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Dreizehn Jahre im Wilden Westen – Kapitel XI

Dreizehn Jahre im Wilden Westen
Oder: Abenteuer des Häuptlings Sombrero
Nürnberg, 1877

XI. Expedition mit General H. und Major M. Verirrt in der Wildnis.

Kurz darauf wurde ich kommandiert, mit General H. und Major M. als Bedeckung zu gehen, welche eine von den Spaniern einst entdeckte Silbermine, die aber von den Indianern wieder verschüttet wurde, sodass bisher niemand imstande war, sie zu finden, aufsuchen wollten. Eines schönen Morgen brachen wir auf und erreichten nach einigen Tagen den Fluss Pedernales, wo wir viele Fische und Schildkröten fingen und überhaupt sehr gute Jagd fanden. Dann gingen wir langsam flussaufwärts und ritten vierzehn Tage lang in den Bergen umher, bis wir in einer ganz wilden Gegend nach Packsattel-Berg kamen. Hier hielten wir während der Nacht. Da wir Indianerspuren gefunden, banden wir die Pferde kurz an und bewachten sie streng. Am Morgen befahl der General, die Pferde auf eine Stunde loszulassen, damit sie etwas Gras bekamen. Als wir beim Frühstück waren, kam mein Pferd wie gewöhnlich zu uns heran und bettelte Brot, was es auch immer bekam. General H. gab ihm sogar ein paar Eier, die es aussog. Darauf ging dasselbe wieder hinaus ins Gras mit den anderen Pferden. Bald waren wir zum Aufbruch bereit und gingen hinaus, unsere Pferde zu holen. Ich konnte Peter aber nicht finden. Der Scout, ein Mexikaner, fragte mich, ob ich sein Pferd nicht gesehen hätte. Dann kam Major M’s. Bedienter, ein Neger, ebenfalls seinen Gaul suchend. Kurz, drei Pferde waren fort, konnten nicht gefunden werden, und hier waren wir in den Bergen, 150 Meilen vom nächsten Platz zu Fuß. Es war angenehm! Nun packte man die Ladung zweier Packtiere auf eins und der Führer war wieder beritten, aber weiter konnte man nichts machen. General H. sagte mir dann, ich müsste zu Fuß gehen. Er würde mir bei erster Gelegenheit ein Pferd verschaffen, worin auch kein großer Trost war, denn, um Pferde zu verschaffen, muss man erst sein, wo es welche gibt, und wir waren weit davon. So brachen wir auf, das Kommando zu Pferd, ich und der Neger zu Fuß. Es war sehr heiß. Um es mir bequem zu machen, hatte ich einem der Reiter meinen Rock, Karabiner und Pistole zu tragen gegeben und ging nun in Hemdsärmeln und vollständig ohne Waffen daher. Das Land hier war nichts wie Sandhügel und Berge, es war sehr beschwerlich zu marschieren. Ich blieb daher auch bald hinter der Kavalkade zurück und verlor sie zuletzt gänzlich aus dem Blick, was mich nicht genierte, denn ich konnte ja den Spuren folgen. Nur wäre es mir lieb gewesen, wenn ich meine Waffen bei mir gehabt hätte. So ging es fort und fort und ich wurde durstig, fand aber kein Wasser. Bald wurde mir der Gaumen so trocken, dass ich nicht einmal mehr die Arie Ach du lieber Augustin pfeifen konnte. Nun kam ich durch eine kleine Waldung. Als ich so dahin wandelte, hörte ich Lärm hinter mir und sah eine Herde wildes Vieh auf mich zu galoppieren. Ich hielt mich dicht an den Bäumen. Sie kamen heran, spitzten die Ohren und manche rieben sogar die Nase gegen mich und probierten auch die Hörner, aber ich schlug jeden, der mir zu nahe kam, mit einem Prügel über die Nase und hielt mir dadurch die Tiere etwas vom Leib. Dabei ging ich von einem Baum zum anderen, immer bereit, auf einen zu klettern, im Falle sie mich im Ernst angriffen. Es ist immer eine gefährliche Geschichte für einen Fußgänger unter wildem Vieh, das nie einen Menschen zu Fuß, wenn überhaupt je einen gesehen hat. Sie hielten mich daher für eine Art Raubtier und behandelten mich danach. Sie folgten mir eine lange Strecke und ich fing an, zu denken, dass sie ganz und gar bei mir bleiben wollten, als sie sich eines Besseren besonnen und stehen blieben. Bei dieser Geschichte war ich aber von der Spur meiner Leute abgekommen. Ich nahm daher die Richtung zu den Bergen, wo ich sie zu treffen hoffte. Es war nun Abend. Ich war von Hitze und Durst so gepeinigt, dass ich mich hinsetzte und nicht wusste, ob ich weitergehen sollte oder nicht. Da ich aber ziemlich genau wusste, dass mir niemand Wasser da herausbringen würde, so machte ich mich wieder auf den Weg. Es wurde dunkel, doch traf ich wieder auf Pferdespuren, was mich ganz aufheiterte. Als ich aber gegen zehn Uhr in eine Schlucht kam und eine Herde wilder Mustangs an mir vorbeigaloppierte, so wusste ich, dass ich der falschen Spur gefolgt und in die Berge gelaufen war. Da sah ich aber ein Waldbächlein mit gutem Wasser vor mir. Sofort legte ich mich der Länge nach ins Gras, steckte den Kopf ins Wasser und ließ es mir schmecken. Nachdem ich mich gehörig erfrischt hatte, fing ich ein gaudeamus igitur, legte mich auf den Boden, deckte mich mit einer alten Zeitung, die ich noch in der Tasche hatte, zu und überließ mich dem Schlaf des Gerechten. In aller Frühe stand ich auf, machte meine Toilette, stieg in den Bach und hatte in kurzer Zeit einige Pfund Krebse gefangen, worauf ich ein Feuer machte und meine Krebse darauf warf. In fünf Minuten hatte ich fricassée à la mode zum Frühstück. Nach einer solchen Mahlzeit kann man nicht traurig sein. Nachdem ich meine Pfeife im Gang gebracht und die übrigen Krebse in die Tasche gesteckt hatte, zog ich fröhlich weiter, eine östliche Richtung einschlagend, denn nur da durfte ich hoffen, auf Ansiedlungen zu treffen. Ich kletterte über Berge und allerlei Gegend, als ich mich gegen Mittag in einem dichten Zedar-Gebüsch befand, wo ich auf einmal ein Geräusper hörte mit Husten. Indianer!, dachte ich, lass mich schnell hinter einen Busch nieder, in jeder Hand einen großen Stein; denn sollten sie mich finden, so gibt es kein parlezvouz, sondern ein ganz elendes Trauerspiel. Das Geräusch kam näher, meine Haare standen gerade in die Höhe wie Binsen und mein Hut drehte sich oben auf der Spitze herum wie eine Wetterfahne. Näher und näher kam es, ich ergriff meine Steine krampfhaft. Plötzlich stieg aus dem Gebüsch heraus eine alte Kuh. Sie hatte einen Grashalm im Schlund stecken; daher der Husten und das Geräusper. Ich brach in ein Gelächter aus und erschrocken rannte sie davon. Ich machte mich wieder auf den Weg und gegen Abend kam ich zu einem Fluss (Crape creek), wo ich Halt machte. Nachdem ich einige Dutzend Schlangen totgeschlagen hatte, fand ich einen Platz, um ein Bad zu nehmen, worauf ich mich nach etwas zu essen umsah, hatte auch bald ein paar Eichhörnchen mit Steinen erlegt. Bald danach füllte der Wohlgeruch eines Bratens die Luft. Nachdem ich etwas geraucht und noch eine Anzahl kleiner Schlangen aus dem Weg geschafft hatte, begab ich mich zur Ruhe. Am nächsten Morgen folgte ich dem Fluss stromabwärts, aber gegen elf Uhr wurde es immer enger, und lief dann durch eine Schlucht mit hohen steilen Wänden, sodass ich genötigt war, hinaufzuklettern, um imstande zu sein, meine Reise fortzusetzen. Oben auf dem Berg hielt ich an, um mir die Gegend zu besehen. Zu meiner großen Freude bemerkte ich am entgegengesetzten Ufer eine Rauchsäule, und bald entdeckte ich eine Hütte im Gebüsch. Nun kletterte ich ein Ufer hinab, das andere hinauf. Nach einigem Suchen fand ich eine Ranch, die einem Deutschen, von Gluth, gehörte, der mich trotz meiner etwas wilden Erscheinung sehr freundlich empfing, nachdem ich mich als Deutscher zu erkennen gegeben hatte, sogleich für eine Woche einlud, was ich aber nicht annehmen konnte. Bald war ein gutes Mittagessen auf dem Tisch und ich tat meine Schuldigkeit dabei. Nach Tisch brachte H. G. einen Vorrat selbst angebauten Tabak und füllte meine Hosentaschen damit, worauf wir uns gemütlich vors Haus setzten, rauchten und plauderten. So verging die Zeit bis Abend.

Am Morgen, nachdem ich ein gutes Frühstück genossen hatte, erklärte ich mich reisefertig. Herr Gluth schickte sich an, mir das Geleit ein Stück Weges zu geben und mir einen Pfad zu zeigen, der mich zu dem hundert Meilen weit entfernten Städtchen Fredericksburg bringen sollte.

Wir waren bereits ein Stück Weges, als Herr Gluth zum Haus zurücklief und mit einem schönen Jagdgewehr wiederkehrte, welches er mir nebst Munition übergab und mich bat, es zu nehmen, bis ich außer Gefahr sei, wo ich es dann in Fredericksburg liegen lassen könnte. Das nahm ich dankbar an, und es verhalf mir auf dem Weg zu manchem guten Stück Wildbret. Herr Gluth ging zehn Meilen mit mir, worauf er Abschied nahm und nach Hause zurückkehrte. Erst nach drei Jahren sah ich ihn wieder, wo ich Gelegenheit hatte, ihm einen gleichen Gefallen zu erweisen.

Ich setzte meinen Weg wohlgemut fort und erreichte am zweiten Abend eine kleine deutsche Ansiedlung, Ulm Creek Settlement, wo ich sehr gastfreundlich empfangen wurde, Sechsundsechzig und Schwarzer Peter mit den jungen Leuten bis spät in die Nacht spielte. Am nächsten Tag hatte ich Gelegenheit, in einem Wagen nach Fredericksburg zu fahren, wo ich ohne Zwischenfall ankam. Dort suchte ich den Bruder des Herrn Gluth auf, gab das Gewehr ab und amüsierte mich dann im Hotel. Nachmittags kam die Postkarawane von Fort Mason herein. Ich reiste am nächsten Morgen auf einem Maultier beritten mit ihnen zurück. Wir kamen aber erst am zweiten Abend am Ziel der Reise an.