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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XXVII

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XXVII. Henrietta. Fischfang. Mokassin-Schlange. Depesche nach Whaly’s Ranch. Begegnung mit Kiowa.

Wir waren kaum von Buffalo Springs zurück, als wir schon wieder fort mussten. Dieses Mal ging es nach Henrietta, einer verlassenen, seiner Zeit von Indianern zerstörten Ansiedlung, um die dort herumstreifenden Indianer aufzusuchen. Wir machten unser Hauptlager am Fluss Little Wichita, wo wir sehr viele Fische fingen, besonders zwei Cad-Fische, von denen jeder fünfundsiebzig Pfund wog, aber weil sie zu fett und ölig, nicht gut zu essen waren. Wir machten ein großes Netz aus Kornsäcken, zogen es durch die tiefen Löcher und holten eine ungeheure Quantität Fische und Schildkröten heraus. Ich hielt bei der Fischerei gewöhnlich den brail; das ist die Stange an jedem Ende des Netzes. Nun, eines Nachmittags, als wir wieder fischten und ich bis an den Hals im Wasser steckte, den brail haltend, hatten wir eine sechs Fuß lange Mokassin-Schlange im Netz, die sich ganz lebhaft bewegte, um herauszukommen. Sie kletterte auch über das Netz, gerade da, wo ich war, rollte sich um mein Bein und lief daran hinunter bis auf den Boden des Flusses, wo sie dann fortschwamm. Zur selben Zeit, als sie meinen Fuß berührte, drückte sich ein Cad-Fisch unter dem Netz heraus und schnitt mich im Vorbeischwimmen mit der scharfen Seitenflosse in den Fuß. Nun wusste ich nicht gewiss, ob mich der Fisch geschnitten oder die Schlange, deren Biss tödlich ist, gebissen hatte, ließ daher die Fischerei gehen, setzte mich ans Ufer, zündete meine Pfeife an und wartete der Dinge, die da kommen sollten, denn war es ein Schlangenbiss, so würde ich es in wenigen Minuten deutlich genug sehen und spüren. Bald sah ich, dass es nur der Fisch gewesen sein konnte und setzte die Fischerei wieder fort.

Da uns während der Nacht ein Teil Indianer entschlüpft war, so musste ich schnell nach Whaly’s Ranch am Red River eine Depesche bringen, um die Truppen, welche gegenwärtig dort lagen, aufmerksam zu machen und sie auf dem Heimweg abzufangen. Ich brach sehr früh auf und ritt einen langsamen Trab, um mein Pferd zu schonen, da ich nicht wusste, ob mir auf dem Weg Indianer begegneten, ein müdes Pferd aber viel Verlegenheit bereiten konnte. Ich hatte viele kleine Flüsschen und Bäche zu überschreiten, an welchen große Bäume wuchsen. Das übrige Land war offene hügelige Prärie. Der Boden vieler dieser Bäche war sehr sumpfig, sodass ich oft zu suchen hatte, um einen Übergang zu finden, wozu ich gewöhnlich alte Büffelpfade benutzte. Durch einen solchen reitend, der so tief ausgewaschen war, dass mir der ebene Boden bis an die Knie ging, fand ich eine große Klapperschlange liegen, welche einen wütenden Biss nach mir machte, aber mein Bein um einen Achtel Zoll verfehlte, da sie gerade mein Pferd sah und einen ungeheuren Sprung über den Bach machte. Ich erreichte Whaly’s Ranch ohne weitere Zwischenfälle, wo ich meine Depesche abgab und mich für die Nacht gemütlich einrichtete.

Am nächsten Morgen, nach einem kräftigen Frühstück, trat ich die Rückreise an. Als ich etwa halb weg war und so ungefähr achtzehn Meilen noch zu reiten hatte, sah ich auf einmal zwölf Kiowa quer über die Prärie daher traben, als wollten sie mir den Weg abschneiden. Ich hielt für einen Augenblick, um meinen Sattel festzuzurren und meine Pfeife anzuzünden. Mein Entschluss war schnell gefasst. Hinter mir war lauter Prärie, wo ich nicht viel Chancen gehabt hätte zum Davonlaufen; ein paar Meilen vor mir war der dichte Laubwald, hundert Meilen lang, in welchem Henrietta lag und in welchem ich mich sicher fühlte, da ich jeden Fuß kannte und den Indianern leicht entkommen konnte. Nun, wir waren so ziemlich in gleicher Entfernung voneinander und vom Wald. Mein Pferd war frisch und ein guter Läufer. Es kam also bloß darauf an, wer den Wald zuerst erreichte. Ich drückte die Sporen in die Flanken meines Pferdes, stieß mein Kriegsgeschrei aus, da man sich nie Furcht anmerken lassen muss, und nun ging es über den Boden, dass es eine Freude war. Ich war den Kiowa ein großes Stück voraus, als ich den Wald erreichte, hielt mich aber nicht auf, um zu warten, sondern ging in einem ganz anständigen Galopp fort, bis ich mich in Sicherheit wusste, worauf ich dann im Schritt ritt, um mein gutes Pferd wieder ausschnaufen zu lassen. Nachmittags um vier Uhr erreichte ich Henrietta, wo ich mich mit einem guten Beefsteak stärkte und vor Abend noch eine Falle machte, um am nächsten Tag Bobelins (Vögel) zu fangen, deren es hier sehr viele gab.

Nächsten Nachmittag kam eine Horde wilder Pferde in unsere Nähe. Einige von uns sattelten schnell, um unser Glück mit dem Lasso zu versuchen. Wir fingen eine Mähre und zwei Fohlen. Ich hatte auch ein Fohlen, bald zwei Jahre alt, am Lasso, konnte es aber allein nicht fortbringen. Da wir uns bei dem Rennen weit voneinander getrennt hatten, konnte ich auch keine Hilfe finden. Als es dann dunkel wurde, band sich das Fohlen an einen Busch und ritt zum Lager. Am Morgen ritten unserer drei hinaus, um es hereinzubringen, fanden aber nur noch mein Lasso und einige Knochen, denn die Wölfe hatten es während der Nacht gefressen.

Whaly’s Ranch ist eine Farm an der Mündung des Big Wichita in den Red River. Der Eigentümer ist Mr. Whaley, der dort etliche tausend Acker Land bebaut, meistens in Hafer und Korn, was er an die Regierung verkauft. Doch da er gerade am Red River wohnt, welcher Fluss die Grenze zwischen Indian Territory (das Land der Kiowa) und Texas ist, so hat er Sommer und Winter nie weniger als dreißig Mann bei sich. Bei der Arbeit müssen sie in größeren Abteilungen sein und dürfen nie das Gewehr aus der Hand lassen, beim Pflügen haben sie es auf dem Rücken hängen, denn oft werden sie auf dem Feld von Indianern überfallen. Er verliert das Jahr über ungefähr zehn Mann, doch macht er viel Geld. Er hatte sechzig Maultiere, welche die Indianer, zwei Tage nachdem ich fort war, stahlen. Auch wird beinahe jede Nacht Alarm gegeben und Alles springt zu den Waffen. Vor einiger Zeit war sein Sohn, ein Junge von zwölf Jahren, allein auf dem Feld in der Nähe des Hauses, als er von einer Bande Indianer umringt und ihm der Weg zum Haus abgeschnitten wurde. Whaly’s Leute waren alle den Fluss hinunter gegangen nach Holz, daher war niemand im Haus, als der alte Herr selbst, ein großer, stark gebauter Mann, der, sobald er die Gefahr seines Sohnes sah, hinausstürzte und mit solcher Verzweiflung kämpfte, dass, nachdem er drei Kiowa erschossen hatte, die anderen sich zurückzogen und der Junge gerettet war.

Wir kehrten nach Jacksboro zurück, waren aber kaum zu Hause, als die Indianer vierundvierzig Pferde in der Nähe von Jacksboro stahlen. Sogleich ging es wieder fort, den Missetätern nach. Es regnete sehr stark, dabei war es neblig und sehr unangenehm. Wir gingen an den Quellen Salt Creeks und der Westfork of Trinity River vorbei. Als wir aber an den Little Wichita kamen, war der Fluss so angeschwollen, dass wir nicht hinüber konnten und die Verfolgung aufgeben mussten. Wir machten uns wieder auf den Heimweg, befanden uns aber am Abend an derselben Stelle, die wir am Morgen verlassen hatten, denn wir hatten bei dem Nebel und Regen, wo man keine zehn Schritte vor sich sehen konnte, einen Kreis beschrieben und waren den ganzen Tag umsonst geritten. Nun machten wir Halt und blieben einige Tage liegen, bis sich das Wetter aufklärte und wir die Sonne zum Führer hatten, dann kehrten wir direkt nach Jacksboro zurück.