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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XXXVIII

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XXXVIII. Reise nach Colorado Springs. Zweiter Besuch bei Robinson. Sammeln von Vieh in den Colorado-Bergen.

Meine Geschäfte waren nun alle in Ordnung gebracht und ich machte mich fertig, die Gegend zu verlassen, um ein anderes Stück des amerikanischen Kontinents zu bereisen. Ich hatte zwei sehr gute Pferde, einen vollständigen Kochapparat für die Prärie, und, was die Hauptsache ist, gute Waffen. Eines Abends hielten wir das Abschiedsfest, wobei es sehr lustig herging. Am nächsten Morgen sattelte ich meine Pferde, bepackte das eine mit meinen Decken, mit Provision, Kaffeekessel, Blechbecher usw. und ritt dann am Arkansas River hinauf. Ich hatte meinem Freund P. L. versprochen, bei ihm auf seiner Insel zu übernachten, was ich auch tat, obwohl ich schon mittags dort angekommen war. P. empfing mich sehr freundlich, wartete mir auch sogleich mit Speck und Bohnen auf, welche er ausgezeichnet zuzubereiten verstand. Nach Tisch besahen wir die Insel und er vertraute mir seine Pläne für die Zukunft an, die aber niemals ausgeführt wurden. Er hatte einen einjährigen Büffel auf seiner Insel, dem er die Vorderbeine ge­koppelt hatte, um ihn am Davonlaufen zu hindern. Nun hatte er die Idee, dass dieser Büffel nicht Verstand genug hatte, selbst an den Fluss zu gehen, um Wasser zu trinken, beschloss daher, ihn mit dem Lasso zu fangen und in den Fluss zu führen, was natürlich zu Pferd geschehen musste. P. L. war ein sehr schlechter Reiter und wusste gar nichts vom Gebrauch des Lasso. Ich konnte also erwarten, ein Abenteuer zu erleben. Mein Freund wollte den Büffel fangen und führen. Meine Rolle war, hinterher zu gehen und das Tier zu treiben. So sattelte er sein Maultier von der kleinen spanischen Rasse, das ihn schon oft abgeworfen hatte, ritt auf den Büffel zu und fing an, sein Lasso mit allen Kräften zu schwingen. In seinem Eifer schlug er damit das Maultier immer über die langen Ohren, sodass dieses ihn abwarf, gerade als er sich selbst die Schlinge um den Hals geworfen hatte. Da ein Ende des Lassos am Sattel befestigt war und das Maultier einige Sprünge machte, nachdem es ihn abgeworfen hatte, so zog sich die Schlinge um seinen Hals fest zu, sodass das Maultier bei der geringsten Bewegung meinen Freund P. erhängen musste. Glücklicherweise stand es still, bis ich das Lasso schnell entzweischnitt und den kühnen Büffelfänger vom Tod durch den Strang befreite. Beim Aufstehen machte er die Bemerkung, dass wenn der Büffel nicht selbst Verstand genug hätte, zu trinken, wenn er durstig war, er lange ohne Wasser gehen könnte, bis er ihn wieder zum Fluss führen würde. Am anderen Morgen nahm ich Abschied von P. L., richtete meinen Kurs nach Westen und folgte dem Fluss stromauf, bis ich nach einigen Tagen die Stadt Pueblo erreichte, wo ich mich einen halben Tag amüsierte und über Nacht blieb. Am nächsten Tag verließ ich den Arkansas und schlug eine nördliche Richtung ein, am Fuß der Gebirge dahinreitend, wobei mir Pikes Peak als Anhaltspunkt diente. Bald erreichte ich Colorado Springs, ein Städtchen, am Fuße von Pikes Peak gelegen und von Temperanz-Leuten bewohnt, wo kein geistiges Getränk außer Kaffee in der Stadt verkauft werden darf. Es war nun die Roteo-Zeit im Staat, d. i. die Zeit im Frühjahr, wenn sämtliche Vieheigentümer zusammengehen, an einem Ende der Gegend anfangend alles Vieh zusammentreiben und jeder das seine heraussucht, um es auf sein eigenes Gebiet heimzubringen. So wird das ganze Land durchstreift. Nur selten entgeht ein Stück Vieh den scharfen Augen der Vaqueros. Ich machte einen Vertrag mit Herrn N., welcher sieben Meilen von der Stadt eine große Ranch mit tausend Stück Vieh besaß, für ihn an die Roteo zu gehen und sein Interesse zu hüten. Am nächsten Tag begann die Arbeit. Über dreihundert Mann stark gingen wir vom Arkansas River aus nach Westen, wo wir die Gebirge durchstreiften und eine der schönsten Gegenden und Gebirgsszenen kennen lernten. Es dauerte lange, bis wir wieder nach Colorado Springs zurück kamen, da wir nur langsam vorrücken konnten und jeden Tag ein gewisses Revier zu nehmen hatten.

Bei Tagesanbruch machte sich die Gesellschaft nach allen Richtungen hin auf den Weg, während die Proviantwagen auf einen angegebenen Platz fuhren, um dort Lager zu machen. Zwischen drei und vier Uhr trafen dann wir ein, in kleinen Abteilungen von allen Richtungen herkommend, jede das gesammelte Vieh vor sich hertreibend. Sobald alle eingetroffen waren, wurden diejenigen Tiere, welche auf das eben durchstreifte Revier gehören, ausgesucht und wieder laufen gelassen, während die übrige Herde mitgetrieben wurde. Sobald dies geschehen, war die Tagesarbeit vollendet und ein jeder ließ sich sein Mittag- und Abendmahl schmecken, denn die reine Gebirgsluft und das harte Reiten den ganzen Tag über machte allen einen gesunden Appetit. Darauf wurde noch bis spät in die Nacht hinein gesungen und Unsinn getrieben, auch manchmal eine türkische Musik gemacht, d. h. jeder der dreihundert oder mehr Vaqueros nahm eine Blechschüssel, einen Teller oder irgendetwas, womit man so viel Lärm wie möglich machen konnte, benutzte es als Trommel oder überhaupt als musikalisches Instrument und bot alles auf, um ärger und lauter zu schreien als sein Nachbar. So kamen im Wald oft nächtliche Konzerte zustande, wie man sie nicht leicht irgendwo hört. Nach Ablauf von zwei Monaten war die Roteo vorüber und das Vieh gesammelt. Jeder suchte das seine aus der gesammelten Herde und machte sich damit auf den Heimweg. Die Übrigen wurden dem County Hirt übergeben, Marke und Brand notiert und in den Zeitungen veröffentlicht, damit sie die Eigentümer gegen Zahlung einer Kleinigkeit abholen konnten.

Was am Ende des Jahres übrig blieb, wurde in öffentlicher Auktion verkauft und das daraus gelöste Geld zu Schulzwecken usw. verwendet. Ich hatte viel junges Vieh des Herrn N. gefunden, welches andere als ihr eigenes markiert und ihr Brand über das von N. gesetzt hatten, was vonseiten des rechtmäßigen Eigentümers Anlass zu einem Prozess gegen diese Personen wegen Viehdiebstahl gab, dessen Resultat war, dass diese, weil N. das so viel markierte Vieh nicht wieder haben wollte, es ihm um einen teureren Preis abkaufen mussten. Ich machte mich fertig, wieder ein Stück weiter zu reiten, obwohl man mir viele Ranchen angeboten hatte, denn ich wollte mehr vom Land sehen.