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Abenteuer und Wanderungen der sieben Schwaben Teil 10

Abenteuer und Wanderungen der sieben Schwaben
als des Blitz-, Spiegel-, Nestel-, Knöpfle-Schwab, Seehaases, Gelbfüßler und Allgäuer.

George Jaquet’s Verlagsbuchhandlung. Augsburg, 1855.

Der allzeit sauft und allzeit schlemmt,
behalt zuletzt nicht ein gutes Hemd!

Abenteuer von den sieben Schwaben

Gegen Mittag sahen sie in eine weite Talebene hinab, welche ganz flach und blau am Fuß der Schweizer Berge da lag, gleich als wäre ein großes Stück vom Firmament hinabgefallen und überdeckte das Land. Darüber ragten jenseits die Eis- und Felsenzacken des Steinalpgebirges von Appenzell mit ihrem höchsten Gipfel, dem Säntis, empor.

»Das ist der Bodensee«, sagte der Seehas und wies auf die blaue Spiegelfläche hinab.

Alle blieben stehen, rissen Maul und Augen auf, und lugten eines Lugens.

»By Gott!«, rief der Allgäuer, »dös ischt e Lach, ma könnt’ de Gründte drinn versäufe.«

Und der Spiegelschwab fragte den Seehasen, ob das Wildenten seien, die man dort sehe? Es waren aber Segelschiffe.

Der Knöpfleschwab aber fragte, ob jenseits auch Leute seien, wie diesseits?

Und so fragte jeder etwas anderes. Zu guter Letzt erzählte der Seehas, dass der See einen Umfang habe von wenigstens hundert deutschen Meilen und gar keinen Grund und Boden, und daher man ihn auch Bodensee nenne. Bei stillem, hellem Wetter sehe man versunkene Städte und Schlösser darin und Wasserjungfern in Menge. Wenn aber der See stürmisch sei, so werfe er Wellen wie der Säntis so hoch. »Potz Blitz!«, rief da der Blitzschwab und »Wist! Wist!« der Nestelschwab in einem fort.

Nachdem sie sich aber fast die Augen ausgelugt hatten, gingen sie fürder Überlingen hinaus gegen den Wald zu, wo das Ungetüm hauste.

 

*

 

Ehe sie in den Strauß gingen, wollten sie noch eine Magen- und Herzstärkung zu sich nehmen. Der Knöpfleschwab schonte weder Salz noch Schmalz, um das Henkersmahl recht appetitlich zu machen. Als sie so um die Pfanne her saßen und sich die gerösteten Spätzli schmecken ließen, lehnte sich der Allgäuer an dem Chriesibaum1 zurück, holte einen schweren Seufzer bis von der großen Zehe herauf, und sprach, die Augen nach oben wendend: »S’ischte Sach!«, setzte dann hinzu: »wenn man so sʼletzte Mal in sym Leaba zʼMittag isst.«

»Hoho!«, meinte der Seehas, »es ist ja noch nicht unterschrieben, dass jetzt unser Stündlein schlagen wird!«

»My Stündli, seids2 Mütterli, wird gar nie schlaga«, greinte der Nestelschwab, und er allein war deswegen getrost, während die anderen alle zu essen aufhörten, heinten und röhrten, indessen der Knöpfleschwab still ihre Portionen aufaß.

Der Allgäuer war der Erste, welcher seinen Schmerz von sich abschüttelte und die anderen aufmunterte, sich in Schlachtordnung zu stellen. Der Seehas meinte, sie sollten bei ihrer bisherigen Ordnung bleiben. Dem widersprach aber der Allgäuer und sagte, er sei lange genug der Vorderste gewesen, heute wolle er einmal der Letzte sein.

»Kurasche hätte ich genug im Leibe«, sagte der Blitzschwabe, »aber nicht Leib genug für die Kurasche.«

Der Nestelschwab meinte, es brauche ja nicht durchaus einer der Erste und einer der Letzte zu sein. Sie könnten sich alle in die Mitte stellen, so könne keinem etwas zustoßen.

Der Blitzschwabe machte den Vorschlag, einer solle für alle sich opfern und sich gleichsam als Köder vorne an den Spieß stecken lassen. Der Knöpfleschwab als der Wohlgemästetste von allen sei ein passender Bissen hierzu. Dieser aber wehrte sich und strampelte mit Händen und Füßen, schrie auch so mörderisch, als ob er so am Spieß steckte.

Da sagte der Blitzschwab zum Gelbfüßler: »Jakele, gang du vora, hasch Spore und Stiefele a, dass di der Has it beißa ka!«

»Meinetwegen!«, sprach der heldenmütige Gelbfüßler, denn er dachte sich: Entweder läuft das Tier davon und ich ihm nach, dann ist der Ruhm und die Bärenhaut mein! Oder es geht auf mich los: Dann laufe ich davon und mich soll es nicht erwischen.

Nun ginge es in langsamen Schritten dem Busch ze, wo der Drache, wie der Seehas

agte, sein Lager hielt. Der Spiegelschwab wollte wegen Bauchgrimmen abseits gehen und der Blitzschwab um zu spionieren, was aber der Allgäuer beides nicht zugab.

Wie sie nun weiter gegen den Busch vordrangen, rief der Seehas plötzlich: »Bym Bloscht3! Jez kümmts dahär!«

Da verdatterten alle, und siehe, dicht vor ihnen machte ein Hase ein Männchen, welchen sie beinahe übersehen hätten. Vor dem Geschrei des Überlingers erschreckend, ergriff aber der muntere Rammler das Hasenpanier und floh querfeldein unter dem Ruf des Überlingers und Nestelschwaben Handers gseaha, handers gseaha?

»By Gott!«, sagte der Allgäuer, nachdem er eine Weile gelost hatte, »wenn das kein Hase gewesen war, weiß ich den Gründten von keinem Büchel zu unterscheiden.«

»Hase hin, Hase her!«, sprach der Seehase, »ein Seehase ist halt grimmiger als alle übrigen Hasen im heiligen deutschen Reich.«

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  1. Kirschbaum
  2. sagtʼs
  3. Beim Sturm (wohl von blasen)

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