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Stephan Hähnel – Gefallen auf dem Feld der Ehe

Stephan Hähnel – Gefallen auf dem Feld der Ehe

Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine Sammlung von Mordsgeschichten rund um das Thema Ehe und Beziehung, genauer gesagt um pointierte, oftmals witzige Kurzkrimis aus der Hand eines Autors.

Als ich Ende letzten Jahres zusammen mit meiner Frau eine Lesung von Stephan Hähnel besuchte, gefielen mir die Geschichten, die er vortrug, vor allem, weil sie witzig und spritzig daherkamen und außergewöhnliche Lösungen, Pointen im besten Sinne, boten. Zudem trug der Autor die kurzen Erzählungen nicht nur routiniert, sondern ebenfalls außergewöhnlich vor und verstand es sehr gut, sein Publikum zu unterhalten.

Allerdings lasen wir uns nicht, wie es der Autor vorschlug, als er unser Exemplar signierte, die Geschichten gegenseitig vor, aber ich genoss die Kurzgeschichten und kann sie dem Leser empfehlen.

Ich fragte mich damals, ob Stephan Hähnel wohl die Qualität der vorgetragenen Storys in all seinen Krimis aufrechterhalten könne, was nicht jedem Autor gegeben ist. Positiv überrascht war ich dann davon, dass ihm mit Gefallen auf dem Feld der Ehe genau dieses Kunststück gelungen war.

Inhaltlich geht es um Fäden mit einem Kontaktgift, mit dem eine Rosskastanie umwickelt wird, um ihren Schädlingen den Garaus zu machen und um einen Scheidungsstammtisch von mehreren Frauen und einem schwulen Mann, die die Ermordung ihrer Partner planen.

Weiter wird beschrieben, dass eine Frau, die auf einem Kreuzfahrtschiff arbeitet, dort illegale Seebestattungen vornimmt, und wie ein altes Ehepaar, ein fetter Mann und eine dürre Frau, sich gegenseitig bekriegen. Ferner schreibt der Autor über eine deutsche Gattin eines ehemaligen Offiziers der britischen Besatzungstruppen in Berlin, die ihren vermögenden Gatten ins Jenseits befördert – bei dieser Geschichte spielen Katzen eine wichtige Rolle – und schildert, wie sich ein geborener Sachse, der als Kind nach Berlin ziehen musste und dort von den anderen Kindern geärgert wurde, an seinen Peinigern rächt.

Außerdem erzählt Stephan Hähnel, wie ein Mann, der darüber nachdenkt, dass alle drei Männer seiner Schwiegermutter unter seltsamen Umstehenden starben und dieser viel Geld hinterließen, sich selbst in Abwesenheit seiner Frau ein Abendessen kocht und wie eine umweltbewusste Frau sich einen ebensolchen Auftragsmörder sucht, um ihren Mann ökologisch richtig entsorgen zu lassen. Zudem gibt es eine Geschichte über einen Mann, der zusammen mit einem anderen eine Firma führt, der ihn mit seiner Frau betrügt. Er plant die Ermordung seiner Frau. Eine weitere Geschichte erzählt von einem Ingenieur aus Berlin, der seinen einstigen Studienort, Eisleben, besucht und dort über die Vergangenheit und seine damalige Liebe nachdenkt

Die Story um einen Autor, der von einem Kritiker, der sich Ranickis Erbe nennt, ständig verrissen wird, schließt sich an. Weiter geht es mit einer Erzählung über einen Professor, der Fußball liebt und bei seiner beherrschenden Frau durchsetzt, dass er ein wichtiges Spiel im Fernsehen sehen kann. Danach folgen eine Geschichte über einen untergeordneten Firmenmitarbeiter, der seinen Chef, der an ein heißes Date mit einer schwedischen Stewardess glaubt, ins Jenseits befördert, eine Erzählung über einen Geldeintreiber, der einem Schuldner, der nicht zahlen kann, vorschlägt, sich durch einen Mord freizukaufen, eine Story über einen Mann, der mit seiner Frau in der Küche zusammensitzt, wo sie in der Zeitung über den Torso-Mörder liest und die Schilderung, dass ein Krimiautor damit konfrontiert wird, dass seine Geschichten als Vorlage für reale Morde dienen.

Zu guter Letzt enthält das vorliegende Buch noch eine Geschichte über einen stotternden Hausmeister und eine Erzählung über einen Lottokönig, der sich selbst umbringt, weil er Krebs hat, und diese Tat seiner Frau anlastet.

All diese Krimis zeigen eine große Menschenkenntnis des Autors, seine vielen unterschiedlichen Erfahrungen und seinen Sinn für bitterböse Komik und witzige Überraschungen.

Dennoch möchte ich an dieser Stelle nicht darauf verzichten, drei der ganz besonders guten Plots zu schildern, von denen das Buch etwa fünf bis sechs enthält. Ich will an dieser Stelle betonen, dass diese Geschichten nach meinem persönlichen Geschmack ausgewählt wurden, der natürlich nicht für jeden Menschen auf diesem Planeten maßgeblich ist. Andere Leute mögen vielleicht andere Storys bevorzugen, das mag jeder so halten, wie er mag. Für mich jedoch ragten u.a. die folgenden Geschichten heraus:

1. Sand, der durch die Finger rieselt

Professor Fabian Sunder ist ein genialer Wissenschaftler, aber nicht alltagstauglich, weil er viele Dinge einfach vergisst, wenn er über wissenschaftlichen Probleme nachdenkt und sehr tollpatschig ist. Seine Lebensgefährtin Hellen und sein Assistent sorgen dafür, dass er sich im Leben zurechtfindet.

Seine erste Frau ist verschwunden und für tot erklärt worden. So kann er nun Hellen einen Heiratsantrag machen. Zu diesem Zweck vermittelt ihm der Assistent eine Ferienwohnung an der Ostsee. Sunder schreibt sich auf, dass er Hellen einen Heiratsantrag stellen will, und sie fahren an die Ostsee. Dort nimmt das Schicksal seinen Lauf.

2. Ungewolltes Rendezvous

René Clausen ist Dienstleister für besondere Herausforderungen und arbeitet auf der Seite der Guten. So nahm er z.B. den Auftrag eines Politikers an, der einem korrupten Parteifreund durch ihn illegale Spendenbelege unterschieben ließ, die so platziert waren, dass der Zoll sie entdecken musste. Oder er nahm den Auftrag eines durch Intrigen geschassten Mitglieds der Geschäftsführung eines großen Unternehmens an, das dafür bezahlte, dass er eine Kamera in der Frauenumkleide installierte und die Fotos leicht bekleideter Mitarbeiterinnen auf dem Rechner dessen entdeckt wurden, der den freiwerdenden Sessel seines Auftraggebers bekam..

Solche Aufträge vermittelt ihm Rufus D., ein alter Mann. Diesmal soll er ein Gemälde von Max Liebermann aus der Villa eines italienischen Rechtsanwalts stehlen, das den ersten Kuss der Eltern der Auftraggeberin – die inzwischen 83 Jahre alt ist und ihre Eltern im Holocaust verlor – zeigt, denen der Maler zuschaute, als er sie malte und denen er dann das Bild schenkte.

Als René in die Villa einsteigt und das Bild stehlen will, geht der Alam los. Dann trifft er dort eine junge Frau, ebenfalls eine Einbrecherin. Sie zieht ihn in ein Versteck in der Wand, das der alarmierte Wachdienst nicht finden kann. Dort ist es eng und dunkel, und die Geschichte der beiden beginnt.

3. Wohnzimmerlesung

Der Autor berichtet in dieser Erzählung in der Ichform von seinem Zuverdienst durch Wohnzimmerlesungen, die notwendig geworden sind, weil sich durch Buchverkauf und von Buchhändlern oder Bibliothekaren organisierte Lesungen nicht mehr genug verdienen lässt.

Seit der sich von Kunden in ihre Wohnzimmer einladen lässt, verdient er wieder besser und bekommt zusätzlich noch Einladungen, mit den Gästen zu essen und zu trinken. Nimmt man dazu den anschließenden Buchverkauf, so ist das Ganze recht lukrativ. Einzig der Wandel dieser Veranstaltungen von bloßen Lesungen zu einer Ratgebertätigkeit bezüglich der Planung und Durchführung von Morden, gibt dem Verfasser zu denken. Er wird nämlich immer weniger zum Lesen gebucht, sondern vielmehr zur Beantwortung fachlicher Fragen der vermeintlichen Krimiliebhaber.

Mittlerweile hat er sich in diesem Metier einen solchen Namen gemacht, dass ihn sogar Größen aus Politik, Wirtschaft und Funk und Fernsehen für Wohnzimmerlesungen buchen.

Der Autor:

Stephan Hähnel ist am Heiligabend 1961 in Berlin geboren. Nach seiner Schulzeit und einer Ausbildung zum Schlosser leistete er seinen Wehrdienst. Schließlich arbeitete er in einer Reihe von verschiedenen Berufen und wurde auch Ehemann und Vater.

Er veröffentlichte eine Reihe von Büchern – meistens Krimikurzgeschichten – aber auch Romane und Kinderbücher. Zudem ist er in verschiedenen Anthologien vertreten.

Er ist außerdem Gründer des Krimimarathons Berlin-Brandenburg, des größten dortigen Krimifestivals und oft auf Lesereisen zu bewundern. Ferner veranstaltet er deutschlandweit an Schulen verschiedene Schreib-Workshops.

Seine witzigen und spritzigen Krimis brachten ihm den Titel Meister des schwarzen Humors ein.

Quellen:

Bilder:

  • Cover des Buches. Mit freundlicher Genehmigung des Periplaneta-Verlags.
  • Foto des Autors. Ebenfalls mit freundlicher Genehmigung des Periplaneta-Verlags. Copyright: Friedrich Horn

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