Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Lange Zeit nach Corona

Lange Zeit nach Corona
Eine Science-Fiction-Kurzgeschichte

2200: Die Menschheit überstand unterdessen weitere, noch viel schlimmere Pandemien, ja, sogar drei weltweite Zombieseuchen. Mittlerweile schaffte es die Menschheit, einen weltweiten Staatenbund zu erschaffen. Aufgrund der nach Covid-19 überstandenen schlimmeren Seuchen wird der Coronavirus höchstens noch im Geschichtsunterricht und dies auch nur so nebenbei erwähnt.

Nach einer Geschichtsunterrichtsstunde in einer High-School, welche in einer der neuen Wohnturmsiedlungen in Davos liegt:

Die beiden Schulfreundinnen Merry Hammer und Nadine Birnbaum schlenderten durch den Hof der tausendstöckigen Wohnturmsiedlung nahe der Zürcher Höhenklinik Davos. Die Siedlung sah aus großer Höhe aus wie ein sehr hohes, klobiges, viereckiges, dickwandiges Ständerglas für Schirme oder Krücken mit grünen Flächen auf dem Grund. Aus näherer Distanz betrachtet, ähnelten die Türme aneinandergereihten Fiberglasstiften.  Merry, die Austauschschülerin aus den Staaten, war froh, so kurz nach ihrer Ankunft mehrere Freundinnen gefunden zu haben.

»War schon interessant, die heutige Geschichtsstunde, nicht?«, wurde sie von Nadine, ihrer besten Freundin, gefragt.

»Einerseits ja, da doch diese Gegend in Bezug auf eine andere Pandemie sehr geschichtsträchtig ist«, antwortete sie. »Ich hab mir die Klinik mal von außen angesehen. Ist schon speziell: Unter dem Sonnendächlein, wo damals die Tuberkulosepatienten gelegt wurden, stehen jetzt regelmäßig Raucher.«

»Das ist schon irgendwie paradox«, entgegnete Nadine. »Aber war etwas mit der Präsentation von Herrn Brücker nicht in Ordnung?«

»Rein technisch überhaupt nicht«, sagte Merry. »Aber ansonsten war sein Geschichtsunterricht irgendwie lebendiger. Heute ging er von einem Detail ins andere – wie zur Zeit der Corona-Krise der und der Staat erst dann so oder anders reagiert hat, wie sich der und der Präsident herauszuwinden versuchte, welche Lockerung wann von welchem Staat vorgenommen wurde, wie die Krise die Wirtschaft dieses oder jenen Landes beeinflusste, welche Mentalität oder Kultur wofür verantwortlich hätte sein können, wie es besser hätte laufen können oder müssen … Puh, mir schwirrt jetzt noch der Kopf!«

»Solche Hinweise finde ich hilfreich«, entgegnete Nadine. »Geschichte muss man möglichst kausal betrachten. Zudem habe ich eine so detaillierte Zusammenfassung in keinem Geschichtsbuch gefunden.«

»Hm, ich hab mal im Netz eine Dokumentation gesehen, die Teil einer Serie über Seuchen und Pandemien war. Davor gibt es eine Dokumentation über TB und die Pest«, sagte Merry.

»Oh cool, wo ist diese Serie zu finden?«, fragte Nadine begeistert. »Da ich sowieso morgen die Z-Sammelimpfung wiederholen muss, interessiert mich dieses Thema doch sehr!«

»Brrr, grässlich«, schüttelte sich Merry. »Diese Impfung … Bäh! Dieses komische kurze Gefühl der Lust auf Fleisch, das danach kurz latent auftritt! Dabei lebe ich doch vegan!«

»Na ja, das ist halt eben die Nebenwirkung der Impfung, vor allem wenn sie kombiniert angewandt wird«, sagte Nadine. »Hast du gewusst, dass es weltweit über fünf verschiedene Zombie-Erreger gibt? Zwei Bakterienarten, eine Pilzsporenart, eine Virenart und … noch so was Komisches.«

»Dass das immer noch nicht ganz ausgerottet ist?«, wunderte sich Merry.

»Ist ja auch kompliziert«, entgegnete Nadine. »Für den einen Erreger muss man nur eine Impfung machen, eine andere Impfung muss man alle fünf Jahre wiederholen, allerdings nur bis zu einem gewissen Alter, eine andere Impfung erst ab einem gewissen Alter regelmäßig, und so weiter …«

»Die eine Infektion wurde anfangs mit Tollwut, die andere mit einer rapiden Ganzkörpernekrose verglichen, ja, ja«, entgegnete Merry genervt.

»Und eine Seuche grassierte nach der Ausgrabung eines steinzeitlichen Massengrabes«, ergänzte Nadine.

Gähnend fragte Merry: »War das nicht das, wo die Befallenen sich zähneklappernd an der Decke entlang hangelten?«

»Genau, das mit den Knochenbauten«, sagte Nadine.

»Da musste man ja nicht mal gebissen werden, um angesteckt zu werden, ich weiß schon. Aber warum impft man weiterhin dagegen, obwohl es als ausgestorben gilt?«

»Tja, gegen die Kinderlähmung wurde ja auch noch Jahrzehnte nach dem letzten Auftreten weitergeimpft«, meinte Nadine.

»Pfff, ich hab langsam genug über Epidemien, Pandemien und Seuchen lamentiert«, brummte Merry gelangweilt.

»Verstehe schon, wollte schon vom Starrkrampf anfangen«, witzelte Nadine.

»Und von der Hundegrippe … uuuoaah.« Merry gähnte erneut.

»Mensch krass, siehst du das? Da scheint im vor 20 Jahren erst neu erbauten Anbau an die Zürcher Höhenklinik schon eine Party loszugehen!«, sprach Nadine verwundert.

»Hä? In einer Rehaklinik eine Klinikdisco?«, hakte Merry nach.

»Du glaubst nicht, wie sich der Betrieb modernisiert hat! Manchmal soll es sogar regelrechte Antigravpartys geben!«

»Wie funktioniert denn das?», fragte Merry irritiert.

»Na ja, in den einen Clubs wird das per Antigravgürtel gehandhabt, in anderen Clubs wird allein im Partyraum eine künstliche Nullgravitation hergestellt, ganz langsam einschleichend natürlich«, erläuterte Nadine.

Von fern her wummerte Bass House aus dem neu errichteten Bau der Klinik. Die beiden Schülerinnen fragten in der Lobby nach, ob die Party auch für Gäste frei zugänglich. Sie tat es. So amüsierten sie sich bei coolen Beats und schleichend langsam variierender Gravitation.