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An Inspector Calls

An Inspector Calls
Originaltitel: An Inspector Calls, Drama Republic, BBC, Großbritannien, 2015
Drama, Mystery, Edel Motion GmbH/Pandastorm, November 2019, 1 DVD im Amaray Case, 86Minuten, 9,99 Euro, EAN: 4260428052425, FSK ab 12 Jahren
Regie: Aisling Walsh, Vorlage: J. B. Priestley, Adaption: Helen Edmundson, Darsteller: David Thewlis, Miranda Richardson, Ken Stott, Finn Cole, Kyle Soller, Extras: 2 Featurettes: Eine Adaption für eine neue Generation, Die zeitlose Kraft von An Inspector Calls
pandastorm.com

Im Haus der Industriellenfamilie Birling findet sich die Familie zum Dinner zusammen, um die Verlobung von Sheila Birling mit dem aufstrebenden Gerald Croft zu feiern. Der Abend wird unterbrochen, als ein Mann an der Tür klingelt, der sich als Inspektor Goole vorstellt und die Familie über den Selbstmord einer jungen Frau namens Eva Smith unterrichtet. Weiß man zunächst aufseiten der Birlings mit dieser Information nichts anzufangen, zeigt Goole nach und nach auch, dass sowohl die Birlings als auch Gerald Croft eine Verbindung zu der Toten hatten. Jeder der Anwesenden trug dazu bei, die junge Frau immer weiter ins soziale und moralische Elend zu stürzen, was letztendlich zu ihrem Suizid geführt hat.

An Inspector calls von J. B. Pristley gehört zu den Klassikern der Bühne und besticht durch eine zeitlose Aussage, die sich unter der sichtbaren Oberfläche des mysteriösen Geschehens erstreckt und erst nach und nach, im Verlauf des Stückes, deutlich wird.

Recht schnell merkt man, dass hier etwas Geheimnisvolles im Gange ist. Beinahe bedrohlich wird der erste Blick des Zuschauers auf Inspektor Goole inszeniert, der in der hereinbrechenden Dämmerung das Haus der Birlings aus dem Schatten eines Baumes heraus beobachtet.

Als er erst einmal seine Fragerunde begonnen hat, ist vor allem Familienoberhaupt Arthur Birling verunsichert, dass der kleine Inspektor sich vom gesellschaftlichen Stand des Industriellen überhaupt nicht beeindrucken lässt. Der Forderung, das Haus zu verlassen, begegnet Goole, indem er seinen Mantel ablegt und Platz nimmt. Eine beeindruckende Leistung von David Thewlis.

Präzise wie ein Skalpell deckt Goole nun nach und nach die schicksalhaften Verbindungen der Anwesenden zu Eva Smith (oder Daisy Renton, wie sie sich selbst in der Folge nennt), auf und bringt das Familiengerüst gehörig ins Wanken. Im Verlauf des Abends werden einige Lektionen in Demut und Moral erteilt.

Bei dieser aktuellen Verfilmung hat man sich für eine grundlegende Änderung entschieden. Das Opfer Eva Smith, ein Allerweltsname, der im übertragenen Sinne für Jedermann/Jederfrau steht und die in der Vorlage unsichtbar bleibt, erhält hier ein Gesicht. In Rückblenden sieht man, wie ihr Leben das der Birlings und des Gerald Croft kreuzt und wie dieses Begegnungen ausgehen. So wird Eva Smith zum emotionalen Bezugspunkt für den Zuschauer, was der Geschichte, gegenüber dem Ausgangsmaterial, eine neue Ebene hinzufügt. Mit dieser Neuerung wird auch die Dichte, die sich aus einem einzigen Zimmer als Handlungsort ergibt, etwas aufgebrochen.

Was hier angeprangert wird, sind natürlich die gesellschaftlichen Standesunterschiede und das Selbstverständnis, mit dem die Oberschicht auf die Arbeiterklasse herabblickt, diese als austauschbare Ware sehen und keinen Gedanken daran verschwenden, welche Auswirkungen ihr Handeln hat. Auch die Generationenunterschiede werden thematisiert. Während sich die Elterngeneration nach dem Weggang Gooles an einigen Ungereimtheiten der Befragung festhält und infolgedessen selbst von einer Schuld freiredet, bleiben die Kinder Sheila und Eric dabei, dass ihr Handeln immerhin für den Freitod von Eva Smith verantwortlich sein könnte.

So ist An Inspector calls ein konzentriertes treffsicheres Lehrstück in Moral, das hier brillant umgesetzt und dargestellt wurde.

(eh)