Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Bisonjäger Teil 5

Materielle Kultur

Bevor die Bisonjäger Pferde kannten, war der Hund das einzige Haustier der indigenen Völker. Diente er den Eskimos als Zugtier und den Bewohnern der nördlichen Waldgebiete zum Tragen von Lasten, so benutzten die Plains-Indianer ihn sowohl zum Transport von Lasten als auch zum Ziehen der Travois.1

Ein ausgewachsener Hund konnte auf einem Travois etwa 40 bis 50 Pfund Gepäck befördern. Manche Stämme schätzten dieses Tier allerdings auch nur als kulinarischen Leckerbissen.

Die bis dahin recht einfache materielle Kultur der Jägerstämme entwickelte sich erst mit dem Erscheinen des Pferdes.

Die Tipis wurden größer, da jetzt längere Zeltstangen transportiert werden konnten, und was bisher als Luxus galt, wurde zur Alltäglichkeit. Mit Hilfe von Pferden war es jetzt auch möglich, größere Vorräte über weite Strecken zu transportieren. Von nun an bildeten Trockenfleisch und Pemmikan einen wesentlichen Anteil der winterlichen Nahrung. Behälter und Beutel aus Bisonleder wurden fortan in größeren Mengen als bisher verwendet.

Zusammen mit dem Pferd übernahm man Reit- und Packsättel, Satteltaschen und Knuten. Dagegen fehlten Sporen völlig; auch der indianische Zügel ist nur zum Teil dem spanischen Vorbild nachgeformt.

Was die Waffen angeht, so gebrauchten viele Stämme zwar Lanzen zur Jagd, doch wich die Handhabung derart von europäischen Vorbildern ab, dass man versucht ist, hier eine indianische Form anzunehmen, die erst später zum Gebrauch zu Pferde modifiziert wurde.

Der Lanzenbogen, eine Kombination von Lanze und Langbogen, ist hingegen eine rein indianische Erfindung.

Obgleich der Bogen und die Lanze nach der Einführung des Gewehrs hauptsächlich nur noch für die Jagd verwendet wurden, spielten die ledernen Rundschilde auch im 19. Jahrhundert noch eine große Rolle in der Kriegsführung. Sie waren nicht so sehr als wirksamer Schutz gegen Geschosse gedacht, sondern wurden wegen ihrer magischen Wirkung mitgeführt.

Auch wenn diese Schilde eine gewisse Ähnlichkeit mit spanischen Rundschilden aufweisen, ist ihre Herkunft rein indianisch.

Streitkolben dagegen wurden vermutlich bereits in sehr alter Zeit in den Plains verwendet, doch brachten erst die Einwanderer aus dem Osten neue Formen und im 19. Jahrhundert die weißen Händler jene eisernen Ausführungen mit, die man heute noch Tomahawk nennt.

Diese Äxte waren recht schnell als überaus nützlich und auch als gefährliche Waffe bekannt. Hinzu kam auch nach und nach wie beim Rundschild eine symbolische Bedeutung.

 

*

 

Was die Kleidung angeht, so ist es falsch, anzunehmen, dass die verschiedenen Stämme der Bisonjäger aufgrund ihrer Lebensweise und dem Umfeld nahezu identisch gekleidet waren.

Frühe, teilweise indirekte weiße Einflüsse haben den Stil der Kleidung oft wesentlich verändert. In alter Zeit fehlte die später typisch geschneiderte Lederbekleidung völlig, ausgenommen davon waren nur die Stämme an den nördlichen Randgebieten der Plains.

Von den Cree ist bekannt, dass diese auch im Winter nur eine Bisondecke als Umhang benutzten und keine Lederhemden kannten.

Allgemein verbreitet scheint der Lendenschurz für die Männer zu sein, wobei allerdings in historischer Zeit dieser fast völlig von einem durchlaufenden Lendentuch verdrängt war und nur Verwendung in zeremoniellen Kostümen fand.

Die Frauenkleidung bestand größtenteils aus einem knielangen Rock, kurzen Leggins und Mokassins. Bei kälterer Witterung wurde dazu ein Umhang aus Büffelfell getragen.

Auch in den Haarfrisuren herrschte wenig Einheitlichkeit unter den Stämmen, vermutlich waren diese ähnlich wie bei uns Modeströmungen unterworfen.

Halsketten aus Bärenklauen, Muschelohrringe und später europäische Handelswaren waren bei allen Stämmen beliebt und geschätzt.

In manchen Fällen stellte der Schmuck sogar eine Art Abzeichen dar und gab Auskunft über den sozialen Rang des Trägers. Für bestimmte Zeremonien und religiöse Handlungen waren zum Schmuck noch spezifische Bemalungen vorgeschrieben, was mit der Hauptgrund dafür war, das sich besonders bei den Wichita und südlichen Sioux die Tätowierung weit verbreitet hatte. Körperhaar galt übrigens im Allgemeinen als unschön und wurde mit pinzettenartigen Instrumenten ausgerupft. Die Comanchen entfernten dabei sogar die Augenbrauen.

Allgemein lässt sich sagen, dass zu bestimmten Gelegenheiten bei allen Stämmen eine bestimmte Kleidung getragen wurde.

Am deutlichsten wurde das in Kriegszeiten.

So zogen fast alle Männer, egal aus welcher Region oder von welchem Volk, mehr oder minder nackt in den Kampf. Nach Auffassung der Indianer war selbst ein Lendenschurz oder die Leggins beim Reiten hinderlich, weil sie die Beweglichkeit auf dem Pferderücken einschränkte.

 

*

 

Zum Abschluss der Betrachtungen über die materielle Kultur der Bisonjäger noch eine kurze Ausführung über die sogenannten schönen Künste.

Ein Ausdruck für das künstlerische Empfinden der Plains-Indianer war vor allem bei der Kleidung und häuslichen Gebrauchsgegenständen unübersehbar. Stickereien aus gefärbten Stachelschweinborsten und eingearbeitete Muscheln und Tierknochen waren auf Bekleidung, Mokassins und auch zeremoniellem Gerät unübersehbar. Diese, überwiegend von Frauen hergestellte Dekoration war ausgesprochen typisch für die Kultur der Bisonjäger und kam sonst nirgendwo auf der Welt vor.

Sie wurde erst in den Hintergrund gedrängt, als um 1830 durch weiße Händler große Mengen an bunten Glasperlen erschienen.

Die Schnitzkunst hingegen war bei den Bisonjägern nur wenig entwickelt.

In ihrem gesamten Siedlungsgebiet war lediglich die Herstellung von Pfeifenköpfen und Knochenflöten bekannt sowie Rasseln aus Antilopenhufen, gerippte Stäbe, über die gestrichen wurde, und einseitig bespannte Handtrommeln. Aber auch diese nur, weil die große Anzahl der Wiegenlieder, Spottlieder, Kriegsgesänge und rituellen Gesänge der verschiedenen Stämme in irgendeiner Art eine musikalische Begleitung erforderte.

Eigentlich wären diese Worte die perfekte Überleitung zum nächsten Thema. Da dieses aber derart komplex ist und den Umfang unserer kleinen Kolumne sprengen würde, widmen wir dem Ganzen einen extra Teil, der demnächst hier erscheinen wird und den Titel trägt: »Schamanen, Zeremonien und Priester«.

Quellennachweis:

  • Bisonjäger, Kosmos-Bibliothek Band 223 von Dr. Gustav A. Konitzky, Franckh’sche Verlagshandlung Stuttgart 1959, neu bearbeitet und in Szene gesetzt von G. Schulz, Ludwigsburg 2019

(gs)

Show 1 footnote

  1. Stangenschleife, deren Grundkonstruktion aus zwei langen Stangen und einem Querholz besteht, die zu einem gleichschenkligen Dreieck verbunden sind.