Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Im Zauberbann des Harzgebirges – Teil 31

Im Zauberbann des Harzgebirges
Sagen und Geschichten, gesammelt von Marie Kutschmann

Die Teufelsbäder

In der Gegend von Osterode findet man in finsterem Wald mehrere Teiche, welche Teufelsbäder genannt und vom Volk ängstlich gemieden werden. Die Sage erzählt, dass der Teufel, wenn es ihm am Abend in der Hölle zu heiß würde, hier Bäder zur Abkühlung nähme. Bald will man große menschliche Glieder aus dem finsteren Spiegel des Teiches hervortauchen gesehen haben, bald wieder den Schweif einer riesigen schwarzen Schlange, die sich in vielen Windungen zusammengerollt habe. Auch große Feuerklumpen stürzen oft vom Himmel ins Teufelsbad. Bei Nacht wagt sich kein Wanderer in die Nähe der Bäder, denn der Teufel versucht ihn durch Irrlichter ins Wasser zu locken oder ihn sonst zu verderben.

Ein Räuber Germar hatte seinen Schlupfwinkel in einer versteckten Felsenhöhle bei Braunlage so gut gewählt, dass er trotz aller Nachforschungen nicht gefunden wurde. Der gottlose Bösewicht trieb in der ganzen Umgegend sein Unwesen. Wo er nur irgend Aussicht auf Beute hatte, kam es ihm auf einen Mord mehr oder weniger nicht an.

Einst begegnete ihm ein Priester, der den Weg durch den finsteren Wald nicht scheute, weil er einem Kranken den letzten Trost bringen sollte. Germar hoffte Kostbarkeiten oder Geld bei dem Geistlichen zu finden und schlug denselben zu Boden.

Aber er hatte sich getäuscht. Er fand bei dem Ermordeten nicht das Geringste, was Wert gehabt hätte. Um nicht mit leeren Händen davonzugehen, nahm er demselben den Rosenkranz ab und hing ihn um seinen Hals.

Als der Räuber etwas weiter gegangen war, kam ein Köhlerweib des Weges, das einen Korb auf dem Rücken trug, unter dessen schwerer Last es mühsam vorwärts keuchte. Hier hoffte Germar sich entschädigen zu können für die Täuschung, die ihm der Priester gebracht hatte. Schnell lief er der Frau nach, aber so wie er den Korb fasste, wandte sich dieselbe um und streckte ihm ein Paar schreckliche Krallen entgegen. Nun erkannte der Räuber aus dem rußigen Gesicht des Köhlerweibes die entsetzlichen Züge des Teufels und fast besinnungslos vor Schreck sank er nieder.

Das Köhlerweib entfernte sich und rief: »Warte nur, bald sehen wir uns wieder!«

In diesem Augenblick hatte nämlich der Teufel keine Macht über Germar, trotzdem er ihm seiner bösen Taten halber längst verfallen war. Der Rosenkranz schützte ihn vor der Gewalt des Bösen.

Als der Räuber aus seiner Betäubung erwachte, glaubte er, alles sei nur ein böser Traum gewesen, aber das schreckliche Bild wollte nicht von ihm weichen und verfolgte ihn überall hin. Unmutig über sich selbst, zerriss er den Rosenkranz und beschloss, um den wüsten Traum vollends zu vergessen, mit seinen Hunden auf die Jagd zu gehen, denn dem Weidwerk war er leidenschaftlich zugetan.

Kaum hatte er die großen Doggen, die ihn stets begleiteten, losgekoppelt, als auch ein mächtiger Eber in nächster Nähe vorüberjagte. Schnell folgte Germar mit seinen Hunden und erreichte das Wild bis auf eine ge­ringe Entfernung. Doch obwohl die Doggen wie ein Sturmwind dahinrasten, nie kamen sie dem Wild näher, immer blieb die Entfernung dieselbe. Unaufhaltsam ging es über Berge und durch Täler, bis endlich der Räuber erschöpft inne hielt und ihn die Kraft zum Weiterjagen verließ. Er rief seine Hunde zurück. In demselben Augenblick brach jedoch auch der Eber zusammen.

Nun raffte Germar sich noch einmal gewaltsam auf. So nahe dem Ziel sollte ihm die Beute doch nicht entgehen. Als der Eber seine Verfolger gewahrte, versuchte auch er sich wieder aufzurichten und setzte mit langsamen, schwerfälligen Sprüngen über ein grünes Feld.

Der Räuber stürzte hinterher und schon war er dem Wild ganz nahe, da sank er plötzlich mit seinen Hunden in die Tiefe. Es war das Teufelsbad, welches ihm als ein grünes Feld erschienen war. Der Teufel, der Eber, aber verwandelte sich in seine wahre Gestalt und stürzte hohnlachend über seine Beute her.