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Professor Zamorra Band 1199 – Das lauernde Böse

Veronique Wille
Professor Zamorra Band 1199
Das lauernde Böse

Horror/Mystery, Heftroman, Bastei Lübbe AG, Köln, 12. Mai 2020, 68 Seiten, 1,90 Euro, Covermotiv: Elena Schweitzer/Shutterstock

Als Zamorra eines Nachts nicht schlafen kann und seinen Durst löschen will, gelangt er, angezogen von einem Lichtschein, in das Kellergewölbe des Chateau Montagne, wo er auf John Sinclair und Dorian Hunter trifft. Diese an sich seltsame Zusammenkunft artet letztendlich in ein Trinkgelage der drei Geisterjäger aus.

Der darauffolgende Morgen wartet mit einem Schreiben des Earl of Quillian auf, der Nicole Duval, die Partnerin Zamorras, zu einer Woche Verwöhnprogramm auf sein Castle-Wellness-Hotel nach Irland einlädt. Doch dem Meister des Übersinnlichen, der Nicole begleiten soll, steht der Sinn nicht nach Urlaub, plagt ihn doch die Gewissheit, dass etwas Gewaltiges in diesem Teil des Multiversums bevorsteht. Außerdem hält er die Einladung sowieso für einen betrügerischen Schwindel.

Nicole entscheidet sich dafür, nun erst recht die Reise anzutreten und Madame Claire, die Haushälterin des Chateaus, nach Irland mitzunehmen.

Mit einem altersschwachen Reisebus und einer bunt zusammengewürfelten Reisegruppe erreichen die beiden Damen und fünf weitere Fahrgäste ihr Ziel Cumhaill Castle, gelegen auf einer kleinen, der Küste Nordirlands vorgelagerten Insel.

Die anscheinend zufällig ausgewählten Personen (ein Zauberkünstler, ein frisch verheiratetes Paar, ein Bestattungsunternehmer und eine schweigsame, ältere Dame sowie natürlich Nicole und Madame Claire) verbindet jedoch mehr, als es ein erster oberflächlicher Blick erahnen lässt.

Bergen die Mauern von Cumhaill Castle doch eine dramatische Geschichte von Liebe, Eifersucht und Tod, die ihrem baldigen Höhepunkt entgegensteuert.

 

Mit Das lauernde Böse hat Veronique Wille quasi ein Soloabenteuer von Nicole Duval geschrieben, denn Professor Zamorra ist in die Haupthandlung nicht involviert und taucht nur zu Beginn und als Randnotiz auf.

Die Geschichte an sich spielt auf zwei Zeitebenen.

In der Gegenwartshandlung begleiten wir Nicole auf ihrer Reise nach Irland und bringen mit ihr Licht ins Dunkel der Mysterien von Cumhaill Castle.

Die Vergangenheit wird durch die Tagebucheinträge von Sir Godric Sheridan zum Leben erweckt. Er, der einem uralten schottischen Adelsgeschlecht entstammt, berichtet darin von seinem Schicksal und seiner tragischen Liebe im London des 19. Jahrhunderts.

Der Autorin gelingt es dabei, ihren Sprachstil der jeweiligen Handlungszeit anzupassen, sodass ich mich manches Mal bei den Geschehnissen in der Vergangenheit sogar etwas an Poe erinnert fühlte.

Interessanterweise wechselt Wille bei den Tagebucheinträgen gegen Ende die bisherige Perspektive des Ich-Erzählers und schreibt diese plötzlich in der dritten Person weiter.

Leider hakt es an vielen Stellen nicht nur an der Grammatik, sondern es haben sich auch eine Menge Druckfehler eingeschlichen. Zu Wortwiederholungen kommen sowohl überzählige als auch fehlende Worte hinzu, der Satzbau ist nicht immer stimmig und die selbst für einen Heftroman Vielzahl an Schreibfehlern stören häufiger den Lesefluss.

Veronique Wille, die ihr Debüt bei Professor Zamorra mit Band 1162 gab, beschreibt ihren Roman selbst als eine Mischung aus klassischem Krimi á la Agatha Christie, in dem »eine zusammengewürfelte Gruppe von Menschen irgendwo festgesetzt ist und sich gegenseitig belauert und verdächtigt, bis am Ende die oft verblüffende Wahrheit ans Licht kommt« und der Schwarzen Romantik, den Gothic Tales des 19. Jahrhunderts, wobei Wille aber explizit darauf hinweist, dass sie mit Das lauernde Böse keinen Krimi geschrieben habe. Was auch stimmt. Hinsichtlich der Genre-Mischung kann ich der Autorin nur zustimmen.

Setting und Atmosphäre haben mich beispielsweise an Filme wie Eine Leiche zum Dessert oder aktuell Abgeschnitten erinnert, wie auch die sturmumpeitschte Burg durchaus eine Verbeugung vor Der Untergang des Hauses Usher sein mag.

Zudem lernt der Leser etwas über die Sagenwelt Irlands, ist die Burg des Earl of Quillian doch eingebettet in die Route des Giant`s Causeway, einem beeindruckenden Naturwunder aus über 40.000 miteinander verbundenen Basaltsäulen, die einen Steindamm an der Küste Nordirlands bilden, der entweder vor 60 Millionen Jahren durch einen Vulkanausbruch entstanden ist oder aber als Resultat eines Kampfes zweier Riesen.

Das anfängliche Zusammentreffen von John Sinclair, Dorian Hunter und Professor Zamorra sowie der Erwähnung Tony Ballards hat in dem vorliegenden Roman zwar keine weitere Relevanz, erfolgte aber sicher nicht grundlos. War es nur ein Traum oder doch Realität? Zudem erfolgt in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass der John Sinclair dieser Welt tot ist, aber in einem Paralleluniversum weiterlebt.

Ebenfalls recht früh im Roman findet das von Nicole geplante Mittelalterfest seine Erwähnung, ein eindeutiger Hinweis auf den Jubiläumsband 1200, der als Gaststars die Spielleute von Faun präsentiert.

Die ein oder andere Reminiszenz habe ich an dieser Stelle jetzt nicht erwähnt, die mag der geneigte Leser gerne selbst entdecken.

Fazit:
Veronique Wille ist mit Das lauernde Böse ein launiger und kurzweiliger Roman gelungen, der auf zwei Zeitebenen spielt und Nicole Duval in den Mittelpunkt der Handlung stellt, während der Meister des Übersinnlichen eher durch Abwesenheit glänzt. Die Prämisse für die Reise nach Irland ist allerdings etwas hanebüchen und arg konstruiert. Das Ende kommt relativ abrupt.

Die fünf Seiten Mystery Times in der Heftmitte beinhalten einen wichtigen Hinweis für die Leserschaft und alle Hobbyautoren: Auf Grund der mangelnden Resonanz werden ab sofort keine Leserstorys mehr in Professor Zamorra veröffentlicht!

(stb)