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Im Zauberbann des Harzgebirges – Teil 23

Im Zauberbann des Harzgebirges
Sagen und Geschichten, gesammelt von Marie Kutschmann

Der große Christoph und die Clus bei Goslar

Als der Dom, den Kaiser Heinrich III. im Jahre 1039 zu Goslar erbauen ließ, noch in alter Pracht sich erhob, konnte man ein riesiges hölzernes Bild dort sehen. Es war der große Christoph, der im Harz, besonders zwischen Goslar und Harzburg, umhergegangen war. Ihn hatte man dort mit dem Christkindchen auf dem Rücken abgebildet.

Riesengroß und von ungeheurer Kraft wurde er zwar von vielen gefürchtet, allein von anderen wieder hoch verehrt. Besonders aber waren es die Schneider, die einen wütenden Hass auf den großen Christoph geworfen hatten. Warum eigentlich, darüber schweigt die Sage. Das aber erzählt sie, dass dereinst, als der Gefürchtete über das Osterfeld ging, welches dicht bei Goslar liegt, er das Unglück hatte, seinen Säbel samt Scheide zu verlieren. Mehrere Schneider, die ihm, wie häufig, in weiter Entfernung gefolgt waren – denn in seine Nähe trauten sie sich nicht, trotzdem sie den Riesen mit dem Mund wohl schon hundertmal totgeschlagen hatten – fanden die verlorene Waffe.

Das war ein Jubel! Mit vereinten Kräften wurde das Schwert aus der Scheide gezogen. Nun ging es vorwärts, dem großen Christoph nach. Nun, da derselbe ohne Waffe war, wurden die Schneider kühn und gelobten sich, nicht eher vom Platz zu weichen, bis der Riese ihren mächtigen Streichen erlegen sei.

Aber kaum hatten sie sich um wenige Schritte genähert, als Christoph seinen Verlust bemerkte. Er kehrte um, sich sein Schwert zu suchen. Da erblickten ihn die tapferen Schneider. Ihr Gelöbnis war bei seinem Anblick vergessen und aller Mut verflogen. Rette sich, wer kann, war das Losungswort der mutigen Schar. Wie der Wind krochen sie alle in die am Boden liegende Säbelscheide, sich dort vor den Nachstellungen des mächtigen Feindes am sichersten wähnend.

Der große Christoph kam, nahm sein Schwert vom Boden, steckte es ruhig in die Scheide und mausetot waren all die tapferen Schneiderlein. Von diesem großen Christoph soll auch der Sandsteinfelsen stammen, welcher am Fuße des Petersberges liegt und Clus genannt wird. Derselbe hatte ihn einst als Steinchen im Schuh gedrückt. Dort an jener Stelle hatte der Riese ihn herausgeschüttet.

Nun wird in der Clus die Kapelle und das Grab eines Eremiten gezeigt, der dort lange gelebt haben soll.