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Review: Spieglein, Spieglein … 2

Ulrike Stegemann
Spieglein, Spieglein … 2
Eine Horror-Kurzgeschichte
Erstveröffentlichung auf dem alten Geisterspiegel am 21. März 2007

Ein Zittern durchströmte Annas Körper. Die Angst machte sie reaktionsunfähig. Sie konnte einfach nur mit weit aufgerissenen Augen dastehen und in den Spiegel starren. Dort sah sie ihn – den Vampir.

Wie konnte das nur sein? Erzählten nicht alle Sagen und Legenden, dass diese Wesen kein Spiegelbild besaßen?

»Du wirst nie wieder des Nachts schlafen.«

Seine rauchige Stimme hallte wie ein Echo durch ihren Kopf. Sie fühlte sich taub. Etwas geschah mit ihr, aber sie hatte keine Ahnung, was es war. Er legte seine kühle Handfläche auf ihre Schulter und lächelte.

Ein widerwärtiges Lächeln.

Sie sah seine spitzen weißen Zähne.

Bildete sie es sich nur ein oder war da auch eine winzige Spur von Blut?

Mit verklärtem Blick versuchte sie, ihn eingehender zu mustern. Aber sie war nicht in der Lage, der Anspannung länger standzuhalten. Ihre Knie gaben nach. Sie wäre in sich zusammengesunken, hätte der Vampir sie nicht aufgefangen. Nun umschlossen seine kräftigen Hände ihre Taille. Es fühlte sich besitzergreifend an. Es schnürte ihr die Luft nur noch mehr ab. Sie keuchte, als müsse sie ersticken.

Ehe der Vampir seine Zähne überhaupt in die Nähe ihres Halses bringen konnte, schrie sie schon auf. Kläglich. Verzweifelt. Als müsse sie tatsächlich auf der Stelle sterben. Sie rechnete fest damit, dass er sie spätestens in diesem Moment für immer zum Schweigen bringen würde. Aber er unternahm nichts.

Er wartete.

Schließlich ruckelte jemand von außen an der Tür. Der Vampir hatte abgeschlossen. Niemand würde ohne Weiteres hineinkommen.

»Anna? Was ist los?«

»Isabelle«, hauchte Anna kraftlos. Ihr war heiß und kalt zugleich. Sie wollte die Freundin um Hilfe bitten. Gleichzeitig wollte sie sich auf die Zunge beißen.

Hatte sie nicht endlich ihr Ziel erreicht?

Aber wollte sie das auch wirklich?

Der Vampir hielt sie nach wie vor in seinem eisernen Griff. Es gab keinen Ausweg.

»Anna?«

»Es geht mir gut!«, rief sie mit gebrochener Stimme. »Eine Spinne. Da war nur eine Spinne.«

»Warum hast du abgeschlossen?«

»Ich will allein sein! Das habe ich doch vorhin schon gesagt.«

Daraufhin verstummte Isabelle.

 

Es dauerte nur eine Minute, bis Isabelle zurückkehrte. Sie hatte zwei Teamkollegen zur Unterstützung geholt. Auch ohne Schlüssel gelang es den beiden, die Tür zum Badezimmer zu öffnen.

»Sie hat nicht gesagt, dass sie allein sein will. Ich sollte ihr einen Kaffee machen.«

Als sie eintraten, war Anna jedoch verschwunden.

Ein Tropfen Blut perlte langsam vom Waschbeckenrand hinunter in den Ausguss. Und auf dem Spiegel zeichnete sich in der Mitte ein Riss ab.

»Also hat sie ihn gefunden«, sagte einer der Männer.

»Oder umgekehrt.« Isabelle sah sich verzweifelt in dem kleinen Raum um. Was nun?