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Der Welt-Detektiv Band 6

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Die Hexen von Forres – Kapitel 1

Die Hexen von Forres
Oder: Der unglückliche König Stuart Robert III. und seine Söhne
Eine wahre Schauergeschichte aus alter Zeit
Erstes Kapitel
Der Hexentanz

War das eine grause Nacht, die Valentinsnacht in Schottland im Jahre 1076. Wetter und Stürme zogen heulend durch das Land, als wäre die ganze Hölle los; Blitz auf Blitz zuckte durch die kohlrabenschwarze Gewitternacht hin, als wollten sie Himmel und Erde zerreißen und in Flammen setzen, und die Donner rollten am Firmament auf und ab, dass die festesten Gebäude zitterten und die Felsen in ihren Grundfesten wankten. Die Kinder zitterten in ihren Bettchen, Alt und Jung, Väter und Mütter sprangen erschrocken aus dem Schlaf auf und knieten angstvoll zum Gebet nieder, während der greise Großvater, welcher bereits 90 Jahre an seinem nun silbergrauen Haupt vorübergehen sah, kopfschüttelnd nachwankte und vor sich nachdenklich hinmurmelte: »Nun ist es wohl das Ende der Welt; denn solch grauenhaftes Spiel der Natur habe ich in meinen 90 Jahren nicht erlebt, und ich war doch Seemann und an Stürme wie ans Essen gewöhnt.«

So sprachen und grübelten die Leutchen in ihren Suben, während die Fenster klirrten, die Mauern der Häuser wankten und draußen von der Gewalt des Sturmes Bäume entwurzelt oder entzweigebrochen, ja mitunter ganze Wohngebäude abgedeckt wurden. Die ganze Luft war wie von höllisch heulenden Dämonen bevölkert.

Nirgends aber ging es schauerlicher her als auf der Ebene von Forres. Vom Stadtturm klang es eben zwölfmal wimmernd in den Sturm hinein, da wurde es lebendig auf der großen Ebene und Gespenster fuhren durch die Nacht.

Das waren die Hexen von Forres. Von allen Weltgegenden stürmten sie daher in langen, teils mit schmutzigen, weißen, flatternden Kleidern, die einen auf einem Besen oder Mistzacke reitend, die anderen in Sieben oder Kotschwingen, einige auf einem alten, zerzausten Totentuch, welches sie wohl dem Messner der alten Klosterkirche entführt haben mochten, einherfahrend. Grinsend, mit entfleischten Armen und furiosen Gesichtern, zischelnde Schlangen um Hals und Arme, die Augen wild und glühend, als brenne Höllenfeuer drinnen, so fuhren sie daher und ließen sich auf der Ebene von Forres nieder.

Schnell schürten sie dort ein mächtiges Feuer an und setzten einen gewaltigen Kessel, umgeben von einer Schar gräulicher Dämonen, darein, in welchem die Erste der Hexen einhergefahren gekommen war.

Nun begann ein Heulen und Wimmern, ein Weinen und Wehklagen, als wären alle Märzenkatzen los; dann wieder jauchzten und tanzten sie um den Kessel herum und sprangen unter schrecklichen Gebärden und Grimassen über und durch das Feuer. Zuletzt aber warfen alle, was sie auf ihrer Fahrt gesammelt hatten, in den Kessel und huben einen gräulichen Gesang an, so ungefähr wie folgt:

Tigerblut und Maulwurfszähne,
Fröschebrut und Jungfernträne,
Rattengift und Mäuseschwänze,
von des Dachses schmieriger Ränze
mischet in des Kessels Glut
mit dem Schaum der Hundewut.

Feuer lodre, Kessel glühe,
mache gar die Zauberbrühe!

Katzenaugen werft hinein,
Warzen auch vom Mutterschwein,
das die Jungen alle fraß,
Mauerschierling, merket das,
so man schnitt im Mondenschein,
Misteln, Disteln frisch vom Rain!

Feuer lodre, Kessel glühe,
mache gar die Zauberbrühe!

Schlangeneier, Drachenleber,
Würmer aus der Toten Gräber;
soll die Mischung kräftig sein,
gießt das Blut des Kindes auch drein,
das die Hexe jüngst erwürgt:
Dann ist des Zaubers Geist verbürgt.

Schnell gerührt, den Kessel umkreist,
das weckt der Brühe den rechten Geist.
Nun seh’n wir die Zukunft nicht mehr als Traum.
Seht, wie es steigt, schon hebt sich der Schaum,
schon hebt in die Luft sich die Blase, o seht,
worin das Schicksal der Menschen steht,
Das Schicksal der Helden, der Nahenden, auch.
Auf! Lasst uns sie grüßen nach Hexenbrauch.