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Christian Kuhn – Nordseedämmerung

Christian Kuhn – Nordseedämmerung

Tobias Velten, Abteilung Polizeilicher Staatsschutz, Gefahrenabwehr und Terrorismusbekämpfung, ist Mitte vierzig, ausgebrannt und kraftlos. Er denkt sehr intensiv darüber nach, ob er sich für den richtigen Lebensweg entschieden hat, oder ob er nicht einfach aussteigen und noch einmal ganz von vorn anfangen soll.

Während er noch grübelt, schickt ihn seine Chefin, Dr. Meyer, auf die Nordseeinsel Juist. Er soll zusammen mit seinem Team und in Verbindung mit dem von Svenja Jenner, einer Kollegin, mit der er früher einmal zusammengearbeitet hat, sicherstellen, dass Bundespräsident Bramberger dort seinen Urlaub sicher verbringen kann.

Die Amerikaner haben nämlich im Darknet auf einige Nachrichten zugreifen können, die zwar verschlüsselt waren, aber von der NSA enttarnt wurden. Darin befand sich ein Hinweis darauf – zumindest kann man das so sehen – dass ein Attentat auf den Bundespräsidenten geplant ist.

Aber dies ist nur der offizielle Teil des Einsatzes von Kriminalhauptkommissar Velten. Inoffiziell geht es um mehr. Dr. Meyer bereitet ein weiteres Problem Magenschmerzen. Svenja Jenner, die mit ihrem Team schon länger für den Schutz des Bundespräsidenten verantwortlich ist, hat festgestellt, dass Informationen, die auch das Sicherheitskonzept betreffen, aus internen Quellen zum Beispiel an die Presse abfließen.

Deshalb möchte Dr. Meyer, dass Velten Jenners Team einmal unauffällig beobachtet und ausschließlich an sie berichtet. Nur seine Kollegin Svenja, Dr. Meyer und Tobias Velten haben Kenntnis von dieser zweiten Aufgabe des Ermittlers, und nicht einmal seine Kollegin soll von seinen Ergebnissen erfahren. Sein eigenes Team wird nicht eingeweiht.

Am Dienstag, den 20. Juni, nimmt Tobias Velten die Fähre nach Juist, und das Wetter ist zunächst nicht sehr einladend. Bevor der Bundespräsident seinen Urlaub auf der Insel beginnt, müssen noch einige Dinge recherchiert und eine ganze Menge Technik installiert werden. Das machen vor allem Veltens Kollegen und Kolleginnen, sodass er selbst zunächst einmal die Insel erkunden kann, was er intensiv tut.

Am Abend gönnt er sich dann eine kleine private Auszeit in einer Inselkneipe, wo er viel trinkt und eine junge Frau Namens Juna kennenlernt, die ihm auf Anhieb gut gefällt.

 

Christian Kuhn beschreibt in seinem Roman Nordseedämmerung sehr intensiv die Arbeit der Polizisten, die den Bundespräsidenten schützen sollen. Auch die benutzte Technik und die Waffen, die in der Geschichte zum Einsatz kommen, sind detailliert und äußerst genau dargestellt. Die Präzision der Beschreibung lässt darauf schließen, dass der Autor entweder ausgesprochen gut recherchiert hat oder dass er zur Polizei, deren Technik und Waffen einen persönlichen Zugang hat, was man allerdings den öffentlich zugänglichen Daten über seine Person nicht entnehmen kann.

Der Autor berichtet außerdem psychologisch fundiert über die inneren Dinge, die die Polizei unserer Zeit umtreiben. Dabei sind es vor allem seine Hauptcharaktere, denen er innere Monologe zuschreibt, die dem Leser vermitteln, was die Polizisten aus diesen Bereichen der Polizei denken.

So sind sowohl der Protagonist Velten als auch seine Kollegin Svenja Jenner ausgebrannt und ganz und gar nicht zufrieden mit dem Leben, das sie führen und der Arbeit, die sie tun. Aber sie funktionieren weiter zum Wohl der höher gestellten Persönlichkeiten, die sie schützen und zum Wohl des Volkes, das diese Persönlichkeiten an die Spitze gestellt hat.

Zumindest sieht alles auf den ersten Blick danach aus. Dann aber schaut der Autor tiefer, und er beschreibt den Bundespräsidenten, um dessen Wohl es bei dem beschriebenen Einsatz geht, als eitlen, dominanten, seine Frau betrügenden und machtbewussten Menschen, der seine Ideale schon vor langer Zeit verraten hat.

Diese Eigenschaften des zu Schützenden und auch die mangelnden Befugnisse der Polizei lassen dann den Protagonisten zum Beispiel durchaus auch positiv auf eine Partei blicken, die der Polizei mehr Macht verspricht.

Alles in allem jedoch bleibt Tobias Velten in dieser Geschichte eher unpolitisch, und seine Sympathien verstellen ihm zunächst den Blick auf die Tatsachen. Erst ganz am Ende des Romans sieht er das Wesentliche, und zu diesem Zeitpunkt ist fast alles zu spät.

Während der Bundespräsident in einer Livesendung des Fernsehens von der Insel versucht, seine politischen Verfehlungen der letzten Jahre zu begradigen und auf einen positiven Kurs zurückzukehren, kämpft Velten verzweifelt um dessen Leben.

Fazit:
Christian Kuhn liefert mit Nordseedämmerung einen spannenden, aber von seiner Einstellung eher skeptischen Roman ab, der die Frage nach dem Wozu des Schutzes von Politikern durch ein großes Polizeiaufgebot stellt, die hier auch nicht zufriedenstellend beantwortet wird.

Ich möchte diesen Krimi demjenigen Leser empfehlen, der nicht nur Spannung schätzt, sondern auch angedachte Überlegungen gerne zu Ende denken möchte.

Der Autor:

Christian Kuhn wurde 1981 in Köln geboren und lebt in der Nähe dieser Stadt. Er mag die Nordsee und fuhr schon früher gern mit seiner Familie dorthin, um sie und ihre Inseln segelnd zu erkunden. Wie sein Protagonist in seinem ersten Kriminalroman Nordseedämmerung hat er sein Faible für das Laufen entdeckt.

Seine Kurzgeschichte Ich komme auf Sie zu war 2017 für den Deutschen Kurzkrimi-Preis nominiert.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Romans. Mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House.
  • Foto des Autors. Copyright: Random House/Jürgen Naber. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Random House.

(ww)