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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XII

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XII. Wiedersehen der Kameraden. Meine Menagerie.

General H. war mit meinen Leuten da und sehr erstaunt, als ich mich vorstellte. Meine Kameraden, welche sich bereits als Erben betrachtet und meinen Nachlass geteilt hatten, brachten ein Stück nach dem anderen wieder zum Vorschein. Nachdem ich ein Pferd bekommen hatte, traten wir den Weg nach Camp Verde an, wo wir seiner Zeit glücklich ankamen. Den darauffolgenden Sonntag machten einige von uns einen kleinen Ausflug. Wir ritten nach Bandera, einer Ansiedlung, dreizehn Meilen vom Camp entfernt, wo eine sehr große Quantität Eierpunsch vertilgt wurde.

Ein gewisser Cohlman war so angegriffen, als es zum Heimritt Zeit war, dass er, als er auf einer Seite auf das Pferd stieg, auf der anderen wieder herunterfiel. Da er ein junges halbwildes Pferd hatte, so sah es schlecht aus mit dem Heimkommen. Wir gingen also her und setzten ihn aufs Pferd, banden seine Füße unter dem Pferd zusammen, dass er nicht herunterfallen konnte. Dann band man ihm zur allgemeinen Sicherheit noch die Hände und befestigte sie vorn am Sattel. Darauf nahm man dem Pferd den Zaum ab, sagte Cohlman, er solle heimreiten, haute dem Gaul eine hin und fort ging es die Straße hinab wie verrückt. Wir blieben noch einige Zeit und ritten dann heim. Dort fanden wir, dass Cohlman noch nicht da war. Er kam in der Tat erst vierundzwanzig Stunden später. Sein Pferd hatte sich in die Prärie gewandt. Nachdem es da eine Herde Pferde gefunden hatte, war es diesen gefolgt, den Reiter durch dick und dünn mitnehmend, bis es endlich bei Comfort aufgefangen und unser Mazeppa mehr tot als lebendig erlöst wurde. Er ritt nie mehr mit uns spazieren.

Bei Camp Verde wohnte ein Grieche, der einige hundert Ziegen hatte, welche auf den Bergen um das Lager weideten.  Eines Nachts hörten wir Lärm auf dem Berg. Als wir bei Tagesanbruch hinaufgingen, fanden wir sämtliche Ziegen tot sowie zwei Schäferhunde, welche immer mit der Herde waren. Ein paar Puma hatten sich das Vergnügen gemacht, eine große Metzelsuppe zu halten. Den Ziegen war bloß der Hals durchgebissen und das Blut ausgesaugt, weiter waren sie nicht beschädigt, bis dann eine große Schar Wölfe kam, welche den Berg bald wieder abräumte.

Ich hatte immer eine große Menagerie, auf welche die Kompanie sehr stolz war. Fand jemand einen jungen Wolf, Bären, Adler oder irgendein Getier, so brachte er es mit heim, wo es mir übergeben wurde. Unter anderen bekam ich einen jungen schwarzen Bären, der ganz klein und äußerst komisch war. Ich gab ihm Milch aus einer Flasche zu trinken und oft konnte man ihn aufrecht sitzen sehen, mit der Flasche zwischen den Tatzen und allerhand dummes Zeug machend. Ich nahm ihn als klein mit ins Bett. Als er größer wurde, wollte er nirgend anderswo schlafen, sondern machte um die Bettzeit ein derartiges Spektakel, dass man ihn hereinlassen musste. Nach einem Jahr musste ich die Bettstatt vergrößern, denn wenn er sich hinlegte, war er schon länger als ich und wir hatten manchen Streit um Platz. Einmal lief er zum Offiziershaus und stellte sich vor dem Fenster auf die Hinterfüße. Da er einen Bären im Fenster sah, haute er drauf, dass die Trümmer nur so flogen. Kurz, er hatte viele Abenteuer, da er seine Nase in alles stecken musste. Einmal kam ich ins Haus, als er vor meiner Kiste saß, die er aufgebrochen hatte. Er nahm ein Kleidungsstück nach dem anderen heraus, drehte es ein paar Mal im seinen Tatzen herum, worauf er es entzweiriss und auf die Seite warf. Er hatte gerade mein letztes Hemd demoliert, als ich dazu kam und seinem Vergnügen ein Ende machte.

Ein großer Adler befand sich auch in meiner Sammlung sowie zahlreiche Vögel, ein Wolf, eine Zibetkatze, verschiedene Eichhörnchen, Waschbären, Opossums, Eulen und andere Tiere.

Eines Tages im Winter fingen wir einen beinahe zweijährigen Büffel. Er war aber schon zu groß, um dressiert zu werden. Wir hatten ihn an ein langes Seil gebunden. Als ich ihm einen Eimer Wasser brachte, so ging er zurück, soweit es das Seil erlaubte, worauf er den Schwanz in die Höhe streckte, den Kopf auf den Boden und auf den Eimer losging, aus dem er gewöhnlich beim ersten Angriff Trümmer machte. Nachdem wir ihn eine Woche hatten, ließen wir ihn, weil er nicht fraß und verschiedene Wassereimer zu Grunde richtete, wieder los.

Ich hatte vier junge Vögel aus einem Nest genommen und aufgezogen, die man Chapparel Cock nennt. Sie haben die Form einer Elster, einen langen Schwanz, von graue Farbe, eine Haube auf dem Kopf und einen starken Schnabel. Der Vogel ist etwas größer als die Elster, hat längere Beine und fliegt nicht, aber er läuft sehr schnell. Sie töten Frösche, Eidechsen, Mäuse und Schlangen jeder Größe und Art und fressen das Fleisch davon. Diese liefen im Lager umher wie Hühner und es war oft sehr interessant zu beobachten, wie sie ihre Beute fingen. Wenn einer davon eine große Schlange entdeckte, so stieß er einen Ruf aus, der so wie börrr, börrr lautete, worauf die anderen drei schnell herbeieilten und die Schlange umringten, welche sich, ihrer Gefahr wohl bewusst, zu einem Knäuel ringelte, mit dem Kopf in der Höhe, bereit zu beißen. Nun machte einer der Vögel einen Scheinangriff. Die Schlange schlug mit ihren Fangzähnen nach ihm. In demselben Augenblick sprang ein zweiter von der entgegengesetzten Seite herein und schlug der Schlange mit seinem langen spitzen Schnabel ein Auge aus. Wütend wendete sich die Schlange nach diesem, während der erste Vogel mit einem schnellen Sprung das andere aushackte. Nun stürzten sich alle darauf und einen Augenblick später lag die Schlange tot da, worauf die Sieger anfingen, das schöne weiße Fleisch zu verzehren. Ich hatte sie einzeln oft stundenlang vor Mauslöchern sitzen sehen, bis die Maus herausspazierte, worauf sie diese mit einer blitzschnellen Bewegung packten, ein- oder zweimal auf die Erde schlugen und dann mit Haut und Haar verschluckten. Da sie gewöhnlich ihre Beute unter mein Bett schleppten, um es in Ruhe zu verzehren, so fand ich oft eine schöne Auslage von Schlangenüberresten, Froschbeinen, Ratten- und Eidechsenschwänzen und anderen anatomischen Merkwürdigkeiten vor und hatte das Vergnügen, sie entfernen.

Fünf Meilen vom Camp war eine Wirtschaft, wo wir oft zusammen hingingen, um schlechten Wein und Whisky zu trinken. Eines Abends war die Rede vom Pferdestehlen. Einige behaupteten, dass man aus unserem Kompaniestall unmöglich ein Pferd herausnehmen könnte, ohne dabei erwischt zu werden, da zwei Schildwachen am Stall wären. Meine Partei behauptete, es tun zu können und bald war eine Wette gemacht. Sobald es dunkel war, gingen wir zum Stall, mit einer Flasche Whisky bewaffnet. Einer ging mit der Flasche zur Wache und knüpfte ein Gespräch mit den Posten an, während die anderen an der hinteren Seite des Stalles ein paar Pfosten herauszogen und sieben Pferde herausführten, worauf wir aufsaßen und dem Wirtshaus zusprengten. Da wir aber kein Zaumzeug hatten, konnten wir nicht viel mit den Pferden anfangen. Ein gewisser Bernard, der ziemlich voll war und mir vorausritt, rollte nun vom Pferd. Mein Gaul lief gerade über ihn, sodass er acht Tage nicht aufrecht gehen konnte. Bei der Wirtschaft angekommen, ließen wir die Pferde gehen, welche sich am Gras Gutes taten, während wir ins Haus gingen, um den gewonnenen Eierpunsch zu vertilgen. Wir waren eben in der größten Feierlichkeit begriffen. Ich stand auf dem Tisch, um eine Ansprache zu halten, als auf einmal eine große Patrouille Kavallerie im Haus war. Man hatte die Pferde vermisst. Diese Leute waren ausgeschickt worden, um sie zu suchen. Im Vorbeireiten hörten sie unseren Lärm. So waren sie herübergekommen, um zu sehen, was los wäre. Ich sagte dem Offizier, dass ich Pferde im Tal bemerkt hätte, worauf er einige Mann hinschickte. Die Pferde wurden wieder zurückgebracht. So weit war alles gut. Nun war es aber bereits Mitternacht und wir hatten keine Erlaubnis, uns nach neun Uhr von der Garnison zu entfernen. Als daher die Patrouille zurück ging, nahm sie uns auch mit, soff aber erst unseren wohlverdienten Eierpunsch aus. Man ließ uns gleich im Guard House übernachten. Am nächsten Tag mussten wir in einem großen Kreis herumgehen, jeder ein Scheitholz tragend. Am Abend waren wir wieder frei. So ist eben keine Freude ohne Leid!