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Deutsche Märchen und Sagen 74

Johannes Wilhelm Wolf
Deutsche Märchen und Sagen
Leipzig, F. A. Brockhaus, 1845

81. Des Nixes Füße

Heutzutage sieht man in der Gegend von Veurne keine Nixen mehr. Eine glaubwürdige Frau versicherte, dass ihre Mutter noch davon gehört, und zwar viel davon gehört habe. Zu deren Zeit geschah es unter anderen, dass eine Bäuerin sich abends früh zu Bett legte, um des anderen Morgens früh aufstehen zu können, denn sie wollte allerlei Waren nach Veurne zu Markte bringen. Da sie aufwachte, erschrak sie höchlich, als sie sah, dass es schon ganz hell war. Schnell sprang sie aus dem Bett, zog sich an, nahm ihren Korb und schritt bald auf dem Weg gen Veurne hin. Unterwegs fand sie jemand, der auch zur Stadt zu gehen schien und sie freundlich ansprach. »Frauchen, Ihr habt große Eile, wie es scheint, und schwitzt unter Eurem Pack. Sicherlich geht Ihr zu Markte und dahin muss ich auch. Lasst mich Euren Korb ein wenig tragen.« Zuerst dankte die Bäuerin freundlich. Als der Mann aber immer wieder sein Anerbieten wiederholte, stimmte sie zuletzt ein und er hing ihren Korb in seinen Ann. Bald näherten sie sich Veurne, aber die Sonne wollte noch immer nicht aufgehen, im Gegenteil, es schien immer dunkler zu werden. Die Bäuerin ging darum langsamer. Hatte sie zuvor gefürchtet, zu spät zur Stadt zu kommen, so fürchtete sie nun, noch zu früh da zu sein. Allerhand Gedanken schossen ihr in den Kopf. Nachsinnend zu Boden schauend, ging sie neben ihrem Geleitsmann her. Zufällig fiel ihr Blick auf dessen Füße. Doch da kriegte sie einen Schrecken wie noch nie in ihrem Leben, denn die waren von so erstaunlicher Größe und hatten eine so sonderbare Form, dass sie noch nie so etwas gesehen hatte.

Der Gesell schien das zu merken. Zum Mindesten sprach er: »Frau, ich muss hier ein wenig zurückbleiben; da ist Euer Korb.«

Die Frau nahm den Korb bebend an und konnte nur mit Mühe ein Danke Euch stammeln. Sie lief so schnell sie konnte über die Brücke, die sie eben erreicht hatten. Im selben Augenblick hörte sie einen Plumps. Das war der Großfuß, der ins Wasser gesprungen war und dort verschwand. Zu ihrer großen Freude sah sie in der Nähe eine Meierei, ging darauf zu und erzählte ihren Vorfall. Die Leute sagten ihr, das sei niemand anderes gewesen als der Wassernix, der ihr den Korb getragen und einen so großen Schrecken eingejagt habe.