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Deutsche Märchen und Sagen 82

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

101. Bischof Conrads von Würzburg Tod

Conrad Wilhelm, Bischof von Würzburg und Herzog von Franken, stellte im Jahre 1684 eine Lustfahrt zu Wasser an zu seinem Lusthof zu Veitshochheim. Als er an dem adligen Fräuleinkloster Unterzell vorbeifuhr, lag seine Schwester, die Priorin, gerade im Fenster und sah, wie im Schiff vor ihrem Bruder eine schwarz überdeckte Totenlade stand. Sie allein sah dieselbe und niemand außer ihr. Die Bedeutung dieses Gesichtes offenbarte sich am achten des Herbstmonats desselben Jahres. In der Nacht, welche dem Tag vorherging, fiel des Bischofs Leibpferd plötzlich tot zur Erde nieder, ohne dass man an demselben zuvor auch nur das geringste Zeichen von Krankheit gefunden hätte, und an dem Tag selbst starb der Bischof.

102. Die Fische im See zu Ulmen

Im See zu Ulmen in der Eifel sind zwei Fische, die schon mancher gesehen hat, einer dreißig Schuh lang und ein anderer zwölf Schuh lang, die haben Hechtgestalt. Und so sie sich sehen lassen, stirbt gewisslich ein Ganerbe des Hauses Ulmen, es sei Mann oder Frau, wie das oft ist bewährt und erfahren worden.

103. Ruf der Sterbenden

Im Jahre 1564 wütete eine sehr heftige Pest am Rhein und besonders in der Gegend von Basel. Während derselben hatte man durchgängig gesehen, dass die von ihr Ergriffenen im ärgsten Augenblick ihrer Krankheit und kurz vor ihrem Tod den Namen des einen oder anderen aus ihrer Verwandtschaft ausriefen oder auch den eines ihrer Bekannten oder Nachbarn. Es dauerte dann nicht lange und der Gerufene wurde gleichfalls von der Pest ergriffen und rief wieder, ehe er den Geist aufgab, einen anderen, der gleichfalls bald darauf erkrankte und es ebenso machte.

104. Pilger stirbt

Zu der Muttergottes von Scharfenhügel in Belgien wallfahrten jährlich eine Menge von Pilgern aus Städten und Dörfern von nah und fern. Unter anderen kam auch eine Prozession dahin, die führte eine Totenlade mit sich, denn einer aus ihrer Mitte starb jedes Mal unterwegs. Den sargten sie dann ein und trugen die Leiche mit sich zurück nach Hause, um sie da zu beerdigen. Diese Prozession hatte noch nie ihren Gang nach Scharfenhügel gemacht, ohne dass sie nicht einen ihrer Pilger verloren hätte.