Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Hannikel – 5. Teil

Christian Friedrich Wittich
Hannikel
oder die Räuber- und Mörderbande, welche in Sulz am Neckar in Verhaft genommen und daselbst am 17. Juli 1787 daselbst justifiziert wurde
Verlag Jacob Friderich Heerbrandt, Tübingen, 1787

Nun glaubte sich niemand glücklicher als Hannikel und Feddricho. Doch das dauerte nur 2 Monate, denn auch Zigeunerehen, unerachtet sie eben nicht auf den heiligsten Verpflichtungen beruhen, geraten nicht immer. Hannikel fand an seiner Feddricho nicht, was er erwartete.

Sie war ihm zu nachlässig, eigensinnig und eine allzu harte Stiefmutter gegen seine Kinder. Er zeugte dahero nur eine einzige, wirklich auch in Sulz verhaftete Tochter mit ihr, gab ihr nach vier Jahren wieder den Abschied und jagte sie, ohne weiter die Sache vor das Ehegericht kommen zu lassen, wie er sagte, zum T…

Nun lebte jenseits des Rheins eine Gaunerin, welche zwar schon mehrere Beihalter gehabt, aber dieselben immer wieder auf eine unglückliche Weise verloren hatte. Man nannte sie unter den Gaunern und Zigeunern des Frankenhannser Käther, und solches darum, weil ihr noch lebender Vater, ein Bücherbeschlager und Zainenmacher, Johannes Frank hieß. Diese Käther vom Vater aus Italien und von der Mutter Seiten aus Erlangen herstammend, genoss die schlechteste Erziehung und erlaubte sich frühzeitig die allerschändlichsten Ausschweifungen. Sie fand eine Gespielin, mit der sie Sachsen, Schwaben und mehrere welsche Länder durchzog und mit Hackbrett und Zitterschlagen viel Geld verdiente.

Im Jahr 1750 heiratete sie einen Erzzigeuner, namens Ludwig Geßlauer, den man nur den Heiden-Ludwig, Ossio oder Groß-Luis nannte.

Sie wurden in Berlin kopuliert und zeugten innerhalb 6 Jahren 4 Kinder miteinander, die noch alle am Leben sind. Geßlauer, der schlechteste Kerl, der jemals unter der Sonnen existierte, hielt sich neben seiner Käther auch ihre leibliche Schwester und noch eine dritte Beischläferin, welche zu gleicher Zeit Söhne und Töchter von ihm bekamen.

Im Jahr 1766 verließ er sie alle mit ihren Kindern, nahm kaiserliche Kriegsdienst an, desertierte zehnmal, lief im Jahr 1768 der Justiz in die Hände, wurde zu Openau gefänglich eingezogen und empfing dort den 3. November am Galgen, ohne dass er noch zuvor Merkmale der Reue hätte von sich blicken lassen, den Lohn seiner bösen Taten.

Nach seinem Tod lief die Käther mit einem gewissen Spielmann. Da sie aber nicht nach seiner Geige tanzen wollte, so verabschiedeten sie sich gleich nach einem Vierteljahr wieder voneinander. Nun fügte es sich vor 14 Jahren ganz von ungefähr, dass Hannikel und eben diese Frankenhannsen Käther zu Steinbach jenseits des Rheins in einem Wirtshaus zusammentrafen.

Ob die noch übrige Spuren von Schönheit, die sie aufweisen konnte, besondere Reize für Hannikel hatte oder ob der Wein seine Wirkung tat oder ob die allgewaltige Macht der Sympathie auch auf ihre Zigeunerseelen eindrang, lässt sich nicht bestimmen. Genug, ehe die Nacht völlig über ihnen einbrach, waren sie schon unter sich Mann und Frau.

Hannikel konnte mit seiner Käther sehr gut zurechtkommen. Sie war schon eine ausgelernte Diebin; flink, listig und beherzt und also ganz nach seinem Sinn.

Auf nichts verstünde sie sich besser als auf die Gänse-, Enten- und Hühnerjagd. Nicht selten nahm sie diese Tierchen mit den Eiern weg und wusste ihrem Hannikel durch Zubereitung eines guten Braten manchen Festtag zu machen. Des Tages über bettelte und spionierte sie die Häuser aus und gab sodann ihrem Beihalter die Weisung, wo er des Nachts bei seinen Einbrüchen am besten zukommen und etwas antreffen würde. Sie war eine Meisterin in Lügen. Wann sie oft über einer bösen Tat ertappt und zur Rede gestellt wurde, so wusste sie sich so gut zu entschuldigen, dass es Not gewesen wäre, man hätte sie zuletzt noch um Verzeihung gebeten.

In Wahrsagen hatte sie auch eine gute Fertigkeit. Das kam aber daher: Ehe sie in ein Dorf oder in eine Stadt kam, suchte sie Gelegenheit, sich auf eine sehr listige Weise, ohne es sich anmerken zu lassen, nach den Umständen der Leute zu erkundigen und machte alsdann von den erhaltenen Nachrichten sehr einträglichen Gebrauch.