wer das von euch nicht tut, der verlässt den Platz und kommt nie wieder hierher. Seid ihr beide bereit?«

»Nur noch einen Augenblick, denn ich habe noch etwas zu sagen«, unterbrach ihn der Unbekannte. »Darf ich?«

»Heraus damit – wir warten so lange!«, entschied McGonnigal achselzuckend.

»Well, ich will nur sagen, dass ich diesen Streit mit Vorbedacht hervorgerufen habe. Ich wollte durchaus nicht gegen die hier geltenden Gesetze verstoßen, doch mir lag daran, dahinter zu kommen, wer dieser Tony Arco eigentlich ist.«

»Nun, das soll dir gleich klar werden!«, rief Nick ungeduldig.

»Ich bin noch nicht zu Ende«, versetzte der Fremde bedächtig. »Halb und halb beargwöhnte ich diesen Mann, dass er nicht der ist, für den er sich ausgibt – mit einem Wort, ich hielt ihn für den Allerweltsschnüffler Nick Carter.«

»Donnerwetter, das ehrt mich!«, rief der vermeintliche Korse lachend.

»Als er sich nun auszog, wurde mir halb und halb klar, dass ich mich geirrt haben muss«, fuhr der Fremde kaltblütig wieder fort. »Doch ehe der Faustkampf nun beginnt, will ich öffentlich erklären, dass ich durchaus noch nicht überzeugt bin.«

»Am Ende bist du Nick Carter selbst!«, rief der Detektiv nun hitzig. »Warum ziehst du dich nicht aus?«

»Weil ich das einem Burschen deines Gelichters gegenüber nicht nötig habe!«

»Oho, das geht zu weit!«, rief nun McGonnigal zornig. »Nun ziehst du dich ebenfalls aus – nach dem, was du gesagt hast, gibt es keine Ausnahme für dich. Herunter mit dem Hemd, mein lieber …«

»Sprecht den Namen nicht aus!«, unterbrach ihn der Fremde. »Tue mir den einzigen Gefallen, Mac, und nennt mich nicht eher beim Namen, ehe ich weiß, wie ich mit dem Burschen dran bin. Bleibt seine Haut, wie sie vorher war, nachdem ich ihm eine gehörige Tracht Prügel verabreicht habe, dann will ich gern und willig ihm eine Erklärung geben, die ihn befriedigen soll – bis dahin aber lasse mir meinen Willen!«

»Well, das ist nicht mehr als billig!«, entschied McGonnigal. »Doch das Hemd musst du ausziehen!«

»Mit Vergnügen!«

Hurtig entledigte sich der Fremde seines Hemdes und stand die Minute darauf ebenso nackt bis zum Gürtel wie Nick, gleich diesem ein Bild männlicher Stärke und strotzender Kraft. Er war wohl einen halben Kopf größer als dieser, dafür war Nick breitschultriger und untersetzter.

Mit raschem Blick hatte Nick Carter die Handgelenke seines Gegners gestreift und an diesen die unverkennbaren Spuren der Handschellen entdeckt, genauso wie zwölf Stunden zuvor im Undine. Doch war er auch seiner Sache nun sicher und wusste, dass sein Todfeind Morris Carruthers ihm in unübertrefflicher Verkleidung gegenüberstand, so kündete er jedoch nicht in seinen Mienen diese Entdeckung an.

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