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Oberhessisches Sagenbuch Teil 54

Oberhessisches Sagenbuch
Aus dem Volksmund gesammelt von Theodor Bindewald
Verlag von Heyder und Zimmer, Frankfurt a. M., 1873

Drei Stücklein von der Sotzbacher Kunst

Zu Sotzbach bei Birstein gab es früherhin Leute, die konnten bannen und sich unsichtbar machen. Wer sie hören will, dem wollen mir davon drei Stücklein erzählen.

1. Ein Sotzbacher Mann ging nach Büdingen unter die Steinhauer. Weil er ein großer und stattlicher Kerl war, stach er den preußischen Werbern merkwürdig in die Augen, die damals stark im Reich streiften. Er war aber ein Lüstling, der recht fein und lustig tun konnte. Als er sich hatte anwerben lassen, brachte er den Wachtmeister dazu, dass er zum Spaß ihm seine goldene Sackuhr mit der schweren silbernen Kette anhing und seine silberbeschlagene Meerschaumpfeife zum Rauchen ins Maul steckte. Schnell ging er mit alledem an den Tisch, trank ein Glas Bier aus, stellte das Glas verkehrt, und – gesehen hatten sie ihn!

2. Ein anderer, der Kreders Klas, hatte Wild geknappt und sah den Jäger kommen. Also verwandelte er sich in einen Baumstamm, und richtig, mein Jäger ging hin, setzte sich darauf und klopfte sich auch dran die Pfeife aus. Als er weg war, schrieb er demselben einen Brief, wenn er wieder einmal seine Pfeife ausräumen wollte, sollte er sie nicht an seinem Kopf ausklopfen. Nun hatte der Jäger ganz verzweifelt im Wald den Stumpf gesucht, konnte ihn aber nirgends finden. Das sind alles grundwahre Geschichten und ist alles geradeso passiert. Wenn ihn kein Mensch sehen sollte, war er gleich weg. Der Förster suchte ihn einmal im Wirtshaus. Da hieß es: »Drin am Tisch sitzt er.«

Am Tisch aber standen die Kaffeeschälchen, die waren noch nass. Alles rings herum war vollgetröpfelt, er aber war nicht da.

Als der Förster auf der Straße stand, machte er das Fenster auf, zog ein Spottmaul und sagte: »Gelt, du scheeler Drach, jetzt hast du mich doch nicht gesehen!«

3. Im Siebenjährigen Krieg kam eine Schwadron Reiter nach Sotzbach, die nahm sich einen Bauer aus dem Dorf als Boten mit.

Dieser ging mit ihnen bis auf den letzten Berg und sagte: »Seht ihr dort unten das Dorf. Das ist es!« Darauf wendete er sich wieder um. Aber er konnte bannen und ließ sie halten, dass sie weder vorwärts noch rückwärts konnten, einen halben Tag lang. Unter der Hand kam ein anderer Mann zu ihnen, den schickten sie flehend ins Dorf, er sollte doch dem alten Mann, der vor der Haustür säße, sagen, dass er sie ziehen ließe. Dieser aber sprach, er solle nur hingehen. Er wisse wohl, warum er sie halten ließe, sie hätten ihn so auch in Ruhe lassen können.